Die Bootsfahrt dauerte ungefähr zwei Stunden. Viele kleinere und größere, dicht bewachsene Inseln, zogen an uns vorbei. Das Boot pflügte durch das glasklare, königsblaue Wasser und hinterließ eine türkisfarbene, mit weißen Gischtkronen verzierte Spur. An Bord wurden wir über die Gefahren der Unterwasserwelt belehrt. So etwa über eine kleine, harmlos aussehende Muschel, deren Gift für den Menschen tödlich sein kann. Bewaffnet mit Taucherbrille, Schnorchel und Flossen, gingen wir auf Cook Island von Bord. An einem nahegelegenen Sandstrand, in einer wirklich paradiesischen Umgebung, ließen wir uns nieder und verbrachten hier einen der schönsten Tage unserer Reise. Die Welt um uns herum, mit dem nicht enden wollenden Postkartenwetter, war so perfekt, daß es schon fast unwirklich aussah. Das Meer dort draußen im Riff, war schon fast zu klar, zu türkisblau, die Wolken am Himmel waren fast zu weiß und die üppige Vegetation der Insel war beinahe zu grün. Nur die eigene Hochstimmung schien uns real. Alles paßte wunderbar zusammen. Verspielt und übermütig tollten wir am Strand umher.
Das Schnorcheln und Tauchen im glasklaren Wasser war ein weiterer Höhepunkt des Tages. Erst als wir eintauchten und die Unterwasserwelt deutlich vor Augen hatten, bemerkten wir viele, etwa 20 cm lange, durchsichtige Fische, die oberhalb der Wasseroberfläche nicht zu sehen waren. Das Tauchen im farbenprächtigen Korallenriff, umgeben von 'Zierfischen' der verschiedensten Arten (sogar kleine Rochen tummelten sich dort) war ein wirkliche spektakuläres Erlebnis. Dort im Riff scheint alles so perfekt und in einem zerbrechlichen Gleichgewicht zu sein, daß man sich sehr leicht als Eindringling fühlt, und man hat Angst, irgend etwas zu zerstören. Wer einmal einen so zarten, bis ins kleinste ausgewogenen Lebensraum eines Korallenriffs gesehen hat und dabei das leichte Gefühl gehabt hat, daß man hier zwar geduldet wird, sonst aber total unnütz ist, der kann erst wirklich verstehen, wie grenzenlos unverantwortlich und dumm es ist, andere, ähnliche Korallenriffe, die in Jahrmillionen entstanden sind, mit Atombomben zu zerstören. Das gehört zwar nicht ganz hierher, aber es ist mir persönlich sehr wichtig, das an dieser Stelle anzubringen.
Das 20 Millionen Jahre alte und 2000 km lange Great Barrier Reef besteht aus über 3000 einzelnen Korallenriffs und ist das größte zusammenhängende Riff der Welt. Es beherbergt neben einer Vielzahl von Krebsen, nicht weniger als 4000 Weichtier- und 400 Korallenarten sowie mehr als 1500 Fischarten.
Das große Barriereriff gilt als gigantischer Wellenbrecher für die gesamte Nordostküste Australiens bis hinauf nach Papua Neuguinea. Leider setzt der Mensch dem Riff durch verschiedene Umwelteinflüsse immer mehr zu.
So wurde zum Beispiel die giftige Tritonschnecke von den Fischern fast ausgerottet. Diese Schnecke war aber der natürliche Feind des Dornenkronen-Seesterns, der sich daraufhin explosionsartig vermehren konnte und einen 500 Kilometer langen Korallenteppich kahlgefressen hat. Man glaubte schon an das Ende eines großen ökologischen Gleichgewichts, doch dann verschwand der Seestern plötzlich wieder. Wissenschaftler stellten fest, daß sich die Korallen nach einiger Zeit gewehrt hatten. Sie hatten ihrerseits ein Gegenmittel gegen die Attacken ihrer ärgsten Feinde gefunden.
Viel schwerer tut sich die Natur bei Belastungen mit Düngemitteln, Pestiziden und Ölrückständen. Eine der größten Bedrohungen dieses Lebensraumes stellt die Schwerindustrie in Papua Neuguinea dar. Über die Meeresströmung durch den Golf von Papua Neuguinea, gelangen Jahr für Jahr tausende Tonnen Schwermetalle wie Blei und Cadmium ins Barriereriff und zerstören viele wichtige Mikroorganismen. Durch die globale Klimaerwärmung kommt das exakt ausgeglichene Ökosystem immer stärker aus dem Gleichgewicht. Die Natur kann sich dabei nicht rasch genug den immer häufigeren Belastungen anpassen. Dadurch, daß der größte Teil des Barriereriffs für Besucher gesperrt ist, will man die Schäden, die durch den Tourismus entstehen, möglichst gering halten. Das Abreißen von Korallenstöcken wird mit empfindlichen Geldstrafen geahndet.
Man bekommt auch von den wenigen zugänglichen Inseln einen so beeindruckenden Einblick in diesen Lebensraum, daß man die gesperrten Zonen gerne den Meeresbewohnern überläßt.
Die Whitsynday's sind auch ein El Dorado für Cluburlauber, die auf sehr schönen Inseln, in ausgedehnten Ferienanlagen, an den zahlreichen Bars und Swimmingpools herumhängen und von professionellen Animateuren und plärrenden Lautsprecherboxen 'künstlich am Leben gehalten werden'.
Dies war der Grund, warum wir sehnsüchtig an unseren Campingbus dachten, der treu im Hafen von Arlie Beach stand und auf unsere Rückkehr wartete. Wieder im Hafen angekommen, ließen wir das Erlebnis 'Barriereriff' bei einem eiskalten Krug 'XXXX' gedanklich noch einmal auf uns einwirken.
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