Die Erzählungen in "Das dreißigste Jahr" drehen sich um das Verhältnis von Ordnung, Sprache und Geschlecht.
In der Literaturkritik wurde hervorgehoben, dass diese Erzählungen sprachlich der Lyrik Bachmanns verwandt seien. "Die Ideen der Autorin sind nicht in episches Material umgesetzt, sondern einem, meist männlichen, Erzähler in den Mund gelegt. Das Anliegen Bachmanns wird von ihren Erzählern stellvertretend formuliert und durchgespielt, eine Schreibweise, mit der sie den Strukturen des traditionellen Erzählens entgehen wollte. Die Erzählungen enthielten "Prozesse, die an Stelle dieser Fabel treten", erklärte sie 1961 ihre Texte. Bachmann wechselt von der Lyrik zur Prosa, um ihren eingezäunten, ästhetischen Ort zu verlassen und den Stoff der Erfahrung in die Literatur einzubringen. Andererseits übernimmt sie in Abgrenzung zur Epik, vor allem zum autobiographischen Erzählen, soweit es als Bericht über persönliche Erlebnisse und Entwicklungen verstanden wird, lyrische Momente in die Prosa."
Die Aufnahme ihrer Prosa wurden durch die Ungleichzeitigkeiten zwischen ihrer literarischen Produktion und den durch die Literaturkritik und die literaturpolitischen Debatten nach 1968 formulieren Rezeptionsmaßstäben weitestgehend blockiert.
Andere Kritiker wiederum waren der Meinung, dass "das Fehlen einer regelrechten Fabel, der hohe, zum Teil elegische Ton sowie die insistente Konzentration Bachmanns auf existentielle Fragestellungen entsprachen in keiner Weise dem herrschenden Zeitgeist der frühen sechziger Jahre, dessen literarischer Kanon sich nun weitgehend an sozialkritischen, weltzugewandten Textsorten orientierte. Spätestens ab 1959, dem Jahr, in dem Johnsons "Mutmaßungen über Jakob" und Grass "Blechtrommel" erschienen, war die Zeit des magischen Realismus ein für alle Mal vorbei. Eine Politisierung der Literatur setzte ein, zu der das Bachmannsche Werk von Anfang an konträr stand." Die Kluft zwischen ihrer eigenen Prosa und der öffentlichen Erwartungshaltung an sie hat die Rezeption über Jahrzehnte geprägt.
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