Das erste echte bürgerliche Trauerspiel, Gotthold Ephraim Lessings "Miß Sara Sampson" (1755), wurde schon lange vorbereitet, vor allem durch die Entwicklung des deutschen Dramas selbst. Auch in der normalen Tragödie fand eine Verbürgerlichung der Helden statt. Sie wurden menschlicher und befaßten sich nicht mehr ausschließlich mit Staatsproblemen. Erleichtert wurde der Übergang durch anti-französische Stücke, die an den Deutschen die bürgerlichen Tugenden verherrlichten. Eine frühe Annäherung an das bürgerliche Drama ist "Cardenio und Celinde" von Andreas Gryphius (1657). Der Autor schrieb selbst, daß die Personen fast zu niedrig für ein Trauerspiel seien und daß die Sprache auch einfach sei.
Jedoch fehlt die bürgerliche Ideologie vollständig. Bei Johann Elias Schlegels "Canut" (1746) ist diese durch die Verurteilung des Heroismus zugunsten der Menschlichkeit, die im Konflikt zwischen dem rücksichtslosen und egozentrischen Feldherren Ulfo und dem humanen und aufgeklärten König Canut auftritt, bereits vorhanden, doch das Drama spielt nicht unter Bürgern. Bei "Rhynsolt und Sapphira" von Christian Leberecht Martini (1755) sind einige Personen bereits bürgerlich und es wird Kritik am höfischen Leben angedeutet, es ist jedoch mehr barock als bürgerlich.
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