Am 10. Februar 1898 wird Bertolt (eigentlich Bertold Eugen) Brecht In
Augsburg geboren. Sein Vater, der kaufmännische Angestellte Bertold
Friedrich Brecht (1869-1939) und die Mutter Sofie, gebore-ne Brenzing
(1871-1920) gehören zum angesehenen Bürgertum der Stadt. Nach dem Besuch der
Volksschule tritt Bertolt 1908 in die erste Klasse des Augsburger
Königlichen Bayerischen Realgymnasiums ein; sein Freund Caspar Neher
(1897-1962), der spä-ter als Bühnenbildner berühmt wird, besucht die selbe
Schule.
Als Gymnasiast schreibt Brecht die ersten provozierenden Gedichte, in der
eine Opposition gegen die herrschende Moral seiner bür-gerlichen Umgebung
deutlich wird. Es entsteht sein erstes Drama \"Die Bibel\". Bei Ausbruch des
Ersten Weltkrieges lassen sich Brecht und seine Freunde zuerst von der
allgemeinen nationalen Begeisterung anstecken; als die ersten Berichte von
den schreck-lichen Ereignissen an der Front eintreffen, distanziert sich
Brecht von jeder Kriegsbegeisterung.
Über seine Schulzeit schreibt er später an Herbert Ihering: \"Während meines
9jährigen Eingewecktseins in einem Augsburger Realgymnasiums gelang es mir
nicht, meine Lehrer wesentlich zu för-dern.\" (Sinn und Form 1958, H.1,
S.31).
Kurz vor Ostern 1917 legt Brecht das \"Notabitur\" ab und immatrikuliert sich
Ende des Jahres an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Jetzt reist
er zwischen München und Augsburg hin und her; gemeinsam mit Freunden werden
die Theaterereignisse in bei-den Städten aufmerksam verfolgt Im
Sommersemester beginnt Brecht mit dem Medizinstudium, wird aber als
Sanitätssoldat eingezogen und erlebt das Kriegsende in einem Augsburger
Lazarett. Während der revolutionären Unruhen nach Auflösung des Kaiserreichs
engagieren sich Brecht und Neher im Münchener Kulturle-ben. Brechts Stück
\"Baal\" wird fertig. Im \"Baal\" deutet sich die Auseinandersetzung mit der
bürgerlichen Moral erstmals an; der Held des Stücks bricht aus der
bürgerlichen Gesellschaft aus und wird asozial. Er stirbt, weil er als
Individuum in einer asozialen Ge-sellschaft nicht leben kann. 1919 wird
Brechts erster Sohn Frank geboren; Mutter ist seine Ju-gendfreundin Paula
(\"Bie\") Banholzer. Brecht sucht Kontakte mit Theatern und Verlegern und
verfaßt Theaterkritiken für die USPD-Zeitung \"Volkswille\". Da er kaum noch
an Vorlesungen teilnimmt, wird er 1921 exmatrikuliert. Im No-vember fährt er
nach Berlin und versucht auch dort, einen Theater-Vertrag zu bekommen; seine
finanzielle Lage ist hoffnungslos; Brecht wird wegen Unterernährung in die
Charitè eingeliefert. Der Verleger Kiepenheuer veröffentlicht den Baal\" in
einer Auflage von 800 Exemplaren. Endlich gelingt es Brecht an den Münchner
Kammerspielen einen Vertrag als Dramaturg abzuschließen. Es entsteht ein
zweites Stück, \"Trommeln in der Nacht\", in dem sich Brecht mit dem
revolutionären Kampf der Spartakisten be-schäftigt.
1920 ist die Mutter gestorben und zwei Jahre später heiratet Brecht die
Sängerin Marianne Zoff. Für das Stück \"Trommeln in der Nacht\" wird ihm der
Kleist-Preis durch Herbert Ihering verliehen. Brecht lernt den damals schon
bekannten Schriftsteller Lion Feuchtwan-ger (1884-1954) kennen, mit dem er
später oft zusammenarbeitet. Feuchtwanger zeigt sich begeistert von dem
jungen Autor. Ange-regt durch Karl Valentin entstehen mehrere Einakter. In
München wird \"Trommeln in der Nacht\" uraufgeführt; dabei werden erstmals
Mittel der Verfremdung auf der Bühne eingesetzt; die Fabel des Stücks
widerspricht der Erwartung der Zuschauer. Statt revolutio-näres Engagement
zu beweisen, bleibt der Held, ein aus dem Krieg heimgekehrter Soldat, im
bürgerlichen Millieu und schläft mit sei-ner \"beschädigten\" Braut, während
draußen um die politische Zu-kunft Deutschlands gekämpft wird. Die
Uraufführung von \"Im Dickicht\" (späterer Titel \"Im Dickicht der Städte\") am
Münchener Residenztheater löst Proteste aus; das Stück wird vom Spielplan
abgesetzt. Schauplatz ist die amerikanische Stadt Chicago, die als Kulisse
für die Darstellung der Einsamkeit des Menschen in der Großstadt dient. 1923
wird Hanne. Tochter Brechts und Marianne Zoffs geboren, die sich später
unter dem Namen Hanne Hiob einen Namen als Schauspielerin macht. 1924 wird
in München das \"Le-ben Eduard des Zweiten von England\" aufgeführt, das
Brecht ge-meinsam mit Lion Feuchtwanger übersetzt hat. Mit dieser
Mar-lowe-Bearbeitung sollte die erstarrte Shakespeare-Tradition auf
deutschen Bühnen gebrochen werden.
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