Der Kampf um das Wasser vom Nil spielt sich auf nationaler und internationaler Ebene ab. Auf nationaler Ebene stehen auf der einen Seite die Großbauern mit ihren riesigen, bewässerungsintensiven Feldern und die Besitzern, der großen Fabriken am Nil, die
1. große Wassermengen verbrauchen,
2. den Nil mit ihren Abwässern verseuchen und
3. die Elektrizität der Staudämme dringend benötigen.
Auf der anderen Seite stehen die mittlerweile 60 Millionen Menschen, die links und rechts des Nils wohnen und das Wasser zum Trinken, Waschen und für ihre Tiere nutzen. Und im Lauf von 10 Jahren wird eine neue Million geboren. Allein deshalb wird das Wasser knapp. Und es wird noch knapper, wenn Äthiopien sich erst einmal aus dem Vertrag von 1902 löst, der dem Land jegliche Veränderung des Flußlaufs des blauen Nils verbietet. Damals sorgten die britischen Kolonialherren dafür, daß das ehemalige Abessinien keine Eingriffe in den Blauen Nil, der 80% des ägyptischen Nilwassers liefert, vornimmt. Und dieser Knebelvertrag hat bis heute Bestand. Und da beginnen auch schon die internationalen Probleme:
Als israelische und äthiopische Ingenieure vor Jahren mit Vermessungen für drei Staustufen begannen, drohte der damalige ägyptische Ministerpräsident Anwar el-Sadat offen damit, "jeden Versuch, Stauwerke am Nil zu bauen, zu bombardieren\". Und Butros Ghali, ehemals ägyptischer Innenminister, meinte 1987, daß "der nächste Krieg in unserer Region wegen des Wassers geführt wird und nicht wegen der Politik.\" Bei solchen Worten erinnert man sich an die Zeiten vor dem ägyptisch-israelischen Friedensabkommen, als Israel unverhohlen damit drohte, den Assuanstaudamm mit Atombomben zu sprengen, um mit einer riesigen Flutwelle die dicht am Nil wohnende Bevölkerung ins Meer zu spülen.
Zukunftsvision 1:
Schon seit Tagen hört man im Radio, daß sich die Lage im Delta-Dreieck gewaltig anspannt. Israel erklärt Ägypten den Krieg und droht, die schon lange angekündigte Atombombe auf den Assuanstaudamm zu werfen. In Ägypten laufen die Vorbereitungen, sich gegen den Angriff zu rüsten, auf Hochtouren. Viele Männer aus der Umgebung werden eingezogen. Auch 5 von Abduls Söhnen müssen in den Krieg ziehen. Seit drei Tagen tobt nun schon der Krieg. Abdul hat große Angst, daß seinen Söhnen etwas zustoßen könnte, deshalb geht er 3mal täglich herunter zum Nil, um für sie zu beten. Als er am Abend des dritten Tages sein Gebet gerade vollendet hat, sieht er plötzlich einen gleißenden Lichtblitz, so daß er seine Augen schließen muß. Dann hört er eine gewaltige Detonation, die nur vom 5km entfernten Assuanstaudamm kommen kann. Jetzt erfaßt ihn ein starkes, windähnliches, warmes Etwas. Abdul wirft sich auf den Boden und riskiert einen Blick. Er sieht gerade noch ein Stück der gewaltigen Betonmasse des Staudammes auf sich zufliegen. Sekunden später findet er sich in einem dunklen Tunnel wieder, in der Ferne ein helles Licht...
Zukunftsvision 2:
Der große Tag ist da. Die gesamte Bevölkerung Ägyptens schaut gespannt auf den Fernseher. Dort läuft die Life-Übertragung vom Abbruch des Staudamms. Abdul und die anderen Bauern des Dorfes sind in Hochstimmung. Man trinkt auf den Nil und auf den Neubeginn, bzw. den Rückschritt zum alten. Außerdem wird eine Vereinbarung mit den anderen Ländern, die auch Teil am Nil haben, getroffen und das Nilwasser gleichmäßig verteilt. Abdul ist hochzufrieden, denn seine Kühe werden nie mehr durstig sein. Ihm und den anderen ist klar, daß sie jetzt auf viele Annehmlichkeiten wie z.B. auf den Fernseher, wegen Strommangels verzichten müssen. Aber sie hoffen, daß mit dem Bau von Wärmekraftwerken in der Wüste der Lebensstandart wieder steigt. Viele Industrien werden sich eine andere Branche suchen müssen, die nicht mehr vom Wasser abhängig ist. Außerdem, werden die Häuser, die nah am Nil gebaut wurden, wieder abgerissen, da sie sonst zu Überschwemmungsopfern werden könnten. "Aber wenigstens,\" tröstet sich Abdul, \"werden wir bald durch den Nilschlamm wieder eine gute Qualität unserer Böden haben und unsere Saat wird auch ohne Bewässerung gedeihen.\"
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