Wie wir ja schon vor unserer zweiten Klausur gelernt haben, gilt die USA mittlerweile als führende Industriemacht der Welt.
Ich gebe jetzt noch einmal einen kleinen Überblick über die Industrieentwicklung in Amerika. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann eine Phase rapider industriewirtschaftlicher Entwicklung. Der Schiffsbau siedelte sich an der Atlantikküste an, im südlichen Neuengland wurde die Textilindustrie wichtig und im westlichen Pennsylvania wurde die Eisenerzverhüttung aufgrund des großen Steinkohlevorkommens zum leitenden Industriesektor. Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts war der gesamte Kontinentalraum industriell erschlossen. Seit dem zweiten Weltkrieg gelten die USA als dominante Wirtschaftsmacht der Erde. Diese rasche positive Entwicklung wurde aber durch den Ölpreisschock der 1970er und 1980er eingedämmt. Durch internationale Konkurrenz und hohe Energiekosten kam es zu Massenentlassungen. Doch die USA haben sich von dieser Krise schnell wieder erholt und nahmen Mitte der 1990er Jahre die wirtschaftliche Führungsposition wieder ein. Mit der Zeit verloren die traditionellen Industriezweige aber zugunsten von modernen Schlüsseltechnologie-Industrien an Bedeutung. Zu den neuen Zweigen zählen unter anderem die Medizintechnik, Flugzeug- und Raketenbau, Computer-Hard- und Software, Telekommunikation und Biotechnologie.
Bis zur Zeit des Ersten Weltkrieges konnte man die USA in drei räumlich und arbeitsteilig getrennte Wirtschaftsregionen gliedern: Nämlich in den industriellen Nordosten, dann in den agrarisch geprägten Mittelwesten und in den industriearmen Südosten.
Die größte Industrielandschaft, der Manufacturing Belt, erstreckte sich von der Atlantikküste zwischen Baltimore und Bosten über 100 km nach Westen bis auf die Höhe von St. Louis. Hier spielen unter anderem die Schwerindustrie, Automobilindustrie, Lebensmittelverarbeitung, Stahlproduktion und der Flugzeugbau eine zentrale Rolle. Im Ohio-Becken konnte man zum Beispiel aufgrund des großen Steinkohlevorkommens Schwerindustrie praktizieren. Im südlichen Michigan hingegen boomte in Detroit die Automibilindustrie
Mit der Zeit verloren die alten Zentren allerdings immer mehr an Bedeutung. Wie wir schon wissen, bekam der Manufacturing Belt zum Beispiel Konkurrenz aus dem Ausland, speziell aus Entwicklungsländern und auch veraltete Techniken und Umweltverschmutzung führten zu seinem Bedeutungsrückgang. (S.65 M60)
Seit den 1940er Jahren findet nun ein Prozess der Entflechtung und Dezentralisierung statt, der zu umfangreichen Verlagerungen und zur Entstehung neuer industrieller Standorte geführt hat. So wurden bereits während der Kriegsjahre rüstungsrelevante Stahlbetriebe in periphere Regionen, wie zum Beispiel nach Geneva in Alabama, Utah und Fontana bei Los Angeles verlagert. An der Golfküste entstanden Raffinerien und Petrochemie aufgrund des Erdöl und Erdgasvorkommens. Die Nahrungmittelindustrie verlagerte sich nach Kalifornien und im so genannten Sunbelt entstanden wissensintensive Produktionszweige, wie die Luft- und Raumfahrtindustrie an der südlichen Westküste oder die Medien- und Unterhaltungsindustrie in Florida oder Südkalifornien.
Bei dem Namen Sunbelt denkt wohl jeder gleich an die attraktiven Wohn- und Arbeitsgebiete in Florida, Texas, Arizona, Kalifornien oder Colorado. Seit den 60er Jahren hat dieses Gebiet einen starken Bevölkerungszuwachs bekommen. (Folie + Atlas S.188)
Einige der wichtigsten Industriezentren sind jetzt im Sun Belt gelegen, weil er viele Vorteile gegenüber dem Nordosten bietet. (Folie)
So zum Beispiel Silicon Valley, das Zentrum der Mikroelektronik. Hierbei handelt es sich um eine circa 20x40 km große Fläche am Südende der San Francisco Bay an der Westküste Kaliforniens, ungefähr bei 122° westl. Länge und 37,5° nördl. Breite. (S.68) Das Gebiet wurde noch bis zu Beginn des Jahrhunderts landwirtschaftlich genutzt. Das milde Klima, mit 300 Sonnentagen im Jahr, bot ideale Voraussetzungen für den Obst- und Zitrusfrüchteanbau. Was hier den ersten Anstoß für die Umwandlung zum Industriezentrum gegeben hat, ist bis heute unklar. Zwar existierten hier schon vor der Entwicklung zur Halbleiterindustrie mehrere Betriebe der Elektrotechnik und auch die technikorientierte Stanfort-University in Palto-Alto und die Existenz von Militär- und Luftfahrteinrichtungen garantierten gute Startbedingungen, doch dies alles war auch in anderen Regionen gegeben. Doch im Silicon Valley begünstigen auch weitere Faktoren die Entwicklung zu einem erfolgreichen Industriezentrum.
Zum einen ist das Silicon Valley durch seine mikroelektronische Infrastruktur ganz auf Forschung, Entwicklung und Anwendung der Halbleitertechnologie zugeschnitten.
Die räumliche Konzentration, schließlich ist das Gebiet ja relativ klein, begünstigt die direkten Kontakte.
Neben Kunden aus der Rüstungsindustrie besteht auch aufseiten der privaten Industrieelektronik Nachfrage.
Alle Industriebranchen standen weiterhin in enger Kooperation mit den Universitäten und Forschungseinrichtungen.
Außerdem garantierten Staatsaufträge für die Entwicklung neuer Geräte und Systeme feste Einnahmen und minderten das Absatzrisiko. Das Silicon Valley bekam nämlich Kapital aus dem Pentagon und der NASA.
Die öffentliche Ansiedlung wurde durch Bereitstellung von Flächen sowie Infra- und Suprastruktureinrichtungen durch die Kommunen in Industrie- und Forschungsparks gefördert
Auch die Nähe zu Städten wie San Francisco spielte eine große Rolle. Somit hatte man einen Absatzmarkt die die Elektronikgeräte in der Nähe und es waren genügend qualifizierte Arbeitnehmer vorhanden
Die attraktiven Lebensbedingungen, wie Wohnen, Kultur und Freizeit, zogen die Menschen natürlich auch an. Somit ist ein gutes Arbeitskräftepotential gewährt
Bereits 1999 waren 1000 Betriebe des High-Tech-Sektors im Silicon Valley angesiedelt und man schätzt, dass 200.000 Leute in diesem Sektor beschäftigt sind. Im Silicon Valley ist also eine riesige Konzentration von spezialisierten Mikroelektronikunternehmen, Betrieben der Computerindustrie. Apple Computer, Electronic Arts, Google und Sun Microsystems haben zum Beispiel hier ihren Sitz. Die Industriestruktur beschränkt sich allerdings nicht nur auf den High-Tech-Bereich, sondern umfasst auch andere Zweige des verarbeitenden Gewerbes.
Bei einer solch großen Konzentration von Fabriken und Firmen liegen die Nachteile eigentlich auf der Hand.
In den letzten 30 Jahren ist die Bevölkerungszahl im Silicon Valley drastisch in die Höhe gegangen. Immer mehr Einwanderer hoffen auf Arbeit. Häufig bleibt der Erfolg aber aus und in ärmeren Stadtvierteln entstehen soziale Brennpunkte.
Zudem gilt das Silicon Valley bereits als überbevölkert. Dies hat wiederum hohe Mietspreise und überteuerte Grundstücksflächen zur Folge. Die Lebenshaltungskosten sind in diesem Gebiet also überdurchschnittlich hoch.
Da leere Büroflächen knapp sind, kommt es zu einem starken Konkurrenzverhalten bei Unternehmern, die ihre Büroflächen erweitern wollen. Obwohl das Verkehrsnetz im Silicon Valley immer weiter ausgebaut wird, kommt es immer wieder zu riesigen Staus.
Auch Luftverschmutzung und schlechte Wasserqualität nahmen gesundheitsschädliche Ausmaße an.
Auch Energiemangel ist in diesem Industriegebiet ein wichtiger negativer Aspekt
Aufgrund eines weltweiten Überangebots an Produkten der Halbleiterindustrie und der Computerindustrie und aufgrund der Dumping-Preise der japanischen Konkurrenz kam es zu Massenentlassungen und manche High-Tech-Firmen machten sogar Konkurs
Es kommt auch zur Wasserverknappung, da es in diesem ariden Klima zu starken Nutzungskonflikten kommt
Viele Firmen verlagerten aufgrund dessen ihre Produktionsstätten an entfernte Standorte, behielten aber ihren Hauptsitz im Silicon Valley bei.
Außerdem stellten sich die High-Tech-Unternehmen durch immer neue Erfindungen rasch auf die veränderte Marktsituation ein.
Somit kann man das Gebiet trotz der vielen Probleme immer noch als "global high-technology-headquarter" bezeichnen.
Auch Piedmont, das von Virginia bis Georgia reicht, gilt heute als wichtiges Industriezentrum. Hier sind 20% aller Industriebeschäftigten der USA angesiedelt. Es wird also zu Recht in Anlehnung an den einstigen Erfolg des Manufacturing Belts als "Manufacturing Center" bezeichnet. Dieses Industriezentrum verdeutlicht gut die Dezentralisierung, also die Streuung der Industriestandorte auf viele Kleinstädte, was typisch für die Umstrukturierung der Industrie ist. Diese Ansiedlungsform bietet nämlich einige Vorteile.
Die Industrie wird nämlich an Standorte verlagert, an denen viele billige Arbeitskräfte verfügbar sind. Dies ist in Piedmont der Fall, da hier einst Plantagen- und Kleinlandwirtschaft betrieben wurde
Außerdem ist hier eine gute Verkehrsanbindung, insbesondere im Highway-Netz gegeben
Zudem herrschen nur geringe Gewerkschaftsbedingungen vor. Es gibt nämlich das "Right-to-work"-Gesetz, nach dem jeder selbst entscheiden darf, ob er in einer Gewerkschaft arbeiten will oder nicht
Weiterhin ist in vielen Kleinstädten ein großes Industrieflächenangebot.
Klimatisch bedingt herrschen hier nur geringe Baukosten und Energiepreise, die Lebenshaltungskosten sind also relativ niedrig
Außerdem gewährt die Regierung hier Steuernachlässe, finanziert lokale Verkehrsanbindungen zwischen dem Fabrikstandort und dem Highway, stellt zinsgünstige Darlehen bereit und gewährt eine breite Forschungsförderung
Zuletzt ist noch zu sagen, dass die bessere Lebensqualität und die niedrigen Lebenshaltungskosten ein weiterer Anziehungspunkt für Arbeiter sind.
Um euch einmal zu verdeutlichen, wie eine Region sich überhaupt zu einem Industriezentrum entwickeln kann, möchte ich nun einmal ein typisches Beispiel herausgreifen und euch einen Überblick über die Entwicklung in Tennessee geben.
Während der Ante-Bellum-Phase, also vor 1861, fand hier fast ausschließlich die Produktion landwirtschaftlicher Rohstoffe, wie zum Beispiel Baumwolle statt.
In der Post-Bellum-Phase von 1865 bis 1920 kam es zu einem Preisverfall für landwirtschaftliche Rohstoffe. Deshalb verlagerte sich der Baumwollanbau nach Westen. In Tennessee selbst kam es zur Stagnation der Produktion, wodurch sich ein Überangebot an Arbeitskräften ergab. Die Löhne lagen damals 50% unter denjenigen des Industriegürtels im Norden.
Die ersten Industrialisierungsansätze kamen durch Kapital und Know-how aus dem Nordosten zu Stande. Es entstanden hauptsächlich Zweigbetriebe der Textil-, Holz- und Nahrungsmittelindustrie.
In den 30er und 40er Jahren wurde eine Kraftwerkskette durch Tennessee Valley Authority gebaut. Durch das Angebot an billiger Energie konnte es somit zu einem Industrialisierungsschub kommen.
Während dem Zweiten Weltkrieg wurden Kriegsindustrien in die geschütztere Landesmitte verlagert. In Tennessee kam es dadurch zu weiteren Betriebsansiedlungen.
Seit 1960 entstanden in Tennessee neue Textil-, Leder- und Möbelindustrien. Seit 1980 lagern sich hier schließlich technologieintensive Betriebe wie Autoindustrie an.
Natürlich gibt es noch viele weitere neue Industriezentren in den USA, doch diese alle näher zu erläutern, würde zu lange dauern. Deswegen habe ich jetzt noch einen groben Überblick über die verschiedenen Zentren erstellt.
In der Golfküstenregion verstärkte sich nach dem 2. Weltkrieg der Zuzug von Industrien, die die klimatischen Vorzüge, die Weite des Gebietes und die Nähe der Rohstoffvorkommen und der Energiequellen ausnützen. Hier hat sich also zum Beispiel die Metallverarbeitung, Alluminiumerzeugung, Elektronik, Schiffbau und die Lebensmittelindustrie angesiedelt
Nord Texas war früher der Mittelpunkt der Lebensmittelindustrie. Heute siedelt sich vor allem die Elektronik- und Flugzeugindustrie an
In Südkalifornien siedelte sich rund um Hollywood die Filmindustrie an. Aber auch Rüstungsbetriebe wurden gegründet, weil seit dem 2. Weltkrieg die Bedeutung des pazifischen Ozeans stieg; weiter entwickelten sich Chemiewerke und Zweigstellen der Automobilwerke
San Francisco und San José sind, wie ich ja schon erklärt habe, durch die Computerindustrie und zum Teil noch durch die Lebensmittelindustrie geprägt
Atlanta ist das Zentrum der Hightechindustrie. Außerdem haben hier Coca-Cola und Delta-Airlines ihren Sitz. Eine wichtige Rolle spielt hier auch die Gentechnik Pharmazie
Boston zählt als wichtigstes Business-Zentrum der USA. Es hat die größte High-Tech-Dichte. Computer-, Kommunikationsgeräte-, Rüstungs- und Raumfahrtindustrie sind hier die Schlüsselindustrien.
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