Im weiteren Verlauf legte Oberjustizrat Smirnow Beweismaterial für deutsche Greueltaten gegen die Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete der UdSSR, Jugoslawiens, Polens und der Tschechoslowakei vor. Dieses Beweismaterial basierte auf eidesstattlichen Aussagen von Augenzeugen deutscher Greueltaten, die der \"Außerordentlichen Staatlichen Kommission der Sowjetunion\" vorgelegt worden waren. Wenn man an den Charakter und an die große Zahl der Dokumente dachte, die zuvor von den amerikanischen und französischen Anwälten vorgelegt worden waren, dann konnte es scheinbar gar nichts Schlimmeres mehr geben; aber tatsächlich verblaßten diese früheren Präsentationen im Vergleich zu dem, was Smirnow aufbot. Es stellte sich heraus, warum dies so war: Den Naziführern war es durch Befehle, Einschüchterungen und die Vorführung von Beispielen gelungen, ihre Gefolgsleute davon zu überzeugen, daß Slawen tatsächlich \"Untermenschen\" seien und daß sie - abgesehen von denen, die einer nützlichen Sklavenarbeit zugeführt werden könnten - auf derartig bestialische Weise umgebracht werden sollten, daß im ganzen Land nur noch Angst und Schrecken regierten. Dazu war eine entsprechende Indoktrinierung und Ausbildung erforderlich, wie Smirnow erläuterte: \"Es ist selbstverständlich, daß es nicht genügte, chemische Rezepte für \"Zyklon A\" (ein Giftgas) auszuarbeiten, Gaskammern und Krematoriumsöfen zu konstruieren oder Spezialverfahren der Massenerschießung in allen Einzelheiten festzulegen, um Millionen unschuldiger und hilfloser Menschen zu vernichten, sondern man mußte zu diesem Zwecke viele Tausende von Befehlsvollstreckern ausbilden, die diese Politik nicht \"ihrer Form, sondern ihrem Geiste nach\", wie sich Himmler einst ausdrückte, ausführten. Man mußte Menschen ohne Herz und Gewissen, mit perversen Neigungen, solche die mit den Grundsätzen der Moral und des Rechts bewußt gebrochen hatten, erziehen.
\" (25) Als Beleg dafür legte Smirnow ein Dokument vor, das den Titel trug \"12 Gebote für das Verhalten der Deutschen im Osten und die Behandlung der Russen\", unterzeichnet von Herbert Backe, dem ehemaligen Ernährungsminister, der seine Leser ermahnte: \" Ihr müßt Euch bewußt sein, daß Ihr Repräsentanten Großdeutschlands und Bannerträger der nationalsozialistischen Revolution und des neuen Europa für Jahrhunderte seid. Ihr müßt daher auch die härtesten und rücksichtslosesten Maßnahmen, die aus Staatsnotwendigkeiten gefordert werden, mit Würde durchführen. Charaktermängel des Einzelnen werden grundsätzlich zu seiner Abberufung führen.\" (26) Anschließend veranschaulichte Smirnow die Ergebnisse derartiger Anweisungen durch eine lange Abfolge von Augenzeugenbeschreibungen, die teils von Gefangenen, teils von deutschen Soldaten oder Zivilisten stammten. Beispielsweise sagte ein Gefangener aus, der Leichen verbrennen mußte: \" Um das Janovskylager herum war ein Stacheldraht angebracht ..
. Dahin brachte man Menschen, die dort vor Kälte und Hunger umkamen, da sie sich von dort nicht retten konnten ... Ein Mensch wurde am Hals, an den Händen oder Füßen aufgehängt, dann wurden die Hunde auf ihn gehetzt und rissen ihn in Stücke. Der Mensch wurde als Zielwand bei Schießübungen verwendet.
Mit diesen Dingen beschäftigten sich am meisten die Gestapoleute Heine, Müller, Blum, der Chef des Lagers, Willhaus, und andere, an deren Namen ich mich nicht erinnere. ... Die Menschen wurden an den Beinen angefaßt und auseinandergerissen; Kinder im Alter von einem Monat bis zu drei Jahren wurden in Fässern, die mit Wasser gefüllt waren ertränkt. .
.. Die Frauen wurden an den Haaren aufgehängt, dabei wurden sie ausgezogen, hin und her geschaukelt, und so hingen sie, bis sie starben.\"
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