In den letzten 200 Jahren hat sich in Deutschland unter anderem gesellschaftlich, kulturell und politisch vieles geändert. Eines der auffälligsten Merkmale ist die Staatsform. Im 19. Jahrhundert herrschte die Monarchie in Deutschland. An oberster Stelle stand der Kaiser. Er war die uneingeschränkt mächtigste Person im Lande und er allein regierte sein Land. Obwohl der Kaiser einen Reichskanzler ernannte, der als solcher nach außen hin das höchste Amt innehatte, besaß dieser faktisch keine Entscheidungsfreiheit, da der Kaiser ihn jederzeit absetzen konnte. Somit, wohl auch um sein Amt nicht zu verlieren, handelte der Reichskanzler stets im Sinne des Kaisers.
Mit der Einführung der Demokratie nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 löste zunächst der Reichspräsident den Kaiser als deutsches Staatsoberhaupt ab. Dieses System wurde jedoch mit dem Dritten Reich gestürzt und nach dem Zweiten Weltkrieg durch eine bis heute gültige, verbesserte Demokratie ersetzt, in der der Bundespräsident das wichtigste Amt innehat.
Man spricht nun auch nicht mehr von verschiedenen sozialen Klassen oder Schichten, sondern von einem Volk. Jeder deutsche Staatsbürger hat die gleichen Rechte und Pflichten und somit auch das Recht, eine Regierung zu wählen, die in seinen Augen das beste politische Konzept zur Stabilisierung und Weiterentwicklung Deutschlands besitzt. Diese Regierung wird alle 4 Jahre neu gewählt. Die vom Volk gewählte Koalition stellt vorher ihre Vertreter für das Bundeskanzleramt vor. Der Bundestag entscheidet, welcher Anwärter für das Amt geeignet ist. Der so vom Bundestag gewählte Anwärter auf das Bundeskanzleramt wird nach der Wahl noch förmlich vom Bundespräsidenten zum Bundeskanzler ernannt. Der Kanzler bestimmt nun die Richtung der Politik in Deutschland und trägt natürlich auch dafür die Verantwortung.
Obwohl der Bundespräsident vom Rang her über dem Kanzler steht, sind seine politischen Aufgaben eher repräsentativ. Er vertritt und repräsentiert das Land nach außen und übt nur einen indirekten Einfluss bei Entscheidungen auf die Politik aus.
Mit der Staatsform hat sich auch die Gesellschaft an sich geändert. Die zuvor in diverse Klassen geteilte Bevölkerung ist über die Jahre immer enger zusammengewachsen. Es wird nicht mehr von einer Arbeiterklasse, dem Klein- und Großbürgertum gesprochen, es ist nun von einem, dem Volk die Rede. Im 19. Jahrhundert konnte man die Klassenunterschiede der Menschen gut an den Arbeitsbereichen, in der die jeweiligen Personen beschäftigt waren, festmachen. Fabrikarbeiter, Kleinproduzenten oder Großunternehmer standen nicht nur für drei völlig unterschiedliche Arbeitsbereiche, sondern teilten die Bevölkerung auch gleich in völlig unterschiedliche soziale Schichten oder Klassen. Jeder aus den unteren Klassen hatte das Bestreben, in eine vermeidlich höhere Klasse zu gelangen, doch kein "Mitglied" aus einer vermeidlich höheren Klasse wollte es zulassen, dass jemand zu ihnen "emporsteigt".
Da wir in unserer heutigen Gesellschaft dieses "Klassensystem" nicht mehr haben, ist dies heute nicht mehr so deutlich zu erkennen wie vor 200 Jahren. Der Unterschied zwischen einem Arbeiter oder Großunternehmer ist zwar immer noch beispielsweise an Statussymbolen wie teuren Autos und Häusern zu erkennen, äußert sich im Alltag jedoch nicht mehr so deutlich wie damals.
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