Frühlings Erwachen - damit ist die aufbrechende Sexualität unter Jugendlichen gemeint. Sie leiden unter der Dressur der Schule im Obrigkeitsstaat Wilhelms II., sie revoltieren gegen die Prüderie im Elternhaus, sie quälen sich mit den immer gleichen Fragen und Nöten herum, verheddern sich, abgewiesen von der Elterngeneration, in Schuldkomplexe und Verdrängungen. Die 14jährige Wendla Bergmann will endlich von ihrer Mutter aufgeklärt werden: »Du kannst doch im Ernst nicht verlangen, daß ich bei meinen 14 Jahren noch an den Storch glaube.« Geniert weicht Frau Bergmann aus, wimmelt die Fragen der Tochter ab. Auch die Gymnasiasten Melchior Gabor und Moritz Stiefel versuchen den Tabus um Zeugung und Geburt auf die Spur zu kommen. Melchior, der bei seiner liberalen Mutter einigen Rückhalt hat, verfaßt für seinen Freund eine Aufklärungsschrift »Der Beischlaf«. Moritz, verträumt und ängstlich, durchdrungen von selbstzerstörerischer Besessenheit, wird noch mehr verunsichert. Er versagt in der Schule, überläßt sich seinen Obsessionen, träumt davon, in Amerika unterzutauchen vor dem Druck der Umwelt, jagt sich schließlich eine Kugel durch den Kopf. Auch die lebensfrohe Ilse, die von den Bürgern zwar als verworfenes Geschöpf gebrandmarkt ist, aber in ihrer Welt der Kneipen und Künstler ihre Lebens- und Liebeslust frei ausleben kann, vermag Moritz nicht aus seinen Ängsten zu retten.
Melchior und Wendla entdecken beim heimlichen Stelldichein auf dem Heuboden die Liebe. Wendla erwartet ein Kind. Um den Skandal zu vertuschen, redet die Mutter dem Mädchen ein, es habe die »Bleichsucht«. Sie stirbt durch eine verpfuschte Abtreibung, die ihre Mutter aus Furcht vor der Schande arrangiert hat. Da Melchior inzwischen als der Verfasser der Schrift entdeckt wurde, wird er von seinen Eltern in eine Besserungsanstalt eingewiesen, der Vater sieht ihn als »im innersten Kern seines Wesens angefault«. Die Lehrerkonferenz - ein Bestiarium aus grotesken Figuren, versehen mit hämischen Namen wie Sonnenstich, Hungergurt, Affenschmalz - hat nach dem Schülerselbstmord nur die eine Sorge, ob die Lehrer durch »ein hohes Kultusministerium für das hereingebrochene Unglück« zur Verantwortung gezogen werden. Sie machen Melchior zum Sündenbock. - FILM - Melchior flüchtet aus der Anstalt und versteckt sich nachts auf dem Friedhof zwischen den frischen Gräbern von Wendla und Moritz. In gespenstischer Vision erscheint ihm sein toter Freund. Er trägt den Kopf unterm Arm und will Melchior bewegen, ihm zu folgen. Da tritt ein vermummter Herr in elegantem Abendanzug und Zylinder dazwischen - die Verkörperung des Lebens - und nimmt den Jungen mit sich in die Welt der Lebenden zurück.
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