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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Inhaltsangabe jugend ohne gott


1. Drama
2. Liebe

Hauptfigur des Romans und zugleich Ich-Erzähler ist ein 34jähriger Lehrer, der in einem autoritären Staat lebt und arbeitet. Er unterrichtet in einem Gymnasium Geschichte und Geographie. Obwohl er jede als oppositionell deutbare Handlung oder Äußerung zu vermeiden sucht, gerät er durch seine Bemerkung im Unterricht, auch die Neger seien Menschen - eine Bemerkung, die zeigt, dass er in seinem Denken an fundamentalen humanen Grundsätzen festhält - in Konflikt mit seinen Schülern und deren Eltern, die Anhänger des herrschenden rassistischen und militaristischen Regimes sind.
Auf Anordnung der Schulbehörde begleitet er seine Schüler zu einem Zeltlager, das der vormilitärischen Ausbildung dient. Während des Zeltlagers lernt der Schüler Z ein verwahrlostes Mädchen kennen und geht ein Liebesverhältnis mit ihr ein. Der Lehrer erfährt davon, als er heimlich Z´s Tagebuch liest. Er beobachtet die beiden bei einer nächtlichen Zusammenkunft, greift aber nicht ein. Z hat festgestellt, dass jemand in seine Geheimnisse eingedrungen ist. Sein Verdacht fällt, da der Lehrer schweigt, auf den Mitschüler N. Dieser Schüler kehrt von einem Marsch der Klasse nicht zurück. Als er ermordet aufgefunden wird, bekennt Z sich schuldig, ihn erschlagen zu haben. Der Lehrer ist überzeugt, an dem Mord mitschuldig zu sein. Unter dem Eindruck einer Gottesvision entschließt er sich, seine Mitwisserschaft zu bekennen, obwohl er weiß, dass ihn diese Aussage seine Stellung kosten wird. Daraufhin bricht auch das Mädchen sein bisher gewahrtes Schweigen und berichtet, dass ein ihm unbekannter Junge den Mord begangen habe. Die Mordanklage gegen Z wird fallengelassen, das Mädchen aber, das Z durch sein Geständnis hatte decken wollen, gilt nun als die Schuldige. Der Lehrer ist jedoch überzeugt, dass es die Wahrheit sagt, und versucht, den Mörder ausfindig zu machen. Er verdächtigt den Schüler T, auf den die Beschreibung des Mädchens passt. Er findet Kontakt zu einer Gruppe oppositioneller Jugendlicher, die ihn bei seinen Bemühungen unterstützen, T zu überführen. Sie stellen T eine Falle, der er aber entgeht. Doch wird der Mordfall schließlich aufgeklärt, als T, der glaubt, seine Schuld sei entdeckt, die Tat eingesteht und sich das Leben nimmt. Der Roman schließt mit dem Abschied des Lehrers, der eine neue Aufgabe in einer Missionsschule in Afrika gefunden hat.
Die äußere Handlung gipfelt im Mord an N, nimmt eine überraschende Wendung, als sich die Unschuld des Z herausstellt, und erreicht einen weiteren Höhepunkt mit dem Geständnis und dem Selbstmord des T. Hier finden sich Elemente des Kriminalromans.
In der inneren Handlung bildet nicht der Mord und das Geständnis des Täters den Höhepunkt, sondern der Entschluss des Lehrers, die Wahrheit zu sagen. Das ist der eigentliche Wendepunkt und das Zentrum des Romans: es ist die Wandlung eines Mitläufers, der in einer Entscheidungssituation seinen Opportunismus überwindet, zum Kämpfer für Wahrheit und Gerechtigkeit.
Personen: 2 Lehrergestalten. Soziale Schichten: Gro߬bürger, Kleinbürger, Kinder, Außenseiter. In erster Linie Darstellung der sozialen Schichten und der Frauenfiguren.
Motive: Fisch, Kinder, die anderen Augen. Gegenstände.
Sprache: Bild, Vergleich, Metapher. Vokabular aus dem Bereich faschistischer Sprache. Umgangs¬sprache: nie Dialekt. Ziel Horváths: Demas¬kierung des Bewusstseins des Kleinbürgertums.

Artikel aus: "Wilpert, Werklexikon"
Jugend ohne Gott. Roman von Ödön von Horváth. Entstanden 1937; Erstausgabe Amsterdam 1938.
Thema des zeitkritischen Romans ist der Mensch im totalitären Staat. Im Mittelpunkt steht als Ich-Erzähler ein Lehrer, der, obwohl nicht einverstanden mit den Werten der herrschenden Faschisten, anfangs aus ökonomischen Gründen ein (wenn auch nicht enthusiastischer) Mitläufer des Regimes ist. Im Verlauf einer Kriminalgeschichte unter Jugendlichen wird ihm bewusst, wie die Erziehung der Schüler zum Militarismus nur zu Kälte, Mangel an Toleranz und Gottlosigkeit führt. Mit Hilfe zweier Außenseiter der Gesellschaft findet er zu moralischer Verantwortung, Wahrheit und Gott zurück. Horváths Lehrer registriert in der manchmal unpathetischen alltäglichen Sprache seiner Aufzeichnungen die Verdummung und Verrohung der Jugend durch ein amoralisches Regime. Indem der Roman eine ausdrückliche Identifizierung dieses Regimes vermeidet, gewinnt er - über das Zeitgebundene hinaus - Gültigkeit für alle totalitären Staaten.
Aus: Franz Theodor Csokor: Zeuge einer Zeit. Langen Müller 1964. S.194:
(Aus dem "Brief in die Ewigkeit" vom 13. Juni 1938 an den tödlich Verunglückten Ödön von Horváth)
"Aber gerade Du [Horváth] hast uns in Deinem Buch "Jugend ohne Gott" [...] einen Helden gezeigt, der diese unsere Zeit überwindet. Sie wird ihm gegenstandslos vor einer höheren Erkenntnis.

Diese Erkenntnis heißt: Gott!
Dein Held ist ein schwacher schuldiger Mensch, ein "Jedermann" von heute - aber alle Angst und Mangelhaftigkeit der Kreatur besiegt er nach seiner Erkenntnis des Göttlichen, die ihn in einer Szene voll unvergesslicher Eindringlichkeit überwältigt, in einer Szene, in die nichts mehr von Politik hereindringt, sondern darin einzig die menschliche Bereitschaft herrscht, die Erkenntnis zu erleiden.
Du hast auf Deine Weise durch dieses Dein Werk Gott gesehen. Wer aber Gott sieht - stirbt."
Aus: Ödön von Horváth- Ein Lesebuch. S. 280. (T. Krischke, Mutmaßungen über Ödön von Horváth:)

"1937.
[...] Im Gasthof Bräu in Henndorf bewohnt Ödön von Horváth ein kleines Zimmer. In der Gaststube trinkt er bis spät in die Nacht, schläft lange, nachmittags arbeitet er, manchmal auch nachts, während er weitertrinkt.

Der Roman >Jugend ohne Gott< entsteht."
Aus: Carl Zuckmayer: Henndorfer Pastorale. dtv 1036. S. 44:
"Am selben Tisch schrieb später unser Freund, Ödön von Horváth, seinen Roman `Jugend ohne Gott´ [1937]. Als mein Gast war er zum ersten Mal nach Henndorf gekommen, und war dann, in den Zeiten seiner Heimatlosigkeit, hier geblieben, bis zu jenem grausam-strahlenden Frühling von 1938, in dem er und wir fortmussten. Damals wussten nur wir, und einige andere Freunde, dass er, der mit 36 Jahren sterben sollte, ein großer Dichter war, heute weiß es die Welt."
Aus: Materialien zu Ödön von Horváth. Hrsg. T. Krischke. edition Suhrkamp 436. 1970. S. 193:
"Ödön von Horváth: Ich hab das Buch jetzt nochmal so für mich gelesen, und ich kann mir nicht helfen: mir gfallts auch! - Es ist mir dabei noch etwas aufgefallen, nämlich: dass ich, ohne Absicht, auch zum erstenmal den sozusagen faschistischen Menschen (in Person des Leh¬rers) geschildert habe, an dem die Zweifel nagen - oder besser gesagt: den Menschen im faschistischen Staate.

 
 

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