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Gertrud ist ein Roman, der in 9 Kapitel gegliedert ist. Dem musikalischen Hauptthema entsprechend, könnte man den Roman als literarische Parabelform zur Sinfonie bezeichnen.
J. V. Widman bezeichnet den Stil dieses eigenartigen und gleichzeitig fesselnden Werkes als ein gedämpftes "Andante". "...Das Reifen eines Menschen an der Liebe und am Schmerz durch die Musik..."
Gertrud ist ein Roman, der vor allem zwei wichtige Themen behandelt: die Musik und der Sinn des Lebens. Da dem komponistischen Kuhn die Liebe die er Gertrud entgegen bringt nicht erwidert wird, stellt er sich die Frage nach dem Sinn des Lebens und findet ihn in der Musik. Er lebt dadurch auf und erfährt, dass Musik eine von den schönsten Möglichkeiten ist, das Leben so zu ertragen, wie es ist, mit all seiner Sinnlosigkeit. In diese Welt zieht er sich vollkommen und ganz zurück und baut sich dadurch eine Welt auf, die noch stärker durch die Musik gezeichnet ist, wie seine vorige "...etwa von meinem 6. oder 7. Jahr an begriff ich, dass von allen unsichtbaren Mächten die Musik mich am stärksten zu fassen und zu regieren bestimmt sei. Von da an hatte ich meine eigene Welt, meine Zuflucht und meinen Himmel, den mir niemand nehmen oder schmälern konnte und den ich mit niemanden zu teilen begehrte. Ich war Musiker..." (S.05). Durch die unglückliche Liebe zu Gertrud ist er zur musikalischen Kreativität angespornt und ermuntert, gleichzeitig bietet sie ihm die Flucht in eine Welt der Töne und Harmonie, den einzigen Rückhalt seines scheinbar sinnlos gewordenen Lebens. In der Musik findet Kuhn die einzige Möglichkeit seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und sie auszudrücken.
Für Hesse ist Musik in diesem Buch die unbegreiflichste, amüsanteste und sinnlichste Gegenwelt, die sich ein Mensch schaffen kann und nur dadurch kann er so intensiv und ausdrucksvoll über die Musikwelt des Komponisten Kuhn schreiben.
Hesse findet auch eine einleuchtende Antwort zu der Frage nach dem Sinn des Lebens. Diese mag uns in schwierigen Situationen bitter oder gar zynisch erscheinen, der Sinn des Lebens ist es, zu leben, immerfort zu leben, an Problemen nicht zu scheitern, sondern an ihnen zu reifen, wachsen und aus ihnen zu lernen. Er drückt dies auf ähnliche Weise wie Goethe aus, der meint, dass man aus Steinen die einem den Weg erschweren auch etwas Schönes bauen kann.
Das erscheint uns oft schwierig oder gar unmöglich, aber das Beispiel des Komponisten Kuhn der durch seine Verkrüppelung und durch seine unglückliche Liebe nicht gerade auf die Butterseite des Lebens gefallen ist, zeigt uns, dass es möglich ist und dass man nicht aufgeben darf. Das Leben ist ein Abenteuer, das es zu lichten gilt, eine unbedingt zu meisternde Entwicklung. Ein weiteres Thema ist die Freundschaft zweier gegensätzlicher Menschen, die sich in ihren Denkweisen vollkommen unterscheiden und sich trotzdem verstehen.
"Neben den biographischen Schauplätzen lässt der Roman auch Hesses persönliche Züge deutlich erkennen. Die meisten Elemente schienen Reflektionen über sein eigenes schwieriges Leben zu sein. Er schildert die gequälte Ehe mit einer musikalischen, sensiblen Frau; Er verwendete das Bild eines in der Jugend Verkrüppelten, um Kuhn auch sichtbar als Außenseiter abzustempeln; Er beschreibt einen Kampf mit Vater und Mutter und am Ende, eine suggestive Phantasie, die Rettung der Mutter aus ihrer Notlage. Ja, die Leichtigkeit, mit der Hesse von der Dreierbeziehung zwischen Gertrud und den beiden Freunden übergeht zur Sorge Kuhns um seine Mutter und dann wieder zu Gertrud zurück, lässt sogar vermuten, dass er alle Hauptgestallten als Aspekt einer einzigen Gestallt begriffen hat".
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