Die Rolle der ZEITUNG besteht in dieser Erzählung darin, zu dem Ehrverlust Katharinas beizusteuern. Dies geschieht aus dem Interesse der ZEITUNG, eine möglichst große Bevölkerungsschicht anzusprechen. Um dies zu erreichen müssen Berichte möglichst sensationell erscheinen. Die ZEITUNG schreckt bei der Durchführung dieses Ziels nicht vor der Verfälschung von Informationen zurück. Die negative Umformung von positiver Aussagen zu Katharina ist eine der Verfälschungsmittel des Reporters Tötgens. So wird aus Dr. Blornas aussagen, Katharina sei "eine sehr kluge und kühle Person", zu "eiskalt und berechnend" (Kap.21). Ein weiteres Mittel der Verfälschung sind Zusätze des Reporters zu den erhaltenen Aussagen über Katharina: ihre Wohnung wird zu einem Bandentreff, einem Waffenumschlagplatz (Kap.22). Entlastende Aussagen werden in Artikeln der ZEITUNG verschwiegen. Schlussendlich wertet Tötgens Katharina und ihre Unterstützter ab. Katharina wird als Räuberliebchen und Mörderbraut bezeichnet. Gleichzeitig wird die Gegenseite Katharinas durch Sentimentalitäten aufgewertet. Vor allem Katharinas ehemaliger Ehemann wird in dieser Weise als "redlicher und bescheidener Arbeitsmann" (Kap.23) dargestellt .
Nicht unabsichtlich erscheinen Parallelen zwischen der ZEITUNG und der Bildzeitung. Böll setzt seiner Erzählung eine Klausel voraus, die Parallelen zwischen beiden Blättern als unvermeidlich darstellen:
Personen und Handlung dieser Erzählung sind frei erfunden. Sollten sich bei der Schilderung gewisser jurnalistischer Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken der Bild-Zeitung ergeben haben, so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.
Diese Klausel schlisst zufällige Gemeinsamkeiten beider Zeitungen aus. Vielmehr sind Parallelen die Konsequenz der Beschreibung der Praktiken der ZEITUNG. Böll kritisiert die Vorgehensweise der ZEITUNG in seiner Erzählung "Die verlorene Ehre der Katharina Blum". Um mit dieser Erzählung die Praktiken der Bild- Zeitung kritisieren zu können, müssen gemeinsame Vorgehensweisen beider Zeitungen vorhanden sein. Beide Zeitungen haben ein sehr ähnliches Lay-out: Die Aufmachung der Artikel mittels Photos sowie eingängige Überschriften, die das Interesse des Lesers wecken sollen. Ebenso erscheinen Parallelen zwischen den Sprachen beider Organe. So ist jeweils das Niveau der Sprache der Artikel auf dem Niveau der anzusprechenden Leserschaft. Einfache, plakative Sätze ("Räberliebchen Katharina Blum verweigert Aussage über Herrenbesuche" (Kap.22)) sollen das Interesse der Leserschaft ansprechen.
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