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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Mozart und die freimaurerei


1. Drama
2. Liebe

S.2 I. Mozarts Leben S.2 II. Mozart und die Freimaurerei (Buchausschnitt)
S.3 III. Was ist die Freimaurerei· Vom Aufbau der Loge / Ortsbeschreibung· Die Freimaurerei· Die Aufnahme· Die Kleidung· Der Meisterschlag
S.5 IV. Die Loge in Wien
S.7 V. Mozart, der Freimaurer· Mozart wird Freimaurer· Mozart und die Loge· Mozarts Logenarbeit· Das Freimaurerpatent und Auflösungserscheinungen· Mozart verläßt die Loge nicht
S.10 VI. Die Zauberflöte - Eine Logenarbeit

S.14 VII. Die Freimaurerei - heute

ANHANG Erläuterungen, Quellen, Zusammenfassung

Ein Referat von Christian Seitz © Christian Seitz in 1996


1. Mozarts Leben
Salzburgs berühmtester Sohn wurde am 27. Januar 1756 in der Getreidegasse geboren, in einem Haus, welches nun ein Mozart-Museum und Mekka für Musikliebhaber aus aller Welt ist.
Der Vater Leopold Mozart, Violinist, Komponist und Vizekapellmeister am Hofe des Fürsterzbischofs von Salzburg, erkannte das Talent seines Knaben ganz früh und tat alles, um es zu fördern. Leopold selbst, der eine über die Grenzen des Landes hinaus bekannte Violinschule verfaßt hatte, war der erste Lehrer des Wunderkindes. Schon im zarten Alter von 4 Jahren spielte Wolfgang Klavier, mit 5 Geige; mit 6 Jahren brachte er seine erste Komposition, ein Menuett, zu Papier und unternahm seine erste Konzertreise, zusammen mit seinem Vater und seiner um 5 Jahre älteren Schwester Nannerl, die ebenfalls musikalisch sehr talentiert war und mit ihrem Brüderchen auftrat.
Weitere Reisen quer durch ganz Europa folgten bald, das virtuose Geschwisterpaar spielte an allen wichtigen Höfen auf und erntete grenzenlose Bewunderung und Begeisterung. Von 1779 bis 1781 war Wolfgang Amadeus Hoforganist im Salzburger Dom, in dem zahlreiche seiner religiösen Kompositionen zum ersten Mal erklangen.
Obwohl Mozart viele Werke in Salzburg komponierte und in den Salons der Aristokratie1 sehr geschätzt wurde, entschloß er sich, seine Heimatstadt zu verlassen. Ursache war der Bruch mit seinem Landesherrn, dem herrischen und kleinlichen Fürsterzbischof Colloredo.
Von 1781 an lebte Mozart in Wien, wo er ein Jahr später Constanze Weber heiratete. In den Wiener Musikakademien, Konzertsälen und Theatern schritt er von einem Triumph zum nächsten, und auch im Ausland bereitete man ihm glänzende Empfänge. Doch erregte sein überwältigender Erfolg auch den Neid von Musikerkollegen, und bald machten ihm hinterhältige Feinde das Leben mit ihren Intrigen schwer. Die Versuche des Genies, anderswo Fuß zu fassen, schlugen fehl. 1787 ernannte ihn Kaiser Joseph II.2 zum kaiserlich-königlichen Kammermusikus. Mozarts Aufgabe war es, Tanzmusik für die Bälle in der Hofburg zu schreiben - ehrenwerte Aufträge bekam er kaum.
Finanzielle Nöte zwangen ihn, immer wieder zu übersiedeln, und zunehmend litt er auch unter Krankheit. Dennoch komponierte er während dieser Zeit großartige Opern und andere Meisterwerke.
Mit letzter Kraft schrieb Mozart ein Requiem - und fühlte, daß es sein eigenes werden würde. Sein Schüler Süßmeyr vollendete es gemäß den Anweisungen des Meisters, der am 5. Dezember 1791 35-jährig verstarb.
In seinem kurzen Leben schuf Mozart nicht nur unvergängliche Melodien, sondern traf auch mit führenden politischen Persönlichkeiten, großen Künstlern und Denkern seiner Zeit zusammen. Er war Richter des päpstlichen Ordens von goldenen Sporn und Freimaurer mit philosophischen Idealen. Eine innige Freundschaft verband ihn mit Joseph Haydn. Die philharmonische Akademie in Bologna nahm ihn als Mitglied auf.

2. Mozart und die Freimaurerei (Buchausschnitt)
"Der Orden ist ein einzigartiges kulturelles, philosophische soziales und politisches Phänomen", so der sachkundige Verfasser, und weiter "ein Mensch kann den Orden verlassen, er kann ihn leugnen, ihn verraten, in sich aber kann er seine Initiation nicht abtöten" (S. 93). Man kann Mozarts Zugehörigkeit zur KK nicht hoch genug einschätzen, auch wenn dies vielfach unerwünscht ist, so wurde doch über eineinhalb Jahrhunderte seine Zugehörigkeit zum Orden ignoriert, banalisiert, verschleiert, verharmlost, verschwiegen. Es wäre natürlich töricht Mozart nur als Freimaurer zu sehen, aber ebenso unehrlich ist es seine Zugehörigkeit nicht in Beziehung zu seinem Leben und zu seinem Werk zu setzen. "Er war vom Grunde seines Herzens und seines Verstandes aus Freimaurer, und das ehrt die Maurerei", wird gewürdigt.


Dem ist wenig hinzuzusetzen. Interessant ist, daß in diesem neueren Werk sogar die Zugehörigkeit der Loge "zur gekrönten Hoffnung" zum Zinnendorfschen System herausgearbeit wird. Mozart war also "nicht nur" Freimaurer im weiteren Sinne, sondern Bruder der Großen Landesloge der Freimaurer! Die Geschichte der Freimaurerei wird am Anfang des Buches mit vielen Strömungen aufgerissen, die merkwürdige Haltung Josephs II. als eines "aufgeklärten Despoten3" beleuchtet. Der Untertitel ist voll gerechtfertigt, Mozart wird in das Umfeld seiner Zeit und seiner Bücher hineingestellt.
Seine Musik wird als Verbundenheit zum Orden gedeutet, zum Teil unter völlig neuen Blickwinkeln, wie die Einbeziehung der drei letzten großen Symphonien. Auch das Requiem wird in einen bisher, zumindest dem Rezensenten4 unbekannten, Kontext gestellt. Das die drei Kreuz-Tonart A-Dur und die drei b Tonart Es-Dur von Mozart, nach seiner Aufnahme, bewußt als freimaurerisch gewählt wurden, weiß man noch, daß er jedoch weiter ging und
F-Dur (mit einem b) dem Lehrlingsgrad und B-Dur (mit zwei b) dem Gesellengrad zuordnet ist zumindest ein interessanter Beitrag. Die maurerische Trauermusik sollte besser maurerische Meistermusik heißen, meint der Verfasser, dem mag man nach Lesen seiner Argumente gerne folgen.
Mit Vorurteilen über Mozarts Tod und seine Beerdigung wird gründlich aufgeräumt, weitergehend als bei Hildesheimer (1). Mythen und Legenden, Irrtümern und Spekulationen, Verleumdungen und Verdächtigungen geht Wagner nach und entkräftet diese. Mozart als Mensch seiner Zeit war gewiß auch kein Kind von Traurigkeit und kein Heiliger, jedoch einer der größten Komponisten aller Zeiten, dessen Musik ohne Freimaurerei nicht in dieser Weise denkbar wäre.
Es gefällt ferner ein ausführliches Literaturverzeichnis, verbunden mit Literaturempfehlungen denen man folgen mag, oder nicht. Weiter wertvoll ist ein Verzeichnis der Musikeinspielungen freimaurerischen Inhalts, wertvoll für jeden der Mozarts Werk liebt. Der komplette Text zu den Maurermusiken rundet das Buch ab. Vorliegender Band ist empfehlenswert für jeden Musikliebhaber.

3. Was ist die Freimaurerei

3 a) Vom Aufbau der Loge/Ortsbeschreibung
Seit 1782 residierten die Freimaurer im Haus des Barons Moser in der Landskrongasse. Sie hatten das ganze erste Stockwerk für den stolzen Preis von 850 Gulden jährlich gemietet. Das Logenlokal teilten sich mehrere Logen, und ebenso hatte jede Loge ihren Anteil an der Miete, den Heizkosten und dem Gehalt der bediensteten Logenbrüder.
Gleich neben dem Eingang befand sich ein kleiner Raum, "gemalt als wie ein Karner", offensichtlich die "dunkle Kammer", die der "Suchende", der in den Orden aufgenommen werden will, als erstes betritt, ein Ort der Selbstbesinnung und der Prüfung, hier wohl schwarz ausstaffiert und mit Skelettmalereien geschmückt.
Das Logenlokal war für alle Gelegenheiten groß genug und zweckmäßig eingerichtet. Am Eingang befanden sich noch zwei Nebenzimmer, sowie eine Bibliothek. Her lagen aber nicht nur freimaurerische Schriften - von denen es in Wien eine Menge gab - aus, sondern auch Literatur aus Politik und Wissenschaft. Gleich neben der Bibliothek lag ein viertes Zimmer, in dem sich unter anderem "3 musikalische Pulte" befanden. Musik spielte bei den Logensitzungen eine große Rolle und man nimmt an das einige der Kompositionen Mozarts für die Loge bestimmt waren. Außerdem gab es noch ein fünftes Zimmer.
Im Zentrum befand sich ein großer Saal, vor dessen Eingang sich jeder in das "Präsenzbuch" eintragen mußte, daß der Bruder Türhüter bereithielt. Wenn man diese "mittlere Kammer" betrat, fiel zunächst einmal seine Größe auf.


105 weiß gestrichene und mit Eisen beschlagene Stühle hatten an den Wänden Platz. Im "Osten" war ein Podium mit drei Stufen, auf dem zwei bedeckte Tische mit jeweils einem dreiarmigen Kerzenleuchter standen. Außerdem lagen dort verschiedene symbolische Gegenstände.


3. b) Die Freimaurerei
Die freimaurerischen Rituale beschreiben in vielfältiger Weise die Reise vom Dunkel ins Licht, eine Wanderung, die den Schrecken des Todes nicht ausspart, sondern zu überwinden trachtet.
Die "Logenbrüder" trafen sich meist einmal wöchentlich, zur Aufnahme und Arbeiten an ihrer Beförderung, aber auch zu festlichen Sitzungen und Konzerten.


3. c) Die Aufnahme
Wer als "Suchender" zur Loge kam hatte schon vorher einen Revers unterschrieben, der so lautete: >

3. d) Die Kleidung
Die Logenbrüder tragen einen weißledernen Maurerschurz, weiße Handschuhe als Zeichen der Reinheit und ihre Abzeichen: einen kleinen elfenbeinernen Schlüssel am Lederband zum Zeichen der Verschwiegenheit, eine kleine Kelle, die mit ihren drei Ecken Weisheit, Schönheit und Stärke versinnbildlicht, und einen fünfzackigen Stern im Strahlenglanz der an die Sonne erinnert, die mit ihren Strahlen die Erde erleuchtet.


3. e) Der Meisterschlag
Wenn die Beförderung zum Meister vorgesehen war, wurde der Logentempel schwarz verhängt, ebenso der Altar. "An der Wand werden im Süden und Norden, so wie hinter dem Altar Totenköpfe angeheftet. In den Ecken der Meistertafel erscheinen statt der 3 Leuchten die 3 Skelette":
Wenn geprüft ist, daß die Loge geschlossen ist, daß kein Fremder sich nähern oder Geheimnisse ausspähen kann, "thut der Meister vom Stuhl zum erstenmal den aus 3 Lehrlingsschlägen bestehenden Meisterschlag auf dem Altar, den die beyden Aufseher auf die Degenknöpfe wiederholen". Nach der Eröffnung der Loge wird "von nun an durchgängig mit etwas leiserer Stimme gesprochen.
Meister vom Stuhl: Meine würdigen Brüder. Welches ist das Zeichen der Meister?
Alle Brüder machen einmal das Meisterzeichen.
1ster Aufseher: Meine würdigen Brüder, helfen sie dem Ehrwürdigen Meister die Loge zu öffnen.
Alle Brüder machen das Meisterzeichen noch zweymal. Sie setzen sich und singen das Lied der Meister um die Mittagsstunde.
Während der ersten Reise
2ter Aufseher beim Totenkopf im Norden: Nur der Thor waffnet sich wider Schrecken des Todes durch Vergessenheit. Unvorgesehen kommt es fürchterlicher.
Während der zweyten
2ter Aufseher im Süden: Frühe Bekanntschaft mit dem Tode ist die beste Schule des Lebens.
Meister vom Stuhl wie oben: Gedenke an den Tod, er ist unausbleiblich.
2ter Aufseher in Norden: Der Gedanke an den Tod ist dem Leidenden Trost, dem Glücklichen ersprießliche Warnung.
Während des dritten:
2ter Aufseher in Süden: Die Reise zum Tode ist eine Reise zum Ziel unserer Vollkommenheit.
Meister vom Stuhl wie oben: Gedenke an den Tod! Vielleicht ist er dir nahe.
2ter Aufseher in Norden: Vor dem Tode mag der schadenfrohe Menschenfeind zittern; denn er ist ihm der Scherge5, der ihn zum Glücksbothe, der ihn einladet, die Früchte seines Edelmuthes ewig zu genießen.
Nach vollendeten Reisen drehen die beyden Aufseher den Gesellen plötzlich so, daß er Sarg und Altar vor Augen hat.
Meister vom Stuhl nach einer Pause: Die Trauer, in die sie unsern Tempel gehüllt sehen, könnte sie befremden. Hören sie die Ursache...


4. Die Loge in Wien
Freimaurerei bedeutet Schulung an sich selbst, praktizierte Humanität und Toleranz und war in Wien nicht grundlos ein Zusammenschluß all jener, die ihre Arbeit im Geiste der Aufklärung verstanden, wie z.B. Wissenschaftler und Künstler, Schriftsteller und Mediziner, aber auch höhere Verwaltungsbeamten.
Doch Logentätigkeit ist kein Glaubensersatz, ist vielmehr Form praktiziertem christlichen Glaubens und ihrem Selbstverständnis nach auch nicht im Widerspruch zur Kirche. So gehörten ihr zahlreiche katholische Priester an, obwohl zwei päpstliche Bullen existierten die die Freimaurerei als Ketzerei verdammten.
In Wien war die erste Loge schon 1742 entstanden. Bis in die siebziger Jahre spielte das Logenwesen keine große Rolle, angesichts der vehementen Anfeindung von Maira Theresia6 kein Wunder. Seit 1776 waren die Wiener Logen als österreichische Provinzialloge zusammengefaßt. Um 1780 wird es in Wien etwa 200 Freimaurer gegeben haben, verteilt auf sechs Logen. Die Freimaurerei wurde durch den Alleinherrscher Joseph II. begünstigt, denn das Reformprogramm des Kaisers korrespondierte in deutlicher Weise mit den Gedanken der humanitären und aufgeklärten Freimaurerei.
Allerdings machten sich auch rosenkreuzlerische Tendenzen breit, was bald zu deutlichen Fraktionierungen führte. Die Rosenkreuzer betrachteten die Freimauererei nur als Vorstufe eine esoterischen Zirkels, der verschiedene Alchemie, Magie und Naturwissenschaft in einer Geheimwissenschaft vereinigte. Die "Asiatischen Brüder" waren sehr auf ihr Oberhaupt Freiherr Heinrich von Ecker und Eckhofen ausgerichtet und nahmen Juden auf.
Außerdem gab es in den verschiedenen Logen Einfluß der Illuminaten7, vor allem aber in der 1781 gegründeten Loge "Zur wahren Eintracht", die die bekannteste Loge Wiens wurde und bis heute fälschlicherweise synonym mit den Wiener Logen gesehen wird. Beherrschende Figur war Ignaz von Born, ein bedeutender Naturwissenschaftler, der unter den Wiener Gelehrten eine große Integrationskraft darstellte und über hervorragende Verbindungen in alle Gesellschaftskreise verfügte. Born wies sich mit einigen scharf gewürzten satirischen Schriften, insbesondere zum Mönchswesen, als ein erklärter Anhänger der josephinischen Reform aus.
Mit der Gründung einer österreichischen Landesloge 1784 bestanden für die Wiener Logen beste Voraussetzungen für eine glänzende Arbeit, zumal die höchsten Staatsbeamten und die überzeugtesten Anhänger der Reformpolitik des Kaisers sich seit Beginn der achtziger Jahre an der Logenarbeit beteiligten. Doch ein Versuch Kaiser Joseph II. selbst für die Freimaurerei zu gewinnen scheiterte.
Im absolutistischen Staat des 18. Jahrhunderts liegt im Bestehen auf einem nach außen gewahrten Geheimnis ein Politikum ersten Ranges. Denn alles gesellschaftliche Handeln bezieht sich letztlich auf den regierenden Fürsten als den obersten Souverän;


entsprechend kann und darf es keine Kräfte geben, die nicht im Herrscher ihren Bezugspunkt haben. Und vor ihm kann also auch kein Geheimnis geduldet werden, kein Sonderinteresse, das sich seinem Machtstrahl zu entziehen versucht. Das Wohl und Wehe jedes einzelnen hängt vom Herrscher ab und Joseph II. war überzeugt, allein dem Allgemeinwohl zu dienen.
Die Freimaurergesellschaften mit ihren verschiedenen Ausprägungen stellten die bekannteste, weitverbreiteste und darüber hinaus sogar international verbundene Geheimorganisation dar, die wegen ihrer allgemein gehaltenen Humanitätsgedanken geradezu wie ein Schwamm ihre Anziehungskraft bei allen kritischen und freigeistigen Intellektuellen dieser Zeit ausüben konnte. Die Logen bildeten so einen Freiraum eigenständiger Art, in dem eine freie Gemeinschaft von Gleichen unter Gleichen agieren konnte. In der Loge galt kein Gesetz als das selbstauferlegte, herrschte die nach außen geschützte freie Rede, auf Reisen bestand eine immer verläßliche Anlaufstelle zu Gleichgesinnten. Die Losung der Französischen Revolution von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit war hier vorweggenommen in einer gewissermaßen exterritorialen8 Kleingesellschaft inmitten jener Gesellschaft des absolutistischen Staates, die nur Herrscher und Untertan kannte. Dabei haben die Logengeheimnisse mit dem Staat oder Fürsten nichts zu tun. Da das freimaurerische Geheimnis nur durch Versprechen der Mitglieder zur Verschwiegenheit geschützt war, war es ein Leichtes an Informationen darüber heranzukommen, z.B. erschien kurzzeitig die Zeitschrift "Der Spion von Wien" mit teilweiser Aufdeckung aller drei Grade.
Allein durch die Verschwiegenheit stellten die Freimaurer so etwas wie einen Staat im Staate dar. Besonders auffällig wird dieser Charakter eines Staates im Staate bei der vollständigen Gleichheit der Freimaurer- "Brüder", der Aufhebung jeder Rang- und Herkunftsunterschiede.
Vor allem die Tätigkeit der Aufklärerlogen, in denen die Suche nach dem Licht in erster Linie das Licht der Aufklärung und der praktischen Vernunft meinte und nicht so sehr die Arbeit mit Symbolen, verknüpfte die Logenarbeit wieder stärker mit dem politischen und gesellschaftlichen Leben. Hierbei ging es vor allem um die Umsetzung von Begriffen wie Humanität, Toleranz, Wohltätigkeit. Für die sehr ehrwürdige Johanis-Loge zur Wahrheit in Wien heißt es als erster Grundsatz: "Die Maurerey in ihrer Verfassung ist eine demokratische Verfassung und jede Loge eine Demokratie." Mit dieser Formulierung wurde zweifellos nicht eine staatsrevolutionäre Tendenz der Loge zu beschreiben versucht, aber doch wird daran sichtbar, wie politische Begriffe in die Freimaurerei Eingang finden.
Ein hochgeachteter Aufklärer war Ignaz von Born, der versuchte Gleichgesinnte um sich zu scharen und damit seinen aufklärerischen Einfluß zu festigen. Er bemühte sich, die Loge "Zur wahren Eintracht" zu einer freimaurerischen Akademie der Wissenschaften und schönen Künste umzugestalten, als Vorläufer oder Ersatz für die geplante, aber bisher noch nicht zustandegekommene kaiserliche Akademie. Bis zu einem gewissen Grade ist es Born auch gelungen. Bei der Gründung (1781) hatte die Loge "Zur wahren Eintracht" 15 Mitglieder, nach zwei Jahren waren es bereits 96, und im Jahre 1785 vereinigte sie 197 Logenbrüder. Sie unterhielt das von Born begründete Naturalienkabinett, eine vor allem naturwissenschaftlich angelegte Bibliothek von 1900 Bänden und gab sogar eine naturwissenschaftliche Zeitschrift heraus, abgesehen von dem Journal für Freymaurer, das die Tendenzen dieser Loge unter den anderen österreichischen Logen zu verbreiten suchte.
Born war nicht nur Meister vom Stuhl seiner Loge, sondern zugleich auch Großsekretär der Landesloge und hatte damit Einfluß auf das Freimaurergeschehen in allen sieben Proviniziallogen oder den gesamten Erblanden. Mit allen Mitteln versuchte er, auf den leitenden Posten solche Freimaurer unterzubringen, die im politischen Bereich die Reformpolitik des Kaisers vertraten. In einigen Fällen wurden die politischen Provinzchefs und Gouverneure zu Provinzialgroßmeistern gemacht, in vielen Fällen erhielten sie die Würde eines Meisters vom Stuhl in ihren Logen.
Da aber nicht genügend Freimaurer für diese Tätigkeit vorhanden waren, war es Borns Vorhaben Regierungsvertreter, bevor sie in ihre Provinz abreisten, schnell noch in die Loge aufzunehmen und gleich zu Meistern zu befördern. Ähnliches galt für Reisende, wenn sie einflußreich zu sein versprachen. Ein Beispiel ist Leopold Mozart, der innerhalb von 16 Tagen aufgenommen und bis zum Meister befördert wurde.
Borns "Personalpolitik" war ganz eindeutig gegen die zur Schwärmerei neigenden Logenbrüder gerichtet und von sehr entschiedenen Vorstellungen über die Aufgaben der Freimaurer geprägt. So sehr mache seiner Einflußnamen bedenklich im Sinne freimaurerischer Zielsetzung sein mußten, so hatte Born der Freimaurerei eine ungeheure Zahl der bedeutendsten Köpfe zugeführt und ihr ein bisher ungekanntes öffentliches Ansehen verschafft.

5. a) Mozart der Freimaurer
Im Dezember 1784 erfolgt Mozarts Aufnahme als "Lehrling" in die Freimaurerloge "Zur Wohltätigkeit"; in der Loge "Zur wahren Eintracht" ist er "besuchender Bruder". Nach einem Monat wird er "Geselle". Seine "Maurerkompositionen" ("Maurerfreude", KV 471, "Gesellenreise" KV 468, das Kantaten-Fragment "Dir, Seele des Weltalls" KV 429 und die "Maurerische Trauermusik") sind seine Beiträge zu bestimmten Logenfeierlichkeiten. Vom Januar 1786 gehört Mozart der Loge "Zur neugekrönten Hoffnung" (später "Gekrönte Hoffnung") an.


5. b) Mozart und die Loge
Kurz nach 18 Uhr ging Mozart über den Bauernmarkt zur Landskrongasse. Gewöhnlich begann die Loge um 18:30 Uhr. Mozart betrat die Loge mit großem Ernst. Er schloß sich der Loge aus der inneren Überzeugung von der "Verbesserung des Menschengeschlechts" durch Selbstvervollkommnung an.

> (4. April 1787)
Am 5. Dezember 1784 war Mozart zum Mitglied der Loge "Zur Wohltätigkeit" vorgeschlagen worden, am 14. Dezember wurde er aufgenommen. Mozarts Zugehörigkeit zur Loge läßt sich schon in seinen Briefen benutzten Anrede ("Verehrungswürdigster Freund und Ordensbruder!", oder in seinen in Freimaurerkreisen üblich gebrauchten Abkürzungen ersehen. Doch die Logenzugehörigkeit Mozarts ist in seinen Briefen wie ausradiert, da unter dem österreichischen Herrscher Franz II. ein strenges System der Verfolgung und Denunziation aller geheimen Gesellschaften etabliert wurde.

5. c) Mozarts Logenarbeit
In Wie gab es zu Mozarts Zeit um 1785 600-800 Freimaurer der dortigen Logen, und sie alle stammten aus einer gutsituierten bürgerlichen Schicht oder aus dem Adel. Mozart war geradezu von ihnen umstellt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Mindestens jeder vierte von den Subskribenten der drei großen Konzerte, die Mozart im März 1784 im Trattnerhof gab, war nachweislich Logenmitglied.


Wenn man daran denkt, daß die Loge "Zur wahren Eintracht" nicht nur eine "Prominentenloge", sondern vor allem die Loge der Gelehrten und Schriftsteller war, der aber auch ein Mann wie Joseph Haydn beigetreten ist, so nimmt es wunder, daß Mozart den Weg in die Loge "Zur Wohltätigkeit" gefunden hat, die von ihrer Zusammensetzung eine sehr viel "einfachere" war. Sie war ebenso wie die Eintracht aus der noch existierenden Loge "Zur gekrönten Hoffnung" hervorgegangen und erst 1783 gegründet worden. 1784 hatte sie 32 Mitglieder. Es gab natürlich unter den Logen viele Querverbindungen. Das fing mit der gemeinsamen Benutzung des Logenlokals an, konnte aber auch dazu führen, daß Mozart seine Beförderung zum Gesellen in der "Eintracht" erlebte. Die Loge hatte im Frühjahr 1784 ihrem Namen Ehre gemacht, indem sie 4184 Gulden (160.000 DM) für die Opfer von Überschwemmungen zusammenbrachte. In ganz Wien war dieses Hilfswerk in aller Munde. Haben solche Beispiele praktischer Humanität Mozart bewogen, in diese und keine andere Loge einzutreten?
Sowenig es einem überlieferten, aber fragwürdigen Bilde Mozarts entsprechen mag, muß doch festgehalten werden, daß wir Mozart immer wieder in unmittelbarer Nähe der wichtigsten politischen Ereignisse sehen. Obschon - im Gegensatz und seinem Vater - von ihm keine dedizierten politischen Kommentare überliefert sind, kann man von Mozart doch als einem aufmerksamen und informierten Beobachter sehen, der sich für politische Vorgänge lebhaft interessiert, in seinen Opern sehr genau und dicht an die dringendsten Zeitfragen sich heranwagte, ganz und gar nicht "überzeitlich" oder "allgemeinmenschlich". Das setzte einen wahren Instinkt für gesellschaftliche Vorgänge voraus, Nähe der Beobachtung und Distanz der Beurteilung.
Mozart hat dies Instinktsicherheit auch bei seiner Logenwahl bewiesen; denn nicht der "Eintracht", wohl aber der "Wohltätigkeit" war es beschieden, die Sturmzeichen nach dem Freimaurerpatent des Kaisers zu überstehen.
Mozart hat mit seinen musikalischen Mitteln die Loge vielfältig unterstützt, die musikalische Ausgestaltung der Sitzungen spielte in den Logen eine große Rolle. So entstand als erstes ein Lied zur "Gesellenreise" (KV 468), kurz darauf folgte eine Kantate zu Ehren Borns (KV 471), die bei einer festlichen Tafelfolge mit 84 Personen (darunter auch Leopold Mozart) aufgeführt wurde. Bezeichnenderweise war der Anlaß naturwissenschaftlicher Art: Born hatte eine neue "Amalgamationsmethode zur Scheidung der Metalle" entwickelt, die die Kosten im Berg- und Hüttenwesen deutlich senkte und von Joseph II. sofort in den Erblanden eingeführt worden war, wobei Born großzügig an den Gewinnen der Fabriken beteiligt wurde. Mozart entwickelte sich bald zu einer Art Hauskomponist seiner Loge. Noch 1785 entstanden mehrere Lieder, im Herbst die Maurerische Trauermusik (KV 477) auf den Tod zweier Logenbrüder für eine Trauerloge, ein anspruchsvolles Werk für eine umfangreiche und höchst differenzierte Besetzung.

5. d) Das Freimaurerpatent und Auflösungserscheinungen
Der große Aufschwung, den die Freimaurerei in Wien seit 1783 genommen hatte war jäh zu Ende, als Mitte Dezember 1785 das berühmte Freimaurerpatent erschien. Es kam wie ein Donnerschlag. Offenbar hatte niemand damit gerechnet, daß der Kaiser, der sich bisher nicht weiter für das Logenwesen interessiert hatte, mit einem Machtwort in das organisatorische Gefüge eingreifen werde. Die darauf folgenden Verordnungen, die polizeiliche Aufsicht über das Logenwesen betreffend, versuchten nicht die Freimaurerei zu verletzen: Sie betrafen nur Dinge des "Versammlungsrechts". Der Kaiser hielt nichts von den Freimaurern, wollte ihnen aber nicht absprechen einiges für Armut und Erziehung geleistet zu haben.


Über den Grund dieser Verfügung wird bis heute gerätselt. Man wird allerdings (wie Helmut Reinalter) den Hauptgrund darin sehen müssen, daß ein Geheimbund mit der absolutistischen Staatsauffassung unvereinbar ist und der Kompromißbereitschaft eines Joseph II. schon gar widersprach. Im übrigen darf auch nicht vergessen werden, daß im Fahrwasser der Freimaurer eine Unzahl anderer, nicht ungefährlicher Gesellschaften segelten.
Die einzelnen Regelungen des Freimaurerpatents verlangten von den Logen folgendes:

1. Nur in Städten mit Regierungsstellen dürfen Logen entstehen, nicht aber auf dem Lande oder auf Adelssitzen.
2. Die Versammlungstermine müssen den Behörden angezeigt werden
3. Mitgliederlisten und Namen der Vorstände müssen jährlich eingereicht werden, Freimaurergrade brauchen nicht genannt zu werden, und jede weitere Ausforschung soll unterbleiben
4. Alle Winkellogen und ähnliche Vereinigungen werden verboten. Außerdem wurde bestimmt, daß an keinem Ort mehr als drei Logen mit höchstens 180 Mitgliedern bestehen sollten.
Die Wiener Logen kamen diesem Edikt in der Weise nach, daß sie sich zu den Logen "Zur Wohltätigkeit" und "Zur neugekrönten Hoffnung" vereinigten. Andere Logen lösten sich ganz auf und die Zahl der Mitglieder in Wien ist von 600-800 auf 400 gefallen. Doch es entstanden z.B. Pläne für ein Museum der Freimaurer und den Ausbau der Bibliothek. Viel läßt sich darüber aber nicht sagen, da das ganze Logenwesen nach dem Freimaurerpatent nur noch höchst unzulänglich dokumentiert ist, da die Logen es in dieser Zeit für besser hielten, ihre Dokumente unter Verschluß zu halten.
Die Loge "Zur Wahrheit", in der zunächst Born noch als Meister vom Stuhl agierte, wurde mit 100 Anwesenden im Januar 1786 neu gegründet. Aber ausgerechnet in ihr, die sich als Aufklärerloge schlechthin vorkam und die ganze gelehrte Prominenz von Wien vereinte, kam es schnell zu Streitereien, die mit der Zeit das ganze Logenwesen hinfällig machten. Es kam zu immer mehr Austritten. 1789 löste sich die Loge formell auf. Mit dem Niedergang dieser Loge sah man den Niedergang der ganzen Freimaurerei in Wien.


5. e) Mozart verläßt die Loge - nicht
Auch Mozarts Loge "Zur neugekrönten Hoffnung" blieb von den Auflösungserscheinungen nicht verschont. Sie war im Januar 1786 mit 116 Mitgliedern gegründet worden. Doch offensichtlich hat diese Loge es verstanden, nach einer Reorganisationsphase sich auf ihre freimauererischen Ziele zu besinnen und ein neues Selbstverständnis zu finden, sowie die Wohltätigkeit wieder zum Ziele ihrer Arbeit gemacht. Andererseits blieb das Faktum bestehen, daß es sich um eine Geheimgesellschaft handelte. Die Loge hielt sich an das Freimaurerpatent, doch hielt sie ihre Briefwechsel, Logenprotokolle usw. so gut verborgen, daß selbst später der Geheimpolizei so gut wie nichts in die Hände kam - und wir über die Einzelheiten ihrer Arbeiten wenig wissen. Ihre Schwesterloge "Zur Wahrheit" hingegen scheint keinerlei Vorsichtsmaßnahmen getroffen zu haben, so daß ihr ganzes Archiv sich in den "Vertraulichen Akten" des Staatsarchivs wiederfindet.
Die Mitgliederstruktur der überlebenden Loge scheint sich stark verändert zu haben. Der Adel zog sich mehr und mehr aus der Loge zurück: die Loge hatte sich verbürgerlicht. Im gleichen Maße war der Anteil der einflußreichen politischen Amtsinhaber zurückgegangen; diese hielten es für mehr opportun9, einer Loge anzugehören. Doch Mozart bekannte sich - obwohl von der Gunst der Kaisers abhängig - zur Freimaurerei. Er war sich entweder des Risikos der kaiserlichen Ungnade bewußt, und bereit es auf sich zu nehmen, oder er schätzte seinen Ruhm und das prinzipielle Wohlwollen Joseph II. ihm gegenüber so hoch ein, daß er glaubte, diese Belastungen bestehen zu können.


Mozart, der nie ein entscheidendes Amt seiner Loge bekleidet hat, war neben dem Buchdrucker Christian Friedrich Wappler der einzige, der der Loge von 1784 - 1791 angehörte. Er scheute sich nicht einmal, selbst den Plan einer Geheimgesellschaft zu entwickeln und niederzuschreiben.
Auch in den Erbländern war durch das Freimaurerpatent die Logenarbeit reorganisiert worden, aber keineswegs eingestellt. So besuchte Mozart z.B. die Loge in Prag. Über Kontakte zu anderen Freimaurern sind so gut wie keine Dokumente vorhanden, doch das Zugehörigkeitsgefühl war für Mozart ungebrochen. Dabei kamen neue Belastungen auf das Freimaurerwesen zu. Der Ausbruch der Französischen Revolution wurde alsbald als große Verschwörung der Freimaurer dargestellt, teils weil man es wirklich glaubte, teils weil es eine bequeme Begründung war für eine Propaganda gegen die, die Menschenliebe und Gerechtigkeit, Gleichheit und Brüderlichkeit, Aufklärung und Freigeist zum Programm ihrer (geheimen) Zusammenkünfte gemacht hatten. In dieser Situation konnten die Gegner der Freimaurer gut ihr Denunziationsgeschäft betreiben. Auf diese Gefahren hin reagierten die Freimaurer mit einem offenen Rückzug und vermieden alles, was als Opposition gegen den Staat hätte aufgefaßt werden können.


6. Die Zauberflöte - eine Logenarbeit?
Im Frühsommer 1791 arbeitet Mozart an der Zauberflöte, seinem Beitrag zur Diskussion um die Freimaurerei und vor dem Hintergrund des Jahres 1791 von eminenter Bedeutung. Denn in dieser Oper wird ein Geheimbund von "Eingeweihten" einerseits einem profanen10 Publikum vorgeführt, andererseits enthält die Darstellung für Logenkenner und Eingeweihte unüberhörbar auch Kritisches zur Maurerei; schließlich wendet sich diese Oper deutlich an das Publikum der Vorstadtheater, an die "kleinen Leute", die ganz andere Erwartungen hatten als das Publikum des Burgtheaters, die ihre Kasperle- und Hanswurstfiguren noch liebten, die den Einsatz der neuesten Theatermaschinen bejubelten, eines Theaters in dem noch Zirkusluft wehte.
Berücksichtigen wir in diesem Zusammenhang nur das Freimaurerische der Handlung, so wird die Aufnahme eines Prinzen gezeigt, der zum Kreis der "Eingeweihten" gehören möchte. Er muß eine Reihe von Prüfungen durchleben und kann sich am Schluß der Oper zu den Priestern des Osiris-und-Isis-Kultes zählen. Die Rituale dieser Einweihung und ein großer Teil der benutzten Symbole gehören der Freimaurerei an.
Weder Mozart noch Schikaneder, der Verfasser des Textbuches der Zauberflöte, haben etwas "verraten", abgesehen davon, das ihre Darstellung der Einweihung Elemente der Wiener Logen aufgreift und sie mit anderen, vornehmlich aus altägyptischen Mysterien und anderen Quellen vermischt.
Möchte denn Prinz Tamino eingeweiht werden? Eindeutig und unzweifelhaft sagt er es an keiner Stelle. Es geht ihm mehr darum, Pamina aus den Händen des "Unmenschen" und "Tyrannen" Sarastro zu befreien, der Pamina aus dem Garten ihrer Mutter geraubt hat. Eine Wandlung Taminos vom Ankläger zum Bewunderer seiner "Weisheit" läßt sich nirgends feststellen: Das sichtbare Ende ihrer Prüfungen kommentieren Tamio und Pamina lediglich mit dem Ausruf "Ihr Götter! Welch ein Glück! Gewährt ist uns Isis´ Glück." Danach begegnet man ihnen im Schlußbild, "In priesterlicher Kleidung" unter den "ägyptischen Priestern" auf beiden Seiten stehend.
Daß Sarastro ein "Tyrann" sei, ein "böser Dämon", erfährt Tamino von den drei Damen. Es klingt sogar plausibel, da Sarastro wirklich Pamina geraubt hat. Eine Erklärung dafür kann nicht einmal der Priester geben, denn "die Zunge bindet Eid und Pflicht!" Erst Sarastro gibt Aufklärung, wenn er zu Pamina über ihre Mutter sagt: "Du würdest um dein Glück gebracht, wenn ich dich in ihren Händen ließe."


Pamina empfindet bis zum Schluß mit keinem Wort Dankbarkeit gegenüber Sarastro, dessen Weisheit sich nur mit Raub und Gewalt durchsetzen kann. Auch Tamino gegenüber verhält sich Sarastro nicht als einfühlsamer Pädagoge, sondern als ein despotischer Erzieher, der die Wege nach seinem Gusto bestimmt. Sarastros Macht hat aber bei den Priestern, die eine demokratische Brüderversammlung darstellen, seine Grenzen. Er muß die Aufnahme Taminos zur Abstimmung stellen:
"Mit reiner Seele erklär ich euch, daß unsere heutige Versammlung eine der wichtigsten unsere Zeit ist. Tamino, ein Königssohn, zwanzig Jahre seines Alters, wandelt an der nördlichen Pforte unseres Tempels und seufzt mit tugendvollem Herzen nach einem Gegenstande, den alle mit Mühe und Fleiß erringen müssen. Kurz, dieser Jüngling will seinen nächtlichen Schleier von sich reißen und ins Heiligtum des größten Lichtes blicken. Diesen Tugendhaften zu bewachen, sei heute eine unserer wichtigsten Pflichten."
Das Tamino ein Königssohn ist, bedeutet allein noch kein Vorzug, mag Sarastro es auch so darstellen. Erst der Besitz dreier wesentlicher Voraussetzungen berechtigt ihn, aufgenommen zu werden: Tugend, Verschwiegenheit und Wohltätigkeit. Und auch dann bleibt der Zweifel eines Priesters:
"Großer Sarastro, deine weisheitsvollen Reden erkennen und bewundern wir; allein wird Tamino auch die harten Prüfungen, so seiner warten, bekämpfen? Verzeih, daß ich so frei bin dir meinen Zweifel zu eröffnen! Mir bangt es um den Jüngling. Wenn nun, im Schmerz dahingesunken, sein Geist ihn verließe und er dem harten Kampf unterläge? Er ist Prinz."
Darauf weiß Sarastro nur zu antworten: "Noch mehr - er ist Mensch!" Sarastro muß seine Hervorhebung des Prinzen zurücknehmen, denn in der Versammlung der Eingeweihten herrscht Gleichheit.
Es ist die wunde Stelle Sarastros, dessen mir viel Baßpathos verkündeten Weisheitsreden so wenig mit seinem Verhalten übereinstimmen. War schon der Raub Paminas fragwürdig, so ist es sein Auftreten erst recht. Er "fährt auf einem Triumphwagen heraus, der von sechs Löwen gezogen wird", Zeichen einer in vollen Zügen genossenen Herrscherwürde. Seine Umgebung besteht aus lauter Sklaven, was meist in den Inszenierungen der Zauberflöte verunklart wird, unter anderem durch die willkürliche Kürzung der gesprochenen Textpartien. Die Sklaven haben sogar eigene Textszenen, die allerdings fast immer weggelassen werden. (Auf dem Plakat der Uraufführung kann man deutlich die rolle eines ersten, zweiten und dritten Sklaven lesen, wogegen die drei Knaben dort nicht aufgeführt waren!) Aber die Sklaven Sarastros sind es nicht allein. Auch seine Willkürherrschaft wird deutlich vorgeführt. Als es Monostatos gelingt, Pamina von ihrer Flucht wieder einzufangen, erhält er zum Dank für seine Wachsamkeit folgende Antwort:
"Sarastro: Verdient, daß man ihr Lorbeer streut. He! Gebt dem Ehrenmann sogleich -
Monostatos: Schon deine Gnade macht mich reich.
Sarastro: Nur siebenundsiebzig Sohlenstreich´.
Monostatos: ach, Herr, den Lohn verhoff´t ich nicht!
Sarastro: Nicht Dank, es ist ja meine Pflicht!"
Ein solcher Zynismus des Herrschers gegenüber den Untergebenen ist natürlich nicht ohne Absicht eingeführt worden. Sarastro mag zu den Eingeweihten gehören, ein Tugendhafter, ein Vorbild an Weisheit ist er deswegen lange nicht, auch er bedarf der Arbeit an sich selbst. Die spätere Arie Sarastros verhält sich zu diesem "Vorkommnis" wie Anspruch und Wirklichkeit. Sie ist pure Ideologie aus seinem Mund; statt so zu künden, hätte er zu handeln:

"In diesen heil´gen Hallen

Kennt man die Rache nicht,
Und ist ein Mensch gefallen,

Führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundes Hand

Vergnügt und froh ins beßre Land.
In diesen heil´gen Mauern,

Wo Mensch den Menschen liebt,
Kann kein Verräter lauern,

Weil man dem Feind vergibt.
Wen solche Lehren nicht erfreun,

Verdient nicht, ein Mensch zu sein."

Implizit ist damit ein weiterer Punkt angesprochen, der einer deutlichen Frauenfeindschaft in dieser Oper. Auch hier muß man betonen, daß sie in erster Linie von Sarastro ausgeht. Seine Begründung für den Raub Paminas lautet abstrakt gesprochen so: "Ein Mann muß eure Herzen leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus seinem Wirkungskreis zu schreiten." Konkreter: "Pamina, das sanfte, tugendhafte Mädchen, haben die Götter dem holden Jüngling bestimmt; dies ist der Grund, warum ich sie der stolzen Mutter entriß. Das Weib dünkt sich groß zu sein, hofft durch Blendwerk und Aberglauben das Volk zu berücken und unsern festen Tempelbau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht." Sarastro befindet sich ja in einer bestimmten Herrschertradition, nicht aber in einer frauenfeindlichen Tradition der Eingeweihten, wie wir aus dem Dialog Paminas mit ihrer Mutter, der Königin der Nacht, erfahren:
"Königin: [...] Liebes Kind, deine Mutter kann dich nicht mehr schützen. Mit deines Vaters Tod ging meine Macht zu Grabe -

Pamina: Mein Vater -
Königin: Übergab freiwillig den siebenfachen Sonnenkreis den Eingeweihten. Diesen mächtigen Sonnenkreis trägt Sarastro auf seiner Brust. Als ich ihn darüber beredete, so sprach er mit gefalteter Stirn: "Weib, meine letzte Stunde ist da - alle Schätze, so ich allein besaß, sind dein und deiner Tochter. Der alles verzehrende Sonnenkreis< - fiel ich ihm hastig in die Rede -> ist den Geweihten bestimmt Sarastro wird ihn so männlich verwalten wie ich bisher. Und nun kein Wort weiter; forsche nicht nach Wesen, die dem weiblichen Geist unbegreiflich sind. Deine Pflicht ist es, dich und deine Tochter der Führung

weiser Männer zu überlassen."
Für die Königin der Nacht besteht daher eine strikte Feindschaft zu den Eingeweihten und Sarastro; Tamino muß sich deshalb zwischen Pamina und den Eingeweihten entscheiden. Pamina hinterfragt jedoch diese deutliche Feindschaft: "Liebe Mutter, dürft´ ich den Jüngling als Eingeweihten den nicht auch so herzlich lieben, wie ich ihn jetzt liebe? Mein Vater selbst war ja mit den weisen Männern verbunden. Er sprach jederzeit mit Entzücken von ihnen,
preiste ihre Güte- ihren Verstand - ihre Tugend."
In der Antwort der Mutter ist nur noch vom Todfeind Sarastro die Rede, ja sie steigert sich in der Rachearie sogar zur Verfluchung ihrer Tochter, wenn diese nicht eigenhändig Sarastro umbringe.
Die Prüfungen Taminos werden von den Eingeweihten vollzogen, bis auf eine, die Sarastro selbst vornimmt. Es ist die, in der Tamino von Pamina Abschied nehmen muß. Diese klare Probe der Enthaltsamkeit von den Frauen gehört allein Sarastro an. Es wirkt wie eine insgeheime Korrektur, wenn die Eingeweihten auch Pamina in den Tempel einziehen lassen, weil auch sie den Tod nicht gescheut hat:
"Froh Hand in Hand in Tempel gehen./ Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut,/ ist würdig

und wird eingeweiht."
Sarastro wird hier ganz eindeutig von den Priestern korrigiert, die den Geschlechtsunterschied unter Menschen in ihrem Kreis aufheben. (Es ist sogar die Frage nach weiblichen Eingeweihten zu stellen, da im Chor eindeutig Sopran- und Altstimmen notiert sind.)
Vor dem Hintergrund des Wiener Freimaurertums, in dem auch sogenannte Adoptionslogen mit gemeinsam arbeitenden Männern und Frauen existierten - ein historisch noch ganz unerforschtes Feld, weil in der Freimaurerforschung heruntergespielt -, stellt sich die Zauberflöte als eine Oper dar, in der die Eingeweihten nicht als monolithischer Block gezeigt werden, sondern als Gruppierung voller Widersprüche, arbeitend ohne jeden Anspruch auf Unfehlbarkeit. Mozart unterstreicht mit musikalischen Mitteln dieses Infragestellen, wenn er z.B. dem Priesterduett "Bewahret euch vor Weibertücken:/ Dies ist des Bundes erste Pflicht!/ Manch weiser Mann ließ sich berücken,/ [...]/ Tod und Verzweiflung war sein Lohn" eine so parodistische Musik unterlegt, daß man nicht weiß, ob die Priester sich lustig machen (z.B. über Sarastro) oder Mozart die Priester karikiert.
Bei genauer Textlektüre - die oft gegen den vordergründigen Sinn des Textes geschriebene Musik fordert geradezu dazu heraus - kann die Vorstellung, Sarastro verkörpere die Welt des Guten, die Königin der Nacht das Böse, so nicht aufrecht erhalten werden. Die Entfesselung der Leidenschaften bis zur Anstiftung zum Mord (Königin der Nacht), Prachtentfaltung, Herrschaftsgelüste und krasse Ungerechtigkeiten (Sarastro), zwei Selbstmordversuche (Papageno, Pamina), Unbeherrschtheit und Schwatzhaftigkeit (Papageno), Frauenverachtung (Sarastro, zwei Priester) - solche Eigenschaften, die durchaus der Läuterung bedürfen, sind auf viele Personen der Oper gleichmäßig verteilt, und ebenso läßt sich von ihnen auch ein Katalog höchst schätzenswerter Charakterzüge zusammenstellen. Es hat seinen Sinn, daß die drei Tempel nicht mit den freimaurerischen Begriffen Schönheit, Stärke, Weisheit überschrieben sind, sondern mit Natur, Vernunft, Weisheit. Sich in diesem Spannungsfeld zurechtfinden, zwischen Natur und Vernunft einen weisen Weg zu finden, das ist eher das freimaurerische Programm dieser Oper als das Vertrauen auf die begrenzte Weisheit des Sarastro. Es scheint als hätten Schikaneder und Mozart der Freimaurerei ins Stammbuch geschrieben, sie solle an Stelle von Selbstgerechtigkeit Bescheidenheit üben, Herrschsucht in den eigenen Reihen bekämpfen, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit lernen und das helle Licht der Aufklärung nicht verlieren, das Vernünftigkeit, Gerechtigkeit und Menschenliebe meinte.
Andererseits bedeutete die Zauberflöte in der konkreten historischen Situation ihres Erscheinens und unter dem Beginn von Verdächtigungen und Verbotsdrohungen nicht nur ein Bekenntnis zur Freimaurerei, sondern auch der Versuch, sie aus dem Kreis völlig falscher Vorstellungen herauszulösen - nicht durch ein geschönertes Bild ihrer Wirklichkeit, sondern mit theatralischen Mitteln, die nicht mal vor Kasperlefiguren haltmachen. Wie die Rezeptionsgeschichte dieser Oper deutlich lehrt, haben die komödiantischen, parodistischen und zauberpossenhaftigen Züge ihre Ernsthaftigkeit keinen Abbruch getan.
Wie ernst sich Mozart mit der Erneuerung der Freimaurerei im Sommer und Herbst 1791 beschäftigte, zeigt, die Zauberflöte ergänzend und ganz für eine Wirkung nach innen bestimmt, die Kleine Freimaurerkantate (KV 623), die als Mozarts letztes in sein Werkverzeichnis eingetragenes Werk so etwas wie ein Vermächtnis darstellt. Auch diese Kantate hat Schikaneder zum Verfasser, der ja seit 1788 selbst Freimaurer war. Sie wurde zur Einweihung eines Logentempels von Mozarts Loge "Zur neugekrönten Hoffnung" geschrieben und bei dieser Gelegenheit am 18. November von Mozart selbst dirigiert. Es war sein letztes Auftreten vor seinem plötzlichen Tod zwei Wochen später. Fast wie ein Kommentar zum grandiosen Gepränge von Sarastros Welt hört man in einer Tenorarie die folgenden Worte:

"Dieser Gottheit Allmacht
ruhet nicht auf Lärmen, Pracht und Saus,

nein, im Stillen wiegt und spendet
sie der Menschheit Segen aus.

Stille Gottheit, deinem Bilde
Huldigt ganz des Maurers Brust,

denn du wärmst mit Sonnenmilde
stets sein Herz in süßer Lust."

Die Turbulenzen und Streitereien in den Logen nach dem Freimaurerpatent werden diskutiert und man beschließt mit dem neuen Logenlokal zugleich einen neuen Anfang zu machen. "Wohlan ihr Brüder, überlaßt euch ganz der Seligkeit eurer Empfindungen, da ihr nie, daß ihr Maurer seid, vergeßt. Diese heutige Feier sei ein Denkmal des wieder neu und festgeschloßnen Bundes [...]" Die Logenarbeit als eine ständige Arbeit an sich selbst kennt keine endlich erreichte Vollkommenheit.
Jedoch ist die Freimaurerei nicht mehr zu retten. Nach dem plötzlichen Tod Leopolds II. (1792) wurde dessen Sohn Franz Nachfolger auf dem Habsburger Thron, der ein Regime der Verfolgung aller freigeistigen, aufklärerischen und fortschrittlichen Ideen einleitete, der in allem nur Keim des Aufstandes, des Umsturzes der Revolution erblickte. Die Loge "Zur neugekrönten Hoffnung" stellte am 2. Dezember 1793 durch ein Schreiben an den Kaiser ihre Arbeit ein, weil ihre Aufgabe nicht mehr erfüllbar sei, "verkannt, erschwert und angefochten" werde und es "immer unmöglicher wird, den schönen Zweck der Freymaurerei mit jener umwölkten Heiterkeit des Geistes die zum segenvollen Anbaue notwendig ist, und in dem Umfange zu erreichen, als es die Regel des Institutes, das Beste des Staates und der Menschheit, und die eigene Zufriedenheit der Arbeiter fordert."

 
 

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