Mein Name ist Orsina und ich rühme mich mit dem Titel einer Gräfin. Ich bin wohlhabend und versuche meinen Reichtum zu präsentieren, denn Frau zeigt schließlich gerne was sie hat. Die meiste und liebste Zeit habe ich bisher in Guastella am Hof verbracht, wo ich in der Nähe meines Geliebten, dem Prinzen Hettore Gonzaga, sein konnte. Eigentlich hat mich ja nur der Ehrgeiz in die Nähe des Prinzen gebracht, allerdings habe ich ihn so fasziniert, dass seine Leidenschaft auf mich übergesprungen war und ich zu seiner Geliebten wurde. Ich wusste wohl bescheid über die Pflichtheirat mit der Prinzessin von Massa, die der Prinz eingehen sollte, um eine Verbindung mit dem anderen Herzogtum herzustellen und war mir der Risiken dieser Liaison von Anfang an bewusst, doch dass er mir in letzter Zeit keine Aufmerksamkeit mehr zukommen ließ enttäuschte mich zutiefst. Ich bin Orsina, eine schöne, intelligente, starke und leidenschaftliche Frau und verdiene es nicht gegen den Kopf gestoßen zu werden, denn Gleichgültigkeit hat für mich den gleichen Stellenwert wie der Tod.
Vielen Männern bin ich nie gleichgültig gewesen, denn ich genieße ihre Blicke und weiß meinen Scharm wohl einzusetzen. Die Regeln des Hofes habe ich längst durchschaut, allerdings bin ich keine Frau, die mit sich spielen lässt, denn Frauen, die Objekte männlichen Begehrens sind, sind in der Gesellschaft stark gefährdet. Ich meinerseits brauchte mich vor den Männern am Hofe nie zu fürchten, sie waren mir sowieso unterlegen und ängstigten sich eher vor meiner Persönlichkeit. Marinelli z.B. hat sich vor mir schon kleine gemacht, als er erkannte, dass ich eine Philosophin bin.
Eigentlich wollte ich dies nie öffentlich Kund tun, allerdings lässt sich meine Offenheit schlecht verbergen. Eine Philosophin zu sein gehört sich nicht für eine Frau und schon gar nicht Redegewandtheit oder Intelligenz, denn das männliche Geschlecht soll klar die starke Position darstellen und die Frau hat sich zu fügen. "Wie kann ein Mann ein Ding lieben, das, ihm zum Trotze, auch denken will? Ein Frauenzimmer, das denket, ist ebenso Ekel als ein Mann, der sich schminket. Lachen soll es, nichts als lachen, um immerdar den gestrengen Herrn der Schöpfung bei guter Laune zu erhalten\" (IV./3., S.
61). Aber ich lasse diese Position nicht für meine Wenigkeit gelten, denn ich bin schließlich eine Gräfin und habe Verstand. Obwohl ich eine Adelige bin, weiß ich meine Zunge gezielt einzusetzen, was den Männern stark missfällt und sie mir den Ruf einer Närrin angehängt haben. Dies allerdings ist nur eine Reaktion auf ihre Angst vor Kränkungen meinerseits. Bisher habe ich mir mein Ansehen durch die Zuwendung des mächtigsten Mannes Guastellas angeeignet, sowie meine weitreichende Freiheit, allerdings muss ich um diese nun bangen, da der Prinz mich nicht mehr liebt. Die Verachtung die er mir schenkte, ist jedoch unvertretbar.
Seine Leidenschaft macht mich fast blind vor Liebe, was ich nie zuvor von mir gedacht hätte, denn es zeigt ein Stück weibliche Schwäche. Ich kämpfte um den Status der Gelibeten, denn ich wusste, dass ich mein Ansehen und meine Freiheit verlieren könnte und zum Spott aller Männer werden würde. Die anderen Männer waren mir jedoch in diesem Moment egal, denn der Prinz hatte Priorität. Er konnte mich doch nicht als austauschbares Objekt der Begierde abservieren, demnach musste ich den Hintergründen nachgehen und sandte meine Angestellten aus, ihm nachzuspionieren. Zum einen war ich über das gemeinsame Gespräch mit Emilia informiert und zum anderen über den Tod des Grafen. Meine schnelle Auffassung der Zusammenhänge kam mir auf dem Lustschloss zu gute, sodass ich meinen Rachedurst zu stillen vermochte, indem ich den Prinzen als Mörder auf dem Marktplatz ausrufen wollte.
Des weiteren konnte ich Odoardo mit in meinen Racheplan einbeziehen, indem ich ihm den Dolch aushändigte, mit dem ich gedachte den Prinzen umzubringen. Er jedoch sollte mir diese Arbeit nun abnehmen. Eines ist gewiss, ich werde mich nie wieder so abhängig von einem Mann machen, geschweige denn mein Herz an ihn verlieren. |