Ptolomäus Philadelphus ist der Prototyp des weltabgewandten Wissenschaftlers im Elfenbeinturm, der Gelehrte in seinem Studienzimmer mit Kerzenlicht, der "nichts in der Welt so" fürchtet und scheut "als die brennenden Sonnenstrahlen des Tages"(S.19). Im Unterschied zu Terpin, aber in bemerkenswerter Nähe zu Balthasar lebt Philadelphus in seinem Studienzimmer in einer eigenen Welt, die kaum noch Berührungspunkte mit der Umwelt kennt. Er lebt in einer Welt des Geistes, des reinen Lehrbuchwissens fern von aller praktischen Realität (z.B. in Form von gewöhnlichen Studenten). Auch für Philadelphus ist Wissen eine Macht, wie -deutlicher noch- bei Terpin, nur dass Macht in seinem Verständnis -er hält sich für einen Weisen (vgl. S. 20)- keine praktische sein muss. Erklärungen geben Philadelphus Sicherheit und Distanz vor Tatsachen/Wunder, die seine positivistische Weltsicht gefährden könnten. Philadelphus sucht jegliches Wunder sofort mit forschendem (vgl. S.10,26) Auge zu entzaubern und kann so stets die Distanz halten, um sein Weltbild zu bewahren, das er um keinen Preis aufgeben würde. Die Trennung in Objekt und Subjekt, wie sie die Wissenschaft allgemein vornimmt, dient also auf weltanschaulicher Ebene dazu, alles, was ausserhalb des eigenen Ichs liegt, diesem gegenüber abzuwerten.
Philadelphus' Selbstbewusstsein gegenüber der Natur scheint so gross zu sein, dass er nur die Phänomene genauer zu untersuchen braucht, von denen er nicht annehmen kann, sie prinzipiell problemlos erklären zu können; die anderen interessieren ihn nicht. Die Natur ist es nicht wert,eingehend studiert zu werden, und ein Bedürfnis, sich selbst regelmässig die eigene Überlegenheit ihr gegenüber zu beweisen, findet sich nicht. Sein Selbstbewusstsein scheint traurigerweise unerschütterlich. Hoffmann's Kommentar zu solch hoffnungslosen Fällen ist klar: "Philister!"(S.21). Bezeichnenderweise ist es Philadelphus' innere Stimme, die diesen Kommentar anbringt: Selbsttäuschung-dies die einzige Hoffnung- ist nie über alle Selbstzweifel erhaben.
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