"In einer Gewerkschaft schliessen sich die Arbeitnehmenden zusammen, um ihre gemeinsamen Interessen wahrzunehmen. Die Gewerkschaften vertreten die Anliegen ihrer Mitglieder und der Arbeitnehmenden insgesamt gegenüber den Arbeitgebern, staatlichen und weiteren Instanzen.
Die Gewerkschaften wollen die Arbeitswelt verbessern und deshalb den betrieblichen Alltag mitgestalten. Dazu schliessen sie Gesamtarbeitsverträge ab. Wenn nötig, intervenieren sie direkt an Ort und Stelle.
Gewerkschaften nehmen aber auch eine politische und gesellschaftliche Rolle wahr. Deshalb setzen sie sich mit Gleichgesinnten für soziale Gerechtigkeit und eine bessere Arbeitswelt ein.
Deshalb bieten sie eine breite Bildung an.
Deshalb treten sie an die Öffentlichkeit."
1.1 Kurze Geschichte des SGB und der schweizerischen Arbeiterbewegung
Am Anfang der Arbeiterbewegung in der Schweiz stand der Grütliverein, der 1838 in Genf gegründet wurde. Dieser Verein erlebte zwischen 1848 (Gründung des Bundesstaates) und 1890 einen grossen Aufschwung. Im ganzen Land entstanden sogenannte Grütlisektionen. Ziel dieses Vereins war die "demokratische Bildung" der sozial benachteiligten Schichten des Landes, die für einen aktive Mitarbeit am neuentstandenen Bundesstaat gewonnen werden sollten. Oberste Ziele des Grütlivereins waren die staatlich geregelte Schulpflicht mit unentgeltlichen Lehrmitteln und eine Sozialgesetzgebung. Aus den Grütlivereinen gingen im übrigen die Konsumvereine (heutige Coop-Läden) und die frühere Grütli-Krankenkasse hervor. Die besondere Bedeutung an den Grütlivereinen lag daran, dass der Arbeiter zum ersten Mal als vollwertiger Staatsbürger akzeptiert wurde und man ihm das Recht und die Fähigkeit zuerkannte, sich staats- und gesellschaftspolitisch zu äussern.
Im Jahre 1873 bildete sich der erste "Arbeiterbund", der halb Gewerkschaft und halb Partei war. In den Jahren 1880 und 1888 traten der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Sozialdemokratische Partei der Schweiz an seine Stelle.
Der SGB trat 1904 der Internationale bei und bekannte sich so zur Doktrin der Beseitigung des Privateigentums. Wie sooft waren die schweizerischen "Klassenkämpfer" aber stets äusserst gemässigt.
Ein weiteres wichtiges Ereignis in der schweizerischen Arbeitergeschichte bildete der grosse Landesstreik (12. bis 14. November 1918), auf den ich hier leider nicht detailliert eingehen kann. Es ist aber wichtig hier zu sagen, dass er eigentlich erfolglos zusammenbrach, da sich die Arbeiterschaft nicht vollständig hinter den Streik gestellt hatte. Als Erfolg dieser Bewegung kann allerdings die Tatsache gewertet werden, dass es 1919 zur geforderten 48-Stunden-Woche in der Industrie und zur Durchsetzung des Proporzwahlverfahrens kam.
Im Jahre 1937 schloss die Gewerkschaft der Metall- und Uhrenarbeiter mit den Arbeitgebern den sogenannten "Arbeitsfrieden", in Form des ersten Gesamtarbeitsvertrages. Diese Regelung machte Schule und in der Folge lockerten sich die Klassenkampfgegensätze. Von diesem Zeitpunkt an begegneten sich die Partner Arbeitgeber und Arbeitnehmer zumeist auf der Basis der Gleichberechtigung.
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