Rollenbiografie Michael Berg
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Mein Name ist Michael Berg, ich bin 15 und wohne in einem Städtchen am Rhein. Ich bin ein eher durchschnittlicher Junger, war nie besonders gut in der Schule, sah nie besonders gut aus, hatte nie besonders viele Freunde und kam auch bei Mädchen nicht sonderlich gut an. Ich hatte also auch noch nie eine richtige Freundin, weswegen mich meine Kumpels oft ausgelacht haben. Mein Problem war einfach, dass ich viel zu schüchtern bin. Ich trau' es mir eben nicht, einfach auf ein Mädchen zuzugehen und ihr zu sagen, dass sie mir gefällt, oder sie zu fragen, ob wir etwas zusammen unternehmen wollen. Ich habe Angst eine Abfuhr zu bekommen, Angst ich könnte ihren Ansprüchen nicht genügen und vor Allem Angst vor dem Neuen, vor Küssen, Kuscheln, Sex. Ich war ein Mal mit einem Mädchen aus unserer Klasse einen Kaffee trinken. Der Nachmittag mit ihr war sehr lustig und ich konnte auch die ganze Zeit kein Auge von ihr nehmen, doch als wir uns verabschiedeten, wollte sie mich umarmen. Ich bekam Panik, lief weg unter dem Vorwand meine Bahn noch erwischen zu müssen und rief ihr nur noch ein "Tschüß" hinterher. Hinterher hätte ich mich dafür ohrfeigen können, nicht nur, weil sie nichts mehr von mir wissen wollte, auch erzählte sie überall herum ich würde nichts von Mädchen wollen, was innerhalb von einer Woche die ganze Schule wusste. Das ist jetzt zwar schon zwei Jahre her, aber trotzdem verfolgt mich nach wie vor die Angst etwas falsch zu machen, was dann wieder alle erfahren würden.
Als ich krank geworden bin, war ich sehr froh, dass ich eine so große Familie habe. Zwar muss man bei drei Geschwistern ganz schön zurückstecken, aber gerade jetzt kümmern sie und meine Eltern sich ganz besonders um mich und helfen mir wieder gesund zu werden. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Nur leider können sie mir mit der Schule und mit meinen Freunden nicht helfen. Mittlerweile habe ich eigentlich gar keine Freunde mehr, da ich einfach zu lange krank war. Wegen meinem langen Fehlen habe ich auch sehr viel verpasst und werde höchstwahrscheinlich nicht versetzt, was mich zwar ziemlich ärgert, aber so gut wie unumgänglich ist. Es ist einfach zu viel Aufwand alles nachzuholen, auch wenn ich es zumindest versuche, da ich jetzt einen wirklich tollen Anreiz habe.
Dieser Anreiz ist Hanna. Ich lernte sie dank meiner Gelbsucht kennen. Damals unternahm ich einen Spaziergang. Plötzlich wurde mir schlecht und ich übergab mich auf den Gehsteig. Hanna kam zufällig vorbei und half mir mein Erbrochenes wegzumachen. Wenig später ging ich noch einmal zu ihr um mich zu bedanken, was mich wieder ganz schön viel Überwindung gekostet hatte. Sie bat mich in ihre Wohnung und wir unterhielten uns ein wenig. Als ich wieder gehen wollte meinte sie, dass ich doch warten solle, weil sie auch gehen würde und sich nur noch umziehen wolle. Also wartete ich, während sie sich in der Küche umzog, wobei ich sie beobachten konnte, wie sie ihre Strümpfe anzog. Auf der einen Seite war mir das dermaßen peinlich, dass ich sofort weglief, auf der anderen Seite ließ mich dieser Anblick nicht mehr los. In meinen zahllosen Tagen im Krankenbett fantasierte ich, wie es wäre eine Affäre mit ihr zu haben. Ich war neugierig, wie es wäre, mit einer Frau zu schlafen, wollte die Bilder in meinem Kopf real werden lassen, wollte ihren Körper spüren, der mich jede Nacht verfolgte. Doch ich hätte mich nie getraut wirklich etwas zu unternehmen, dass es so weit kommen würde. Trotzdem musste ich sie einfach wiedersehen. Also ging ich zu ihr. Sie bat mich Kohlen aus dem Keller zu holen und als ich fertig war, war ich so verschwitzt und verdreckt, dass sie mir ein Bad einließ. Als ich aus der Wanne stieg und Hanna mich abtrocknen wollte, stand sie nackt vor mir. An dem Tag schliefen wir das erste Mal miteinander. Seitdem bin ich ein anderer Mensch geworden. Meinen Eltern habe ich nichts erzählt, sie würden mich doch gar nicht verstehen. Außerdem würden sie mir dann verbieten mich mit Hanna zu treffen, also bleibt mir ja gar nichts anderes übrig als sie zu belügen, auch wenn mir das selbst nicht sonderlich gefällt. Ich wurde schließlich doch noch versetzt, weil Hanna mich so sehr anspornte, dass ich gar keine andere Wahl hatte als mich richtig reinzuknien. Ich kam dann in eine neue Klasse. Durch den Umgang mit Hanna bin ich Mädchen gegenüber viel lockerer geworden. Hanna gab mir immer ein Gefühl von Bestätigung in dem, was ich tat. Das erleichterte mir den Einstieg in die Klasse ungemein. Ich wurde allgemein viel selbstbewusster, fand schnell neue Freunde und Anschluss im Unterricht. Mittlerweile trifft sich unsere Clique immer nachmittags im Schwimmbad. Leider habe ich dadurch weniger Zeit für Hanna. Ich gehe schon meistens früher aus dem Bad, unter irgendeinem Vorwand, aber ich kann doch meinen Freunden nichts von ihr erzählen. Sie würden das nicht verstehen, nur irgendwelche Gerüchte verbreiten und bald würden es auch meine Eltern mitbekommen. Andererseits beißt mich immer mehr mein schlechtes Gewissen, weil ich Hanna leugne. Keiner weiter weiß über uns Bescheid und das wurmt mich. Ich habe das Gefühl sie zu verraten, kann aber nichts tun, um die Situation zu ändern. Ich will es glaube ich auch gar nicht mehr. Wir haben diese Beziehung jetzt schon recht lange und das wird wohl auch noch eine Weile so weitergehen. Auch wenn ich nicht glaube, dass sie mich wirklich liebt, sind die Treffen mit ihr immer wieder schön, Rituale haben sich eingebürgert und wir sehen uns fast jeden Tag. Ich fühle mich in meiner jetzigen Haut richtig Wohl.
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