1) Problemstellung
1.1. Stufen der wirtschaftlichen Integration
Integration bedeutet die Koordination und das Zusammenlegen von verschiedenen Volkswirtschaften. In der Integrationstheorie gibt es fünf Stufen der Integration.
Stufen der Integration:
1. Freihandelszone
2. Zollunion
3. gemeinsamer Markt
- Niederlassungsfreiheit
- Warenverkehr ist frei
- Dienstleistungsverkehr ist frei
- Kapitalverkehr ist frei
4. Wirtschafts- und Währungsunion
5. Totalintegration
1.2. Historische Entwicklung der EU:
1952: Montanunion (EKGS)
1957: EWG und EURATOM
Die Gründung der beiden o.g. Sachen war weniger wirtschaftlich sondern mehr politisch motiviert. Aufgrund der schlechten Kriegserfahrung wollte man die wichtigen Rüstungsindustrien (Kohle, Eisen, Stahl) unter internationaler Kontrolle haben. Weiter sorgte der Beginn des kalten Krieges für ein "Zusammenrücken" der europäischen Staaten. Auch wollte man durch den Zusammenschluß ein Gegengewicht zu den USA bilden, die zu dieser Zeit die absolute wirtschaftliche und politische Vormachtstellung inne hatten.
1965: Fusionsvertrag (drei Institutionen / einheitliche Leitung)
1986: EEA (Einheitliche Europäische Akte)
- Termin zur Herstellung des Binnenmarkts festgelegt
1991: Maastricht-Vertrag
- Februar 1992 unterschrieben
- November 1993 in Kraft getreten
Erweiterungen der EG / EU:
1973: Großbritannien, Irland und Dänemark
1981: Griechenland
1986: Spanien und Portugal
1990: 5 neue Bundesländer der BRD
1995: Finnland, Schweden und Österreich
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Wie mißt man die Dichte der Integration?
Sie kann gemessen werden mit der "Intra-EG-Handelsquote":
AHEG
AH = Intra-EG-Handelsquote AH = Außenhandel
Je höher die Quote ist, desto mehr Handel findet zwischen den einzelnen EU-Mitgliedsländern statt.
1957: 37%
1970: 50,5%
1980: 51%
1992: 62% An dem Anstieg der Kurve kann man sehen, daß die Integration auf dem gemeinsamen Markt zunimmt.
1.3. Institutionen der EU
Nach der "Tempeltheorie" ruht das "Dach" der EU auf drei Säulen:
1. Säule: EG
2. Säule: GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik)
3. Säule: Kooperation in der Innen- und Rechtspolitik
Die EU hat einen "supranationalen Charakter".
Organe der EU:
- Ministerrat
- Kommission
- europ. Parlament
usw.
2) Hauptprojekt 1: Europäischer Binnenmarkt
2.1. Wirtschaftspolitische Weichenstellung / Das Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarkts
Dieses Weißbuch wurde 1985 vom damaligen Vorsitzenden der Kommission Jack Delore vorgelegt. Warum?
Weil der Binnenmarkt bis dato nur für Warenverkehr galt und nicht für:
1) Dienstleistungen, Kapitalverkehr und Niederlassungsfreiheit
2) "nicht-tarifäre Handelshemnisse" (NTB)
- physikalische Barrerie (Grenzen)
- fiskalische Barrerie (Steuern)
- technische Barrerie (z.B. unterschiedliche Produktnormen)
Zwei Möglichkeiten NTBs zu beseitigen:
1) einheitliche Zulassungsbestimmungen (Harmonisierung) von Produkten
2) Strategie der gegenseitigen Anerkennung
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2.2. Der Cechini-Bericht
Dieser Bericht erklärt mit einer mikroökonomischen Wirkungskette die Wirkung der zunehmenden Integration auf die Unternehmen, die es leichter haben sollen, wenn es in ganz Europa einheitliche Bestimmungen und vorallem keine Grenzen mehr gibt.
Die Makrowirkung besteht in der Ankurbelung des Wachstums. Ein Haken dieses Modells ist, daß es mit einem Modell der vollständigen Konkurrenz argumentiert, das in der Realität so nicht vorhanden ist.
nach der Vollendung des Binnenmarkt stieg die Zahl der Fusionen rapide an.
3) Hauptprojekt 2: Währungsunion
Währungsunion bedeutet:
1) unwiderrufliche Fixierung der Wechselkurse, so daß keine Schwankungen mehr
möglich sind.
2) Einheitliche Geldpolitik durch nur eine Zentralbank
Gründe für die Währungsunion:
1) Transaktions- und Informationskosten fallen weg
2) keine Spekulation mehr möglich
3) durch eine gemeinschaftliche Zentralbank wird eine großer Integrationsschritt
gemacht
Der Zeitpunkt zur Einführung einer Währungsunion ist umstritten:
Wann?
- Grundsteintheorie: Währungsunion soll Grundstein der Integration sein.
Integrationsmotor
- Krönungstheorie: Währungsunion soll erst dann geschaffen werden, wenn alle
anderen Stufen der Integration abgeschlossen sind.
heute erreicht: EWS (Europäisches Währungssystem)
Ein Währungssystem ist die Gesamtheit der Art und Weisen, wie die einzelnen Währungen zueinander stehen. System fester Wechselkurse : gleicht Nachfrage aus
unterschied dazu:
- System floatender Wechselkurse wirkt als Nachfragepuffer
Merkmale des EWS:
- Mitliedswährungen sind Blockfloater, d.h., daß es nach innen feste Wechselkurse (Paritäten und Bandbreiten) gibt, aber nach außen jede Währung frei floated
Elemente des EWS:
1. Paritätengitter:
Im EWS gibt es Paritäten und keine Punktfestlegungen, d.h., daß jede Währung um 2.25% schwanken darf (bzw. einige 6%). Regelung bis 1992.
Seit 1992 beträgt die Bandbreite 15%, soll aber wieder gesenkt werden.
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2. unbegrenzte Interventionspflichten:
Schwankt eine Währung über die Bandbreite hinaus, muß die jeweilige Zentralbank intervenieren um den Kurs zu stützen.
3. Beistands- und Kreditmechanismus
EFWZ: jedes Land muß 20% seiner Währungsreserven dem EFWZ geben, der dann Ländern, die kurzfristig nicht zu Intervention in der Lage sind, einen Kredit geben zu können.
4. Realignments
Anpassung der Paritäten (Währungen werten auf- oder ab)
5. ECU (European Currency Unit)
Imaginäre Währung, in der der Wert aller Währungen des Systems ausgedrückt wird.
Drei Stufen der Währungsunion:
1. Kapitalverkehr wurde total freigegeben: 01.07.1990
2. nationale Wirtschaftspolitik wird enger koordiniert: 01.01.1994
Einrichtung des "Europäischen Währungsinstituts" (EWI)
3. Übergang zur Währungsunion:
Folgende Konvergenzkriterien müssen erfüllt sein, damit ein Land reif für die Währungsunion ist:
Fünf Konvergenzkriterien zum Beitritt zur Währungsunion:
Erst wenn ein Land diese fünf Kriterien erfüllt hat, die im "Maastricht-Vertrag" verein-
bart worden sind, kann es am Ende der 90er Jahre der Währungsunion beitreten. Heute
erfüllt nur Luxemburg alle diese Kriterien.
1) Preisstabilität (Preisniveau darf nicht über 3% des Durchschnitts der drei besten
liegen.)
2) Neuverschuldung (darf nicht > 3% des BSP sein)
3) Staatsverschuldung (muß < 60% des BSP sein)
4) langfristige Zinsen (dürfen nicht mehr als 2% über Durchschnitt der drei besten
liegen.)
5) langfristige Stabilität des Wechselkurses.
Kritik: Konzeption der Preisstabilität wurde nicht "hart" genug ausgelegt.
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4) Das Problem des europäischen Zusammenhalts (Kohäsion)
Wie verstärkt man die sozialökonomische Kohäsion?
- politische Mechanismen
- wirt.pol. Mechanismen
1) einheitliches Steuersystem
(oft mit Progression)
2) einheitliches System der sozialen Sicherung
- Rentenversicherung
- Krankenversicherung usw.
3) relativ hohes Niveau staatlicher Ausgaben für Infrastruktur und
öffentliche Güter.
Zwar weisen alle EU-Länder diese Merkmale auf, aber die EU als solches verfügt über sie nicht, was ein großes wirt.pol. Problem ist.
EU-Regionalpolitik
Die EU versucht besonders arme und rückständige Regionen zu unterstützen. Zu diesem Zweck gibt es Strukturfonds:
- Regionalfond (EFRE)
- Sozialfond (ESF)
- Landwirtschaftsfond (EAGLF)
seit dem Maastricht-Vertrag gibt es auch einen Kohäsionsfond.
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