Im eigentlichen Sinne stellen Zelte Architektur dar, da das Wort Architekt auf das griechische Wort architektos zurückgeht, was wiederum \"der das Weben lenkt\" bedeutet. Die Wände eines Hauses bestanden im klassischen Griechenland aus geflochtenen Zweigmatten, die mit Lehm oder Schlamm beschichtet wurden (FAEGRE, S.5).
Die augenfälligste Eigenschaft von Zelten besteht darin, daß sie keine Dauersiedlungen darstellen. Die meisten Nomadenzelte existieren nur so lange, wie die Familie, die in ihnen wohnt, wobei die Zelthüllen eine noch kürzere Lebensdauer - bis 10 Jahre- haben. Das bedeutet, daß die Zelthüllen regelmäßig ersetzt oder erneuert werden müssen. Wenn nun die Bewohner des Zeltes sterben, so stirbt auch deren Behausung, während unsere Häuser durch ihre Konstruktion und verwendeten Materialien dazu bestimmt sind, mehrere Generationen zu überdauern und zu beherbergen (FAEGRE, S.6).
(Meistens werden sie aber abgerissen, noch bevor sie im eigentlichen Sinne verschlissen und verbraucht sind.) Ein anderer Unterschied besteht darin, daß unsere Häuser vermietet oder verkauft werden können, Zelte hingegen nicht.
Ein weiterer Unterschied zwischen dem Haus und dem Zelt besteht darin, daß das Zelt keine vergleichbare scharfe Trennung zwischen Innen und Außen wie das Haus vornimmt; im Zelt bläst bei schlechtem Wetter der Wind durch die Zeltöffnungen, es regnet durch das Flechtwerk oder es schneit durch den Rauchabzug, was einen unmittelbaren Kontakt zur Außenwelt gewährleistet (FAEGRE, S.11).
Hinzu kommt noch die leichte Transportierbarkeit, das geringe Gewicht und die daraus resultierende Anpassungsfähigkeit an Veränderungen wie jahreszeitliche Klimaänderungen (durch Wanderungen in klimatisch günstigere Gegenden), aber auch gesellschaftlichen Druck, der die Nomaden zum Weiterziehen bewog (FAEGRE, S.5).
Wie aus oben ausgeführten Eigenschaften hervorgeht, wird die Wohnform \"Zelt\" bedingt durch periodische Veränderungen im Landschaftshaushalt. Durch die unregelmäßige und geringe Vegetation in den Wüstenrandgebiete werden die Nomaden gezwungen, sich nach einer relativ kurzen Zeit neue Weidegründe zu suchen. Wegen Frost oder Schnee in den höher gelegenen Gebieten müssen die Nomaden und Halbnomaden ihre Herden im Winter entweder in die tiefer liegenden, milderen Gebiete oder in die Wüste treiben. Auch der Bedarf an Brennmaterial kann die Ursache eines Ortswechsels sein, insbesondere dann, wenn der Kamelbestand zu gering ist (NAGEL, S.1)
Das Zelt kommt in den unterschiedlichsten Größen vor; die Spanne reicht von den kleinen Zelten der Schäfer über das normale Familienzelt von etwa 15-60m¨ bis zu den übergroßen Zelten sehr reicher und angesehenen Familien. Die Vollnomaden der Sahara und der angrenzenden Gebiete, für die das Zelt die einzige Behausung darstellt, bewohnen größere Zelte (rund 50-60m¨) als die Halbnomaden, die während ihrer Wanderzüge einen Teil ihres Besitzes in festen Häusern zurücklassen (RIPSAM, S.18). Ein solches Magazin, was in unmittelbarer Nähe zu den Seßhaften errichtet ist, ist auf dem beigefügten Photo abgebildet.
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