Lessing behandelt mit diesem Stück ein Thema das immer aktuell war und es wahrscheinlich immer bleiben wird, nämlich Probleme zwischen Mann und Frau. Dennoch unterscheiden sich die Probleme von Minna und Tellheim von einer gewöhnlichen Beziehung, da wir es mit zwei besonderen Menschen zu tun haben. Es handelt sich um einen Konflikt zwischen Ehre und Liebe.
Tellheim hat seine Soldatenehre verloren und fühlt sich nun zu nichts mehr fähig. Er hat nichts und sein soziales Ansehen ist geschwächt. Natürlich handelt Tellheim verantwortungsbewußt, wenn er der jungen Dame die Existenz an der Seite eines gescheiterten Berufsmilitärs nicht zumuten mag. Ein weniger guter Charakter könnte sich ja um das Glück der Braut nicht scheren und sich durch die Heirat zu sanieren versuchen. Man versteht, daß Minna gute Gründe hat, an diesem Mann interessiert zu sein. Aber Tellheim ist zugleich in einer Lebenskrise. Der ungerechte Vorwurf der Bestechung hat nämlich die problematische Fixierung auf die Frage seiner Ehre offengelegt. Sein Denk- und Fühlvermögen ist so reduziert und er ist so verwirrt, daß er denkt, Minna nicht heiraten zu können. Weil er dieser Verwirrung unterliegt, weist er Minna zurück und beleidigt sie sogar. Minna bemüht sich dagegen beharrlich, Alternativen anzubieten, die es ihm erlauben sollen, auch dem Bereich der privaten Beziehung in angemessener Weise gerecht zu werden. Minna versucht mit Vernunft und aus Liebe, ihn aus seiner Verirrung zu reißen. Sie ermöglicht ihm eine vernünftige Gewichtung der wichtigen Elemente in seinem Leben. Sie lehrt ihn, die Ehre zumindestens so weit zu relativieren, daß sie der Liebe und dem Glück zweier Menschen nicht von vornherein im Wege stehen kann. Indem sie ihre Enterbung vorgibt, hilft sie ihm, die psychische Krisensituation, in der er sich befindet, in einem Akt der Radikalisierung dadurch zu verarbeiten, daß er sich von seinem zuvor absolut gesetzten und zugleich weitgehend fremdbestimmten Bezugsystem distanziert - ihn also durch ihren Trick zwingt, seine passive Haltung aufzugeben und wieder die Initiative zu ergreifen.
Dennoch gibt es hier zwei Interpretationsansichten: Die eine Theorie behauptet, Tellheim würde sich nicht ändern, keine Charakterentwicklung durchmachen und seinen Ehrstandpunkt behalten. Deswegen kommt es zu einem Deus-ex-machina-Schluß, als das rehabilitierende Handschreiben des Königs eingereicht wird. Eine andere Theorie besagt, daß Tellheim sehr wohl eine durch Minna erfolgte Korrektur und einen Aufklärungs-, Lern- und Emanzipationsprozeß vollzieht. Er befreit sich von seinem bisher ausschließlich an König, Adelstand und Militärkarriere orientiertem Denken. Insofern kann man sagen daß Minna Tellheim erfolgreich geheilt hat und das dieser nun versteht, wie man mit Liebe und Ehre umgeht.
Mit diesem Stück zeigt Lessing seinem Publikum zwei Dinge über die er sich lustig macht:
1. Die übertriebene Soldatenehre der gedrillten preußischen Soldaten die zu der Zeit des Sieben jährigen Krieges nichts als den Sieg des Königs und ihres Landes im Kopf hatten.
2. Die Konflikte zwischen Mann und Frau die in gewissen maßen daraus resultieren.
Ebenso stellt Lessing eine emanzipierte Frau vor, Minna die stärker ist als der Major Tellheim.
Ich glaube man könnte darüber streiten, ob es mehr ein Minna - oder ein Tellheimstück ist und ob der Titel gerechtfertigt ist. Die Geschichte dreht sich ja mehr um die Probleme von Tellheim und dieser kommt auch öfter vor. So gesehen wäre Minna eine wichtige Nebenfigur, aber nicht die Hauptrolle. Andererseits heilt sie ihn von seinen Zwängen und vielleicht symbolisiert der Titel den Triumph der Frau.
Meine Meinung.
Ich habe das Buch zwei mal gelesen und beim ersten mal habe ich mich gefragt was dieses komische hin und her soll, und wo der Humor in diesem Stück liegt. Erst beim zweiten mal wurde mir klar um was es wirklich in dem Stück geht und es hat mich auch zum Teil richtig amüsiert: Es gibt ausgesprochen lustige Passagen, die Geschichte allein ist lustig z.B., daß die zwei verlobten sich im selben Wirtshaus einquartiert haben ohne es am Anfang zu merken und zu Guter Letzt ist es relativ leicht zu lesen, was mir bei einem Buch wichtig ist. Außerdem hat mir am Anfang am Ende weniger die Person von Tellheim sehr gefallen. Ich habe Euch ja vorher von den zwei Interpretations Theorien gesprochen und ich denke persönlich an den Deus-ex-machina-Schluß, da ich glaube, daß sich Tellheim keineswegs von Minna hat beeinflussen lassen und hat sie nur geheiratet als er von der Rehabilitierung des Königs erfuhr. Mir hat das Stück also gut gefallen, obwohl ich kein großer Anhänger von solchen Geschichten bin und deswegen kann ich es Euch nur weiterempfehlen.
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