1 Archäologische Indizien
Hierzu gehören die zahlreichen Felsbilder, die sich in heute ariden bis hyperariden Gebieten befinden. Hinzu kommen noch aus der Alt- und Jungsteinzeit stammendearchäologische Funde an und auf den Hochflächen der Sahara (BUTZER, 1971, 352).
2 Pollenanalytische Indizien
Für die Altersbestimmung von organischen Substanzen hat sich die Pollenanalyse bisher als brauchbar erwiesen. Allerdings ist die Erhaltung der Pollen in saharischen Ablagerungen ziemlich gering. Hinzu kommt noch, daß die Pollenspektren durch Fernflug und Umlagerung aus älteren Lagerstätten dergestalt verfälscht werden, daß eine Aussage über die tatsächliche Flora und deren Alter selten möglich ist (BUTZER, 1971, 353).
3 Geologische und bodenkundliche Indizien
Eine Reihe von fluvialen, äolischen und limnischen Ablagerungen und Erosionsformen können geomorphologischen Prozessen während des Holozäns zugeschrieben werden. Wo sich diese Phänomene von den gegenwärtigen Prozessen unterscheiden, sind qualitative paläoklimatische Rückschlüsse mit einem befriedigenden Grad an Zuverlässigkeit möglich (BUTZER, 1971, 353).
Fossile Böden oder Reliktböden, die sich heute nicht mehr bilden, weisen auf eine ehemalige Bodenbildungsintensität hin, die im Widerspruch zum Klima und zur heutigen Vegetation steht. Wenn solche Paläoböden mit rezenten Böden aus entsprechenden Klima- und Vegetationszonen verglichen werden, lassen sich deren Bewuchs und Bildungsbedingungen interpretieren. Mithilfe der 14-C-Methode kann man dann deren Alter feststellen. (BUTZER, 1971, 353)
4 Isotopenhydrologische Indizien
Infolge der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften leichter und schwerer Wässer, kommt es in den Niederschlägen (und damit auch im Grundwasser) vom Meer in Richtung der Kontinente zu dem Phänomen, daß Wässer kontinentwärts an schweren Molekülen verarmen. Diesen Massenunterschied kann man messen und daraus das Alter der Niederschläge ableiten (HÖLTING, 155).
2.1. Archäologische Indizien
2.1.1. Felsbilder
Auf Felsen der saharischen Hochländern wie der Hoggar in Algerien, wo im Jahre 1933 die ersten Felsbilder entdeckt wurden, das Aïr-Massiv im Niger, das Tibesti-Massiv im Tschad, dem Gilf-Kebir in Ägypten sowie dem Djebel-Uweinat und dem Darfur-Massiv im Sudan, weiterhin in manchen Senken und Trockentälern wie dem Fezzan in Libyen, den Oasen Dakhla und Kharga in Ägypten, zeichnete der prähistorische Mensch anspruchsvolle Tierarten aus dem sudanesischen Bereich. Heute bieten die meisten dieser Gegenden allenfalls für Antilopen und Gazellen eine Existenzmöglichkeit. Die Fauna der Felsmalereien wird zweifellos eine günstigere Umwelt als in der jetzt öden und verlassenen Wüste vorgefunden haben. (BUTZER, 1958, 20)
Diese Darstellungen geben zwar einen Ein- und Überblick über die neolithische Fauna und deren geographische Verbreitung. Allerdings ist beim Rückschluß auf die neolithische Umwelt ein chronologischer Widerspruch vorhanden, denn die Darstellungen wurden im Verlauf von mehreren Jahrtausenden gezeichnet, sodaß es durchaus sein kann, daß bestimmte Tierarten nur in bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umweltbedingungen vorgekommen sind. Durch einen Vergleich der heutigen Ausbreitungen derselben Tiergattungen in ihren ökologischen Grenzen ist dies in einem gewissen Rahmen möglich. Die Trockengrenze, die das Grenzvorkommen eines geschlossenen Bestandes an Tierarten darstellt, ist anhand der Niederschlagskarte von DUBIEF, 1953, nachzuvollziehen. Das prähistorische Vorkommen ist sowohl auf der Karte 1 als auch auf der Karte 2 ersichtlich, wobei auf Karte 2 die Gebiete des heutigen Bestandes verzeichnet sind.
Die Giraffe kommt heute bis zur 200 mm-Isohyete vor. In antiken Zeiten und im Mittelalter wurde ihr Vorkommen in Gegenden wie der Nordrand des Fezzans und im Bereich der Kufra-Oasen erwähnt, die heute zwischen 50mm und 150mm Jahresniederschlag erhalten.
Das Vorkommen der Elefanten, die heute in geschlossenen Verbänden in Gegenden mit rund 250 mm Jahresniederschlag vorkommen, wurde aus Gegenden mit heute 100-150mm Niederschlag überliefert. Ebenso ist das rezente Vorkommen des Flußpferdes an permanente Wasserflächen oder Tümpel gebunden, sodaß diese Spezies als geschlossener Verband in Bereichen mit rund 500 mm Jahresniederschlag vorkommt. Das Rhinozeros ist heute in Gegenden mit 250mm Niederschlag anzutreffen (BUTZER, 34f).
Man könnte leicht dazu geneigt sein, Rückschlüsse auf das Paläoklima zu ziehen. Allerdings liegen zwischen den einzelnen Fundorten wie Tibesti, Hoggar und Fezzan beispielsweise hunderte von Kilometern, sodaß man zwar an den Fundstellen der Felsbilder ungefähre Vorstellungen über das zur Herstellungszeit herrschende Klima bekommen könnte. Aufgrund der großen Intensität der physikalischen Verwitterung sind Darstellungen auf weniger resistenten Felsen nicht mehr vorhanden, sodaß das so gewonnene Bild eher unvollständig bleibt.
Um aber eine ungefähre chronologische Einordnung zu geben, seien hier Butzers Ergebnisse aus dem Jahre 1958 aufgeführt, bei denen die verwendeten Farben mit Hilfe der 14C-Methode auf ihr Alter untersucht wurden, wobei er zu folgender Epochenchronologie der Felsbilder kommt:
- Die jungsteinzeitlichen Jäger um 6500 - 5600 BP. fertigten überwiegend naturalistische, dunkel patinierte Einzeldarstellungen in Größen von 0,50 - 3m an, die allesamt tief und sorgfältig eingeschliffen wurden. Dargestellt wurde Großwild wie zum Beispiel Flußpferde, Krokodile, Rhinozerosse und Elefanten, Giraffen, sowie Strauße und Antilopen.
- Die nomadischen jungsteinzeitlichen Viehzüchter und Jäger ab ca. 6000 BP. verlegten sich auf Gruppendarstellungen in Form von Gravierungen und Malereien, die weniger naturalistisch, aber heller patiniert und von kleinerem Ausmaß waren. Die Abbildungen bestehen zumeist aus Rinderherden und Jagdwild, wobei eine allmähliche, wohl anthropogen bedingte, Zurückdrängung der anspruchsvolleren Arten wie Hippopotamus, Rhinozeros und Elefant festzustellen ist. Die drei zuletzt genannten Arten verschwinden in der östlichen Sahara nach 4750, in der zentralen Sahara um 4000 BP
- Nach 3500 BP. in der Ostsahara und um 2200 BP. in der Mittelsahara stellen die sogenannten Streitwagen-Krieger einige hell patinierte, eingehämmerte und mit punktförmigen Umrissen gestaltete Malereien und Gravierungen dar, wobei Pferde, Giraffen, Strauße und Antilopen abgebildet worden sind.
- Die seit Beginn der Zeitrechnung eingewanderten Kamelnomaden haben primitive, schematische und kaum patinierte Darstellungen hinterlassen, auf denen Kamele, Strauße und Mähnenschafe abgebildet wurden (BUTZER, 1958, 43f).
Wie man aus obigen Ausführungen entnehmen kann, sind die Felsbilder in der Sahara nur ein Indiz für ein Klima, das im Gegensatz zu heute, höhere und anspruchsvollere Säugetierarten zuließ. Es muß weiter untersucht werden, mit welchen Hilfsmitteln das offensichtlich günstigere prähistorische Klima in der Sahara rekonstruiert werden kann.
2.2.Pollenanalytische Indizien
Um Rückschlüsse auf das prähistorische Klima zu erhalten, versuchten Forscher, die prähistorische Vegetation anhand von Pollenfunden in Fluß- und Seeterrassen und deren Analysen zu datieren und zu charakterisieren. Um einen Vergleich zur rezenten Vegetation zu erhalten, soll dazu eine kurze Einführung gegeben werden.
2.2.1. Rezente Vegetation der Sahara
Die Vegetation der Sahara ist durch eine relative unregelmäßige räumliche Verbreitung charakterisiert. So zeichnet sich die Nordsahara durch eine diffuse Vegetation aus, d.h., eine sehr locker bewachsene Wüstensteppe, während sich in der Zentralsahara die Vegetation fast ausschließlich auf die Wadiläufe konzentriert. Aber auch in den begünstigten Gebieten ist die Vegetation nur eine Folge lokaler Niederschläge, wobei hier während Trockenperioden nur vereinzelte und verkümmerte Arten zu finden sind. Generell ist festzustellen, daß die geringe Anzahl von Pflanzenarten durch die extreme Aridität des Klimas und das Fehlen von entwickelten Böden bedingt wird (QUÉZEL,1971, 436f).
Die feuchteren, überwiegend gebirgigeren Regionen der nordafrikanischen und vorderasiatischen Mittelmeerküste sind durch die Hartlaubvegetation des Winterregengebiets gekennzeichnet. Der sich südlich daran anschließende Steppengürtel ist im wesentlichen baumfrei und wird von Halbsträuchern wie Artemisia und von Steppengräsern wie Stipa-, Poa-, Halfa- und Espartogras eingenommen. Die vorwiegend im Winter fallenden Niederschläge betragen hier 200-400 mm, woraus sich noch eine gleichmäßig verteilte Strauch- und Gräserbedeckung bilden kann. Gegenden mit 25% Bodenbedeckung durch Pflanzenbewuchs rechnet man noch zur Halbwüste (MENSCHING, 1972, 38).
Der Übergang zu den nördlichen Savannen wird von Akazien oder von Tamarisken gebildet (SCHULZ, 1987, 439), wobei diese \"diffuse\" Vegetation der Savanne dann allmählich in eine \"kontrahierte\" Vegetation übergeht, d.h., eine auf wenige, durch Klima, Exposition und Boden bevorzugte Ansiedlung in einer vegetationslosen Umgebung (WALTHER, 437), worunter Senken, Abflußmulden und Trockentälern fallen.
Die paläotropische Flora der südlichen Sahara ist eng an das tropische Klima gebunden, wohingegen die Flora der weitgehend extrem ariden zentralsaharischen Becken weitgehend an den jeweiligen Grundwasserspiegel gebunden ist. Die Flora der saharischen Hochländer und Gebirge beinhalten viele Gemeinsamkeiten der nördlichen und südlichen Sahara. Mediterrane Elemente sind in Höhen um 1000-2000 m dominant, gleichzeitig sind sie aber durchsetzt mit tropischen Arten und Vertretern der prähistorischen panafrikanischen Randflora (LE HOUÉROU, 13).
Die Entdeckung von zahlreichen Reliktarten von biogeograpisch unterschiedlicher Bedeutung, besonders auf den Hochgebirgen, veranlaßte Botaniker zu palynologischer Untersuchungsmethoden, sodaß man aufgrund dieser Ergebnisse die Geschichte des Pflanzenlebens seit Beginn des Quartärs rekonstruieren konnte (QUÉZEL, 1971, 473). Hinzu kommt noch, daß man bei zahlreichen Untersuchungen von Pollenspektren in der Sahara festgestellt hat, daß der rezente Übergang von saharischer zu sahelischer Vegetation von Zypressen und Graminae gebildet wird, womit die prähistorische Grenze zwischen Sahara und Sahel gezogen werden kann (SCHULZ, 1987, 438).
2.2.2. Interpretationsprobleme bei den Pollenanalysen
Eine direkte Übertragung der aktuellen Pollenspektren auf holozäne Sedimente ist jedoch nicht immer ohne weiteres möglich, da die Frage einer selektiven Verwitterung der Pollenkörner nicht geklärt ist. Die Erfahrungen aus dem aktuellen Pollenniederschlag zeigen , daß der Anteil an Fernflugkomponenten sehr groß ist. So müssen die wenigen Pollenkörner der temperierten und mediterranen Florenelemente durch Ferneinfluß erklärt werden, da sich vor allem in Gebirgsbereichen eine Anreicherung von weit verfrachteten Pollen einstellt (SCHULZ, 1980, 154).
Was sehr wichtig für die weitere Betrachtung ist, daß sich die jeweiligen Witterungsbedingungen im jeweiligen Pollenniederschlag widerspiegeln (SCHULZ, 1980, 166), sodaß man aus gefundenen Pollen erstens Rückschlüsse auf die Arten und zweitens deren umgebendes Klima tätigen kann. Dies trifft aber nur dann zu, wenn die Pollen nicht durch eine spätere Umlagerung und weiteren Transport in Sedimenten auftreten, die nicht die geoökologische Situation der Pollen repräsentieren. Somit sind Rückschlüsse auf die prähistorische Flora nur möglich, wenn in der weiteren Umgebung des Fundortes rezent dieselben Pollen der Flora auftreten (LITTMANN, 1988, 36).
Palnyologische Untersuchungen um 1950 ergaben beispielsweise eine weite Ausbreitung der mediterranen Flora in der Zentralen Sahara, und dort vor allem an den Fußflächen der Gebirge. Auf den Bergen wuchsen Koniferen wie die Pinie und die Zeder. Man kann allerdings nur sagen, daß sich diese mediterrane Flora in den alluvialen Terrassen gehalten hat (QUÉZEL,1963, 244).
Diese Ergebnisse sind jedoch mit einiger Vorsicht zu genießen, da nämlich die unterschiedliche hohe Pollenproduktion verschiedener Arten sowie die sehr unterschiedliche Haltbarkeit der Pollen zu lokaler Unter- bzw. Überrepräsentation bestimmter Arten in den Pollenspektren eines Fundorts führt (LITTMANN, 1988, 36).
Eine weitere Verfälschung der Pollenspektren kann außerdem dann auftreten, wenn der Wüstenboden durchfeuchtet ist, sodaß von weit vom Pollenfundort entfernt liegenden Wäldern Pollen verfrachtet werden und der Blütenstaub vom feuchten Boden festgehalten wird. Hierbei werden die Pollen vor späterer Umlagerung und Zerstörung weitgehend bewahrt. Auf einem ausgetrockneten Boden bleibt der herangewehte Blütenstaub hingegen nicht lange liegen und er wird schnell zerstört (FRENZEL, 191).
2.2.3. Ergebnisse der Pollenanalysen
QUÉZEL erhielt bei Pollenanalysen um 1950 folgende Ergebnisse für die Vegetation in verschiedenen Epochen, aus denen er dann Rückschlüsse auf das jeweils vorherrschende Klima in der Zentralen Sahara ziehen konnte:
Für die Zeit um 10.000 BP fand QUÉZEL Steppenvegetation und eine womöglich nur diffuse mediterrane Vegetation in der Zentralen Sahara heraus, die auf ein arides Steppenklima schließen läßt.
Um 8.000 bis 6.000 BP wuchsen auf den Hochflächen Mischwälder, die aus Zedern und verschiedenen Eichenarten bestanden, wohingegen in den Niederungen Aleppokiefern anzutreffen waren. Hieraus leitete QUÉZEL ein Csa-Klima ab.
Für die Zeit von 5.000 bis 2.800 BP herrschte ein BSh-Klima, in dem Aleppokiefern, Olivenbäume und Zypressen in den Niederungen, sowie in den Hochlagen Zedern, Nußbäume und verschiedene Eichen wuchsen. Ab 2.800 bis 500 BP verschwand nahezu die gesamte mediterrane Flora aus der Zentralen Sahara, gleichzeitig wanderte die Akazie ein. Daraus schloß QUÉZEL eine Klimaänderung vom mediterranen zum sahelischen Klima. Seit 500 BP läßt sich eine fortschreitende und schnelle Desertifikation in der Zentralen Sahara feststellen, was auf ein trockenheißes Wüstenklima schließen läßt. (QUÉZEL,1962, 247)
BUTZER veröffentlichte 1971 seine Ergebnisse für die Vegetation und das entsprechende Klima in verschiedenen Regionen innerhalb der Sahara. Er beschränkt sich stärker als QUÉZEL auf qualitative Aussagen zum Klima. Für die Téneré, Ägypten und Äthopien, und unter Umständen auch für den Fezzan, formulierte BUTZER für die Zeit um 8.000 bis 5.500 v.Chr ein im Vergleich zu heute feuchteres Klima. Für die weiteren Zeiten kommt er auf ähnliche Ergebnisse wie QUÉZEL, seine Ergebnisse sind aber im Vergleich zu QUÉZEL insgesamt vorsichtiger.
Einen anderen Weg gingen LAUER und FRANKENBERG, die ohne Pollenanalysen die Vegetation, deren jeweilige Bereiche in der Sahara als auch die jährlichen Niederschlagsmengen für die Zeit zwischen 5.500 und 18.000 BP modellierten.
LAUER / FRANKENBERG konstruierten um 1979 anhand von quantitativen Untersuchungen der rezenten Vegetation, der daraus resultierenden nördlichen und südlichen Florengrenze der Sahara, sowie deren determinierenden jährlichen Mindestniederschlag, Pflanzen- und Niederschlagsgrenzen für die Zeit zwischen 5.500 bis 18.000 BP. Die Grenze für den nördlichen und südlichen Pflanzenbewuchs korreliert dabei mit der 100 mm Isohyete und die Grenze zwischen der holoarktischen und der paläoarktischen Flora lehnt sich an der 24,5°C-Isotherme für das langjährige Mittel an. Dann wurde die absolute Anzahl der Pflanzenarten in Gittern mit 80 km Seitenlänge untersucht, wobei die Anzahl der verschiedenen Pflanzenarten die Netto-Produktion an Pflanzenmasse, d.h., 1 Art liefert pro m¨ 1 Gramm Pflanzenmasse, sowie den Prozentsatz der Bodenbedeckung bestimmt.
Letztendlich erhielt man folgende Resultate: Die Werte für die potentielle Evapotranspiration (ETP) in der Zeit um 5.500 BP waren mit den heutigen gleichzusetzen, wohingegen die Werte der ETP in der Zeit um 18.000 BP in der nördlichen Sahara um 40% , in der südlichen Sahara um 10% unter den heutigen Werten lagen. Diese Ergebnisse lassen für die Zeit um 5.500 BP schließen, daß die Grenze der tropische Vegetation um rund 20-30° nördlicher als heute lag.
Die Grenze der holoarktischen und paläotropischen Flora verlief am Südrand des Atlas, nördlich des Plateaus von Tademaït und südlich des heutigen Grand Erg Oriental. In der Zeit um 18.000 BP lagen oben aufgeführte Grenzen um rund 10° südlicher (LAUER/FRANKENBERG, 1979b, 307-310).
SCHULZ erhielt bei pollenanalytischen Untersuchungen im Jahre 1987 auf nahezu gleiche Ergebnisse; die nördliche Savannengrenze verschob sich im Mittleren Holozän, also während der Zeit um 8000-6000 BP, auf 20-22°N, was auf sommerliches Monsunregen-Regime schließen lassen könnte. Dieser Sachverhalt wird durch Pollenfunde in den Pollenspektren ersichtlich, die durch Transporte über große Distanzen aus südlichen Richtungen in zentralsaharische Gegenden wie Mali und Niger verfrachtet wurden. Atlantische Zyklonen üben zwar heute auch einen Einfluß auf die Pollenverfrachtung aus, doch dieser ist im Vergleich zum holozänen Einfluß zu gering. Somit kann man die jährliche Niederschlagsmenge im Mittleren Holozän für Mali und Niger mit 200 - 300 mm veranschlagen (SCHULZ, 1987, 442).
2.3.Geologische Indizien
In den bisherigen Ausführungen sind vor allem biotische Indikatoren für sowohl feuchtere als auch aridere Klimate als heute in der Sahara aufgeführt worden. Jedoch sind diese Indikatoren, wie zum Beispiel Pollen, in abiotischen Faktoren wie fluvialen, limnischen und äolischen Ablagerungen erhalten geblieben. Ja sogar die Felsbilder blieben auf abiotischen Faktoren erhalten, sodaß in diesem Abschnitt die geologischen Indizien für Pluvial- und Interpluvialzeiten behandelt werden. Um geologische Indizien als solche zu erkennen, soll eingangs auf die rezente Morphodynamik eingegangen werden. Dergestalt, welche fluvialen, limnische und auch äolischen Formen schafft das rezente Klima.
2.3.1. Zonierung der Reliefformen
HÖVERMANN veröffentlichte 1967 eine Arbeit über die Hangformen und die Hangentwicklung zwischen Syrte und Tschad, in der er von den angetroffenen Formen ausging, die sich in Formungsregionen mit eigentümlichen Formungsstil gruppieren lassen. Diese Gruppierung zeigt einerseits eine vertikale Stufung, anderseits eine Zonalität.
Es ergaben sich bei dieser Untersuchung mindestens fünf Relieftypen, die sich als Folge eines von klimatischen Faktorkombinationen bestimmten Formungsprozesses präsentieren.
1. Eine Pedimentregion.
2. Eine Region mit Sand- und Kiesebenen mit Inselbergen, die durch Randfurchen von der Ebene getrennt sind.
3. Inselberglandschaften, in denen sich aus Flachmuldentälern oder Spülmulden bestehende Rumpfflächen tieferlegen.
4. Ein aerodynamisches Relief mit reinen äolischen Formen.
5. Ein schuttreiches Höhenrelief mit Schottersohlen in den Tälern, das in den höchsten Erhebungen durch periglaziale Vorgänge gesteuert wird (HAGEDORN, 1979, 51).
Diese Relieftypen ordnen sich in unterschiedlichen Stockwerken besonderer klimatischer Prägung an und lassen zugleich eine meridionale Abfolge erkennen. Es ist ein dreidimensionaler Aufbau, in dem sich die einzelnen Formungsgruppen einordnen.
An der Mediterraneis herrschen Täler vor, die von Schrägflächen abgelöst werden (Pedimente). Geht man weiter nach Süden, heben sich diese Flächen von den tiefsten Gebieten, die jetzt aus Dünen oder Sandflächen bzw. äolischen Abtragungsformen bestehen, ab.
Weiter südlich haben diese Pedimente fossilen Charakter und werden fluviatil und äolisch weitergebildet, während sich in der Vertikalen ein Stockwerk intensiver Tiefenerosion anschließt. Dieses Gebiet wird gemeinhin als die Region der Wüstenschluchten bezeichnet.
Südlich des Wendekreises stellen sich Flächen eines anderen Typs ein, die sich durch die fossilen Flächen von Randfurchen-Inselbergen charakterisieren. Diese Flächen werden heute als \"Sandschwemmebenen\" weitergebildet. Das aerodynamische Relief nimmt hier wiederum die tiefergelegenen Flächen ein.
Am südlichen Rand der Sahara geht dann diese Zone in die rezente Inselberg-Rumpfflächenlandschaft über. (HAGEDORN, 51)
Eine Betonung auf die unterschiedlichen landschaftlichen Gegebenheiten, die bei gleicher Niederschlagsmenge (hier als Beispiel 50mm/Jahr) unterschiedliche morphologische Phänomene zeigen, zeigt die folgende Abbildung (ROGNON, 46). Einem Sandboden stünden dann 40mm Wasser zur Verfügung, einem Lehm- oder Felsboden nur 5mm, wobei der Großteil verdunstet. Fließt auf einem Inselberg der gesamte Niederschlag ab, und versickert dabei im Fußflächenbereich, so bildet sich dort ein Aquifer.
Auf einem Serir versickert nahezu nichts, da es sofort verdunstet. Werden landwirtschaftliche Nutzflächen drainiert, so bildet sich in tiefergelegenen Senken Sepkhas, während sich bei nicht-drainierten Flächen die Abflußlinien nachzeichnen. Versickern die gesamten Niederschläge und besteht noch die Möglichkeit, daß die Niederschläge durch Klüfte abfließen können, so bilden sich Seen oder Schichtquellen wie in den Tassli der Adjer. Ganz im Gegensatz zum Plateau von Tademaït, wo, bedingt durch die landschaftlichen Gegebenheiten wie Serir-Flächen, die gesamten Niederschläge verdunsten.
Diese Erkenntnisse sind deswegen wichtig, damit die verschiedenen Auswirkungen ersichtlich werden, die eine gegebene Niederschlagsmenge auf die jeweilige Umgebung hat, je nachdem ob das Wasser gespeichert wird oder verdunstet.
Tritt der erste Fall ein, kann eine lokale Pedogenese stattfinden,, die wiederum für die Abtragung sehr unterschiedliche Voraussetzungen schuf. (SKOWRONEK, 156) Somit können dann an Landschaftsformen, sowie an etwaigen Oberflächenrelikten wie Böden, Zeugen von Paläoklimaten nachvollzogen werden. Dieser Sachverhalt wird in den Abbildungen 4-7 (ROGNON, 50) verdeutlicht. Tab. 1 (LITTMANN, 1988, 65) gibt einen Überblick über die verschiedenen Landformen zu bestimmten Zeiten.
2.3.2. Fossile Formen und ihre paläoklimatischen Aussagewerte
2.3.2.1. Äolische Ablagerungen
Eine Untersuchung, die äolischen Ablagerungen betreffend, über die möglichen Paläowindrichtungen hat als Ausgangs- und Anlaßpunkt, die Beobachtung von Barchanabdrücken auf der Oberfläche lakustriner Sedimente des ehemaligen Tschadsees, rund 200 km südlich des Emi-Koussi gelegen. (Vgl. Photo Nr.1) Diese Abdrücke liegen im Vergleich zu heute um 180° gedreht, also in inverser Richtung, zu den heutigen Barchanen (HAGEDORN; 1990, 235).
Diese Entdeckung läßt auf folgenden Sachverhalt schließen: zur Bildungszeit der Barchanabdrücken muß ein Klima geherrscht haben, daß durch einen stärkeren und längeren sommerlichen SW-Monsun und einen stark abgeschwächten winterlichen NE-Passat charakterisiert war. Für die Bildung dieser inversen Barchanfelder waren im Vergleich zu heute um ein Vielfaches höhere und andauerndere Windgeschwindigkeiten nötig, die zudem noch eine große südwestliche Richtungskonstanz hatten.
Diese ist aber nicht an der Front des mit der Wanderung der ITC verbundenen SW-Monsuns zu erwarten, da sie sich erst ein stellt, wenn die Front erheblich weiter nach Norden gewandert ist. Daraus folgt eine wesentlich nördlichere Lage der ITC im N-Sommer als heute.
Damit ist gleichzeitig ein großer Energie- und Wasserdampftransport in die zentrale Sahara mit einer entsprechenden Instabilität der Atmosphäre im Gebiet der heutigen Hochdruckzellen verbunden (HAGEDORN; 1990, 244f).
Im Ansatz ähnliche Ergebnisse erhielt SARNTHEIN, der 1979 in Tiefseebohrungkernen vor der Küste Westafrikas sowohl äolisches (durch den Harmattan) als auch fluviatil verfrachtetes Material (durch den Senegal-Fluß) vorfand und damit sowohl auf die Abflußverhältnisse als auch auf die klimatischen Verhältnisse rückschließen konnte. An dieser Stelle sollen nur die äolisch verfrachteten Materialien besprochen werden.
Die Staubfracht der Harmattan-Winde (sehr trockene, heiße und staubreiche NE-Winde des Passatregimes, die aus der Sahara auf die atlantische Küste zuwehen.) kam während des letzten Klima-Optimums nicht völlig zum Erliegen, sondern sie war deutlich grobkornärmer. Wesentlich ist es, daß das Ausbruchszentrum des Harmattanstaubs konstant bei 18° bis 20°N lag.
Dieser Windgürtel war also im Verhältnis zur letzten Eiszeit nicht erkennbar nach Norden verschoben. Allerdings wurde damals um 6000 BP die Passatwinde von Veränderungen erfaßt, da kaum noch ungefärbter Passatstaub in den Bohrkernen enthalten war. Hinzu kommt noch, daß Auftriebsphänomene des ozeanischen Wassers, die kalte Wässer aus großen Tiefen an die Wasseroberfläche transportieren nahezu fehlen, so daß in diesem Zeitabschnitt wärmeliebende Molluskenarten einwanderten. Und diese wiederum konnten mit Hilfe der 14C-Methode datiert werden.
Aus diesen Indizien kann man schließen, daß sich die Windgürtel der Sahara - im Gegensatz zur atmosphärischen Zirkulation in den polaren und gemäßigten Breiten- beim Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten nicht erkennbar pol- oder äquatorwärts verschoben haben. Genauso sollten auch die großen Trockengürtel der Subtropen nicht eine Nord-Süd-Verschiebung, sondern abwechselnd Phasen der Spreizung und Schrumpfung mitgemacht haben. Für die zwischengeschalteten Trockenzeiten sind vor allem ablandige Windrichtungen verantwortlich, die mit dem verstärkten ozeanischen Auftrieb am Äquator in einem kausalen Zusammenhang stehen.
Dadurch gelangte kühleres Wasser an die Meeresoberfläche und verringerte dort die Verdunstung; verminderte Wasserdampfbildung verringert wiederum die Bildung von tropischen Zyklonen, die für den Feuchtigkeitstransport vom Ozean zum Kontinent verantwortlich sind. Diese Vorgänge wurden durch die Vergrößerung der Landmassen infolge der Meeresspiegelabsenkung noch verstärkt (SARNTHEIM, 64).
Weitaus hypothetischeren Charakter hatte die Diskussion über den paläoklimatischen Aussagewert von sogenannten \"fixierten\" oder \"fossilen\" Dünen am südlichen Rand der Sahara, die sich vom Senegal bis in den Sudan erstrecken. Stellvertretend für die zwar zahlreiche, aber auch sehr widersprüchliche Literatur soll an dieser Stelle ein Aufsatz von MENSCHING soweit vorgestellt werden, wie er ohne Widersprüche bleibt. Wichtiger bleibt zum Schluß, ein Resümee zu ziehen, inwieweit die sogenannten \"fixierten\" Dünen als paläoklimatischer Indikator dienen können.
Der nördliche Rand der Altdünen fällt, generalisiert man lokale Abweichungen, mit der heutigen 150 mm Isohyete am südlichen Rand der Sahara zusammen, wodurch auf vielen, durch Vegetation fixierten, Altdünen seitens der Bevölkerung Hirseanbau betrieben wird. Wird aber diese Vegetationsdecke zerstört, so trägt die fehlende Vegetation zu einer Mobilisierung der Sandflächen bei (MENSCHING, 1979, 72). Hier ist es, daß menschliche Eingriffe eine weitreichende Veränderung von lokalen Dünenkomplexen hervorrufen können. Aber auch in Phasen verstärkter Aridität können größere Teile von Dünenkomplexen mobilisiert werden, da dann nämlich die fixierende Pflanzenbedeckung auf den Dünenkämmen fehlt (MENSCHING, 1979, 76).
MICHEL (1973) fand im heute überfluteten Bereich vor der Senegalküste Dünensande, mit deren Bildungsphase die letzte marine Regressionsphase des nordischen Glazials verbunden wird. In dieser Zeit endete der Lauf des Senegals wohl in einem endorheischen Becken, was den Antransport der dort befindlichen großen Sandmassen erklären würde. Die Ausrichtung der alten Dünen spricht für vorherrschende Winde aus nordöstlichen Windrichtungen, die aus den fluvialen Sandablagerungen den alten Erg geformt haben (MENSCHING, 1979, 75).
Generell ist es vielen Forschern noch nicht gelungen, den sahelischen Altdünengürtel ganzheitlich zu datieren. Als ein Problem stellt sich hierbei die polygenetische Bildung als morphogenetische Sequenz und die an bestimmten geographischen Gegebenheiten (wie zum Beispiel endorheische Becken, alte Talsysteme u.a.) gebundenen Altdünen dar.
Durch die hohe morphologische Mobilität bei schon geringen Klimaänderungen werden regionale Unterschiede hervortreten und somit ist eine sichere zeitliche Einordnung in paläoaride Phasen der Sahara nahezu unmöglich. Als eindeutiger paläoklimatischer Indikator dienen Dünen daher nur bedingt (MENSCHING, 1979, 76).
2.3.2.2. Limnische Ablagerungen
Der Tschadsee ist ein seit langem diskutierter Indikator der paläoklimatischen Entwicklung in der Südsahara. Zahlreiche Veröffentlichung zeugen zwar von einer gewissen Wichtigkeit, die zahlreichen Widersprüche in der Literatur lassen aber keine klaren Aussagen zu. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf LITTMANN, 1988, da dort ältere neueren Forschungsergebnissen gegenübergestellt werden.
Eine der ersten Transgressionen um 38.000 bis 36.000 BP äußerte sich nur durch Flachseebereiche - die heute noch zum Teil im Tschadsee vorherrschen- innerhalb der umliegenden Dünen. Für die Zeit um 24.000 bis 22.000 BP kann die erste größere Transgression nachvollzogen werden, die aber noch von einer ausgeprägten Austrocknungsphase von 20.000 bis 12.000 BP abgelöst wurde. Bei jeder Transgression von über 4 m mußte bei einem rezenten Seespiegel von 280 m NN ein Überfließen in die NE-gelegene Bodelé-Region erfolgen, sodaß sich während des frühen Holozäns um 10.000 BP ein \"Mega-Tschadsee\" mit einer Fläche von rund 360.000 km¨ (rezente Fläche 10-20.000 km¨, vergleichbar mit der Größe des Kaspischen Meers) bildete, der dabei damals vorhandene Altdünen überflutete. Ab etwa 12.000 BP folgten in der Nigéro-Tschadien-Formation mehrere deutliche Transgression aufeinander, die jeweils in Erwärmungsphasen fallen, zwischen 12.000 und 10.000 BP in das Bölling und Alleröd, zwischen 7000 und 4000 BP ins Atlantikum. Zwei weitere Transgressionen zwischen 10.000 und 7500, sowie von 4000 bis 2500 BP fallen allerdings in globale Abkühlungsphasen.
Am Südufer des Tschadsees tritt von 29.000 bis 22.000 BP eine sicher bestimmte limnische Phase auf. Diese fluviodeltaische Sedimentation setzte sich in der Zeit von 20.000 bis 12.000 BP fort, wo allerdings am Nordufer eine extreme Dünenbildung vorherrschte (LITTMANN, 1988, 67). Man sieht, daß in einem relativ kleinen Bereich starke regionale klimatische Unterschiede herrschten, die sich an unterschiedlichen Indizien feststellen lassen. Einen Überblick liefert die Abb. über die Seespiegelschwankungen.
2.3.2.3. Fluviatile Ablagerungen
Ein Problem ist es, von Flußterrassen (oder generell Terrassen) auf ein bestimmtes Klima schließen zu wollen, da die Terrassensedimente eher die morphodynamischen und klimatischen Bedingungen reflektieren, die vor ihrer eigentlichen Akkumulation geherrscht haben.
Darüber hinaus können sich im Längsprofil eines Flusses die Sedimentationsbedingungen geändert haben, da das Einschneiden auch ohne Klimawechsel nur durch einen höheren Gradient des Längsprofils der vorherherigen Akkumulation initiiert werden (LITTMANN, 1988, 32). Somit wären Terrassen nichts weiter als eine punktuelle Unterbrechung der ariden Formung, ohne daß gleich eine Klimaschwankung angenommen werden müßte (MENSCHING, 1979, 75).
Diese Erkenntnis machte FAIRBRIDGE, als er die Nilterrassen untersuchte. Die hohen Wasserstände des Nils, die er zwischen 25.000 - 10.000 BP erreichte, entsprechen keinen schweren Regenfällen, sondern diese hohen Terrassen zeugen davon, daß das Tal mit Schlamm und Sand zugeschüttet war. Dies ist ein Zeichen von niedrigen Wasserständen, die aus zurückgegangenen äquatorialen Niederschlägen resultieren, während zur gleichen Zeit im Mittelmeergebiet verstärkt Niederschläge auftraten. Das hieße, daß während kalter Epochen universell stärkere Niederschläge auftraten ist demnach nicht haltbar. Und zwar deswegen, da die Verdunstung aus den Meeren in den kalten Epochen, aufgrund fehlender Wassermassen, geringer war. Wäre dies nicht so, hätte der Nil im Zeitraum von 25.000 - 10.000 BP mehr Wasser führen müssen. Die Indizien lassen den Schluß zu, daß der Nil während dieser Zeit nahezu ausgetrocknet war (FAIRBRIDGE, 184f).
2.3.3. Paläopedologische Indizien
Die bodenbildenden Prozesse innerhalb der Sahara werden durch die Niederschlagsarmut, deren Unregelmäßigkeit und dem fast völligen Fehlen von Wasserzufuhr bestimmt, was eine Ausbildung einer dichteren Pflanzendecke verhindert. Hinzu kommt noch das Überwiegen der physikalischen gegenüber der chemischen Verwitterung, wodurch, bedingt durch den permanenten Wind, große Mengen an Feinmaterial weggeweht werden und letztendlich nur noch grobe Steindecken an der Oberfläche zurückbleiben (GANSSEN, 72f).
In Abhängigkeit des Reliefs laufen auch in ariden Gebieten unterschiedliche Bodenbildungsprozesse ab, die sich in Form einer Catena (Abb.9) widerspiegeln. Eine Übersicht (Tab.2,3,4) über die rezenten Böden der Trockenzonen soll zum Vergleich mit den gefundenen Paläoböden genügen.
2.3.3.1. Interpretationsprobleme von Paläoböden
Die für die zentrale Sahara nachgewiesenen Bodenbildungen dürfen nicht auf den Gesamtraum übertragen werden. Die Befundsituation und die stratigraphische Stellung der Böden - zumeist in Terrassen und unter Serirdecken- zeigen vielmehr, daß gebietsweise eine Pedogenese stattfand, während in der Nachbarregion gleichzeitig sowohl Abtragung bzw. Akkumulation als auch wegen zu großer Trockenheit weder eine Pedogenese noch eine Morphodynamik stattgefunden hat. (SKOWRONEK, 156)
Die meisten und am stärksten gegliederten Paläoböden wurden im Atakor-Massiv des Hoggars nachgewiesen, was aber gleichzeitig mit einen entscheidenden Nachteil belastet ist; der Atakor ist mit seinen 3000 m Höhe eine Klimainsel in einer extrem ariden Umgebung, die um 4 mal höhere Jahresniederschläge als die Umgebung erhält. Und was für die Gegenwart gilt, kann auch auf die Vergangenheit übertragen werden. Auch aus diesem Grund können paläopedologische Erkenntnisse nicht ohne weiteres auf paläoklimatische Geschehnisse in der gesamten Sahara übertragen werden (SKOWRONEK, 153).
2.3.3.2. Paläoklimatische Aussagewerte von Paläoböden
KUBIENA (1955) beschrieb im Gebiet des Hoggar reliktische Braunlehme auf Basalt sowie fossile und reliktische Rotlehme. Untersuchungen dieser Böden ergaben zum Teil hohe Anteile an Kaolinit, so daß zur Entstehung dieser Böden ein tropisches Feuchtklima mit ausgeprägten Trockenzeiten angenommen wird. Das Alter dieser Verwitterungsprodukte wird in das Tertiär bis Altpleistozän gestellt. Anderseits lassen die jüngeren Braunlehme ein sehr feuchtes subtropisches oder sogar tropisches Klima vermuten (KUBIENA, 116ff).
Aus Terrassen um den Atakor und das Tibesti unterschied ROGNON (1980) drei verschieden alte Akkumulationskörper, wobei der älteste- die Oberterrasse- außerhalb des 14C-datierbaren Bereichs liegt, und somit vernachlässigt werden kann. ( aus SKOWRONEK, 16)
Die Mittelterrasse, die sich in die Oberterrasse eingeschnitten hat, baut sich im Gegensatz zu dieser nur aus Ton und Schluff auf. In ihr sind Gastropoden und Pollen von mediterranen Hölzern enthalten. An der Basis der Mittelterrasse am Atakor in 1000 bis 1500 m ü NN lassen Froststrukturen auf kühlere Bedingungen innerhalb des Jungwürms schließen. Die Montmorillonite und die mengenmäßig variierenden Illite leiten sich aus Paläoböden ab, die als typische mediterrane Braunlehme angesprochen werden können. Folglich fand in dem, mit Hilfe der 14C-Methode zwischen 15.000 und 8000 Jahren BP datierten, Bereich eine Pedogenese statt, die eine Vegetationsdecke mit sich brachte.
Die kreuzgeschichteten Grobsande, sowie Fein- bis Mittelkiese, heben sich innerhalb der Niederterrasse deutlich von der Mittelterrasse ab. In der ersteren deuten feine, silitige Sedimente auf eine längere Persistenz der Bodendecke hin.
Ihre Entstehungszeit wurde zwischen 5700 bis 4100 BP datiert, was der neolithischen (mittelholozänen) Feuchtzeit entspricht, in der in den saharischen Ebenen Vegetationsbedeckung, sowie zahlreiche höhere Säugetiere anzutreffen waren.
FAZIT: Die erhaltenen Paläoböden sind nur auf einigen eng begrenzten Lokalitäten erhalten und haben dadurch einen eingeschränkten Aussagewert. Das Hauptproblem liegt hierbei, daß, falls eine Pedogenese stattgefunden hat, Paläoböden, die nicht durch Akkumulation jeglicher Art vor Abtragung geschützt wurden, im Laufe der jüngeren Erdgeschichte abgetragen worden sind.
2.4. Isotopenhydrologische Indizien
Einführung
Natürliches Wasser enthält neben Wasserstoff der (relativen Atom-) Masse 1 (1H)14 und dem Sauerstoff der Masse 16 (16O) auch in kleinen Mengen die stabilen Isotope des Wasserstoffs 2H (Deuterium) und des Sauerstoffs 17O, 18O sowie das radioaktive Isotop des Wasserstoffs 3H (Tritium). [Weitere Isotope des Sauerstoffs sind wegen ihrer Instabilität zu vernachlässigen]. Somit ist das Wasser ein Isotopengemisch. Wasser mit höheren Anteilen an Deuterium und Tritium werden als \"schweres Wasser\" bezeichnet, die sich physikalisch durch einen höheren Siedepunkt, eine größere Dichte, eine höhere Molekülmasse und einen höheren Schmelzpunkt von \"reinen\" Wasser unterscheiden.
Infolge der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften leichter und schwerer Wässer kommt es in den Niederschlägen (und damit auch im Grundwasser) vom Meer in Richtung der Kontinente zu Isotopenfraktionierungen. Und zwar dergestalt, daß die Wässer kontinentalwärts \"leichter\", also ärmer an schweren Molekülen werden. Ursache dafür ist in erster Linie die Verdunstung, da der Dampfdruck des \"schweren\" Wassers etwas geringer als der des \"leichten\" ist. \"Schweres\" Wasser verdunstet daher weniger, während das \"leichte\" Wasser kontinentalwärts in den Luftmassen und damit den Niederschlägen angereichert wird (HÖLTING, 155f). Dieser zuerst für Europa entdeckte Kontinentaleffekt wurde um 1976 auch für die Sahara nachgewiesen, sodaß mit Hilfe der Grundwässer Altersdatierungen für prähistorische Niederschläge durchgeführt werden konnten (SONNTAG et alii.,1978, 418).
Für die isotopenhydrologische Altersbestimmung ist allerdings das Deuterium und das nicht radioaktive Sauerstoffisotop 18O von Wichtigkeit, dessen Verhältnis zum häufigeren und leichteren 16O rund 2_10-3 beträgt. Die Anwendung dieses Verhältnisses (_18O) zur Altersdatierung beruht darauf, daß mit wachsender Verdunstung eine vermehrte Anreicherung von 18O im Vergleich zum Deuterium auftritt. Der Kontinentaleffekt führt zu einer kontinentalwärts gerichteten Verringerung des 18O-Isotops. Da bei der Kondensation die schwereren Isotope eher als die leichteren kondensieren, wird mit zunehmender Niederschlagsmenge der Anteil an den 18O- und Deuteriumisotopen vermindert (HÖLTING, 159).
Schließlich besteht eine Temperaturabhängigkeit bei der Isotopenfraktionierung in der Weise, daß mit steigender barometrischer Höhe, und der parallel dazu abnehmender Kondensationstemperatur, eine Anteilsverminderung der schweren Isotopen in den Niederschlägen erfolgt. Die Temperaturabhängigkeit führt auch zu jahreszeitlich unterschiedlichen Isotopengehalten (HÖLTING, 159).
Mit Hilfe dieses Sachverhaltes, und der Extrapolierung des West-Ost-Gefälles des Isotopengehaltes der Grundwässer, sind für die Pluvialzeiten 2-3°C niedrigere Lufttemperaturen als heute abgeschätzt worden (SONNTAG et alii S. 422).
2.4.1. Ergebnisse der isotopenhydrologischen Altersdatierung
Die auf rund 60 Mio. m3 geschätzten Grundwasservorräte der Sahara lassen den Schluß zu, daß die Sahara schon feuchtere Zeiten als heute erlebt hat. Die Grundwässer zeigen durchwegs hohe 14C-Alter von mehr als 20.000 Jahren BP, wohingegen die Turnover-Time, d.h., die mittlere Erneuerungszeit des Gesamtgrundwasserbestandes, in der Sahara 4000 bis 16.000 Jahre beträgt. Anhand von isotopenhydrologischen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, daß sich die innersaharischen Grundwasservorräte kaum erneuern und daß es keine weiträumigen Grundwasserbewegungen von der Peripherie ins Saharainnere gibt. Abb.11 zeigt, wie das Altersspektrum der 14C-datierten Wässern mit den Vorstellungen über die Klimaabfolge im Pleistozän und im Holozän korreliert (SONNTAG et alii, 415-417):
40.000 - 20.000 BP: Vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit, in der
Nordsahara überwiegend Winterregen aus der Westdrift, variierende Temperatur.
20.000 - 14.000 BP: Höhepunkt der letzten Eiszeit (ca. 18.000 BP)Sahara semiarid, kühl
14.000 - 10.000 BP: Starke Klimaschwankungen, in der SaharaWinterregen aus der Westdrift
10.000 -4.000 BP: Warme postglaziale Periode mit ausreichendenNiederschlägen meist tropisch konvektierterHerkunft
Die postglaziale Klimaperiode - in Abb.11 schraffiert- ist durch eine Folge von Feucht- und Trockenphasen gekennzeichnet, die sich auch in der Altersverteilung der Wässer widerspiegelt
Wie in der Einleitung schon kurz erwähnt, tritt auch bei den Grundwässern der Sahara der sogenannte Isotopeneffekt auf, d.h., daß die schweren Massermoleküle gegenüber den leichten bevorzugt in der flüssigen Phase verbleiben. Daher verarmen kontinenteinwärts getriebene, feuchte ozeanische Luftmassen durch sukzessives Ausregnen mehr und mehr an den stabilen Isotopen Deuterium und 18O. Dadurch wird der Wasserdampf und auch das Molekulargewicht des Wassers isotopisch immer leichter. Der Kontinentaleffekt setzt demnach voraus, daß das nordafrikanische Klimageschehen während der Pluviale von der Westdrift bestimmt wurde, die dabei regenbringende atlantische Luftmassen weit ins Saharainnere getrieben hat (SONNTAG, 418-419).
Zusammenfassung
Jeder der oben aufgeführten paläoklimatischen Indikatoren läßt zwar Rückschlüsse zu, doch bleiben diese meist auf regionale Bereiche beschränkt. Zudem haben diese Indikatoren solange keinen Aussagewert, bis nicht ihre chronologische Einordnung anhand von physikalischen Methoden stattgefunden hat. Hierbei ist man auf geeignetes Material angewiesen, daß durch nachträgliche Einflüsse wie zum Beispiel Infiltration von Huminsäuren oder Intruision von Wurzeln in ihrem Aussagewert nicht gemindert wird. (GEYH, 83)
Abb.12: Generalisierter Überblick über die Ökovarianzzeiten in den nordafrikanischen Großräumen (Quelle: LITTMANN,1988, 70)
Tab.5: Chronologische Übersicht der Ökovarianz in der Sahara
Jahre BP Klimaschwankungen Südsahara Klimaschwankungen Zentralsahara Klimaschwankungen Nordsahara Menschliche Tätigkeiten und Industrien Prähistorische Kulturen und 14-C-Datierungen Fauna und FloraVegetation; fossile Böden
Gegenwart hyperarides Wüstenklima hyperarides Wüstenklima hyperarides Wüstenklima NomadensiedlungenVerstädterung der Oasenanthropogen bedingte Desertifikation keine Aussterben der Großsäuger; zunehmender Mangel an Büschen und Sträuchern
450-500 Wüstenklima Wüstenklima Wüstenklima ? keine Afrikanische Großsäuger; Restwälder in der N-Sahara und den Hochländern; Fortschreitende und schnelle Austrocknung der Sahara
2.200 geschichtliche Trockenperiode geschichtliche Trockenperiode geschichtliche Trockenperiode Kamel-Epoche Kamelnomaden Mediterrane Vegetation
2800-3000 a) arid-semiarid b) Wechsel vom trockenen Mediterran- zum Sahel-Klima c) arid-semiarid Pferde-Periode Libysch-BerberischeFelszeichnungen fast gänzliches Verschwinden der mediterranen Flora; Einwanderung der Akazien; Wälder in der N-Sahara und den Hochländern; tropische Flora
3.500 klimatische Aridisierung klimatische Aridisierung klimatische Aridisierung Hirtenvölker mit Weidewirtschaft Rinderfelszeich-nungen reichhaltige und diversifizierte Fauna, Wälder und Savannen in der S-Sahara
5.000-5.500 a) Tafolian, semiaridb) c) Temperatur rd. 1-2°C höher als heute im Bergland humid
Temperatur rd. 1-2°C höher als heute Rharbian, semiarid
Temperatur rd. 1-2°C höher als heute Cro-Magnon Sahara-Neolithikum Afro-tropische Fauna; im Bergland Zedern, verschiedene Eichen, Nußbaum, Baumheidentorfhaltige Sumpfböden in der Zentralsahara
6.000-6.500 Nouakchottium, semiarid semiarid RharbianKlima: semiarid bis subhumid Büffeljäger Artérienes-Moustèrien in der Sahara Mediterrane Wälder mit Aleppo-Kiefern, Olive, Wacholder, Zypresse. Afro-tropische FaunaDiatomite in der Zentral-Sahara
8.000 a) kurze Trockenperiode b) Csa-Klimac) kurze Trockenperiode Neolithikum Artérienes- Moustèrien in der Sahara Fauna unbekannt, Mischwälder aus Zedern, verschiedenen Eichen, Erlen, Linden und Ahornen im Bergland, Aleppo-Kiefer im TieflandDiatomite, Sumpfböden fossile Waldböden
10.000- 10.500 a) Tschadiumb) BSh-Klimac) semiarid Protoneolithikum ? Afro-tropische Fauna, SteppenvegetationAlluvionen
12.500 a) Beginn des Aufbaus des Ogolischen Dünensystems in einem semiariden Klimab) Niederschlag um 600-1200 mm; Grundwasserbildung in den Erggebieten; \"Mega\"-Tschadsee; Terrassen und Serir-Bildungenc) Beginn des Aufbaus der großen Sandseen in einem semiariden Klima Cro-MagnonProtomediteranus ? Artemisia\"Sol brun\" in den Senken
14.000 a) verstärkte Ariditätb) Grobschuttakkumulation an Pedimenten; \"Mega\"-Tschadsee verkleinert sich; verstärkte Ariditätc) nachlassende fluviale Aktivität ? ? Dünenvegetation, xenomorphe Flora
18.000 a) Inchirium; Feuchtzeitb) Grundwasserbildungc) Soltanium; Pluvial-Erosionszyklus Paläolithikum (Neandertaler?) - Afro-tropische Fauna, mediterrane Wälder, tropische Savannenvegetation
26.000 a) hyperaridb) ?c) hyperarid Aterier - ?
40.000 a) Beginn eines Pluvialsb) ?c) ? - ?
70.000 a), b), c): hyperarid, Bildung von Dünenzügen Homo erectus ? Artemisia
125.000 a) feuchtes und warmes Klimab) Bildung des mittleren Glacisc) Tensiftisches Pluvial LevalloisianerMousterier ? Afro-tropische Fauna, mediterrane Wälder, tropische SavannenvegetationBodenrutschungen und \"Sol brun\"
Martin Ripsam,1992, verändert nach LE HOUÉROU,1989, 14-15SKOWRONEK,1987, 153; LAUER/FRANKENBERG,1979, 307-313; QUÉZEL,1971, 453-454; LITTMANN,1987, 247-253; GABRIEL,1977, 65f ; GEYH/JÄKEL, 86-96
Der Versuch, die klimatischen Änderungen in der Sahara mit globalen Ereignissen zu korrelieren, hat sich in der Vergangenheit als nicht immer zuverlässig erwiesen, wie das abschließende Kapitel über die Ursachen der Pluviale zeigt
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