Geboren 1883 in Prag als Sohn eines jüdischen Kaufmanns. Studierte nach dem Wunsch seines Vaters Jura, nahm anschl. 1908 eine Stellung als Versicherungsjurist in Prag an. Im gleichen Jahr wurden acht Prosastücke als erste Publikation in einer Zeitschrift veröffentlicht.
Er beschäftigte sich intensiv mit Selbstanalyse seiner Träume und Erlebnisse, führte Tagebuch; auch das Judentum stellte ein Interessensgebiet dar. Er konfrontierte sich mit familiären Problemen, wie sich im "Brief an den Vater" (1919) zeigt. Darin erklärte er sein Versagen als eine Folge seiner ungünstigen Beziehung zu dem als übermächtig und bedrohend empfundenen Vater.
1912 erschien die Erzählung "Das Urteil", mit der er den Durchbruch zu seiner eigenen, "kafkaesk" genannten, Ausdrucksform schafft. Sie zeichnet sich durch beängstigende, rätselhafte Schreibweise aus.
Ebenfalls 1912 entstand "Die Verwandlung".
1922 schrieb er das Romanfragment "Das Schloss", in dem Kafka seinen Kampf um die Eingliederung in die Gesellschaft darstellt. Ausschlaggebend dafür war das Erlebnis mit einer Frau (Milena Jesenska), zu der er eine zum Scheitern verurteilte Liebesbeziehung pflegte.
Eine funktionierende Beziehung zu einer Frau konnte er nie aufbauen. K. verlobte sich zweimal mit Felice Bauer, von der er sich 1914 endgültig trennte.
Er starb 1924 in Prag an Kehlkopftuberkolose.
Kafka fand zu Lebzeiten nur geringe Beachtung als Schriftsteller, erst in den 30er und 40er Jahren kam es im angelsächsischen Raum zu ersten Interpretationen. Vor allem in Frankreich wurden seine Werke für den Surrealismus adaptiert. Erst nach 1945 erfuhren sie weltweite Anerkennung. Kafka selbst zweifelte immer an seinem schriftstellerischen Geschick, er wollte ursprünglich seine Werke nach seinem Tod vernichtet wissen. Sein langjähriger Freund M. Brod bemühte sich um die Rettung der Schriftstücke.
DIE VERWANDLUNG
In der Erzählung handelt es sich um den Geschäftsreisenden Gregor Samsa, der nach dem Konkurs seines Vaters die Familie ernährt und die Schulden zu bezahlen sucht. Er erwacht eines gewönlichen Morgens als Käfer wieder.
So seltsam diese Tatsache auf den Leser wirkt, so wenig überrascht gibt sich Gregor. Seine erste Überlegung gilt seinem versäumten Geschäftstermin. (S. 6)
Als dann seine Familie die Tragödie bemerkt, reagieren alle mit Ablehnung und Sorge - wer soll nun für die Familie, die bisher in Wohlstand gelebt hat, sorgen? Als einzige wagt sich seine Schwester zu ihm, die ihn auch mit Essen versorgt.
Als er versucht, dem Prokuristen aus dem Geschäft, zu erklären, was passiert sei, bemerkt er, dass die anderen ihn nicht verstehen können - sein Vater jagt ihn mit einem Stock in sein Zimmer zurück, der Prokurist flieht.
Die ganze Familie muss arbeiten gehen um zu leben. Die Mutter näht für ein Modengeschäft, die Schwester arbeitet in einem Geschäft und der Vater dient in einer Bank. Die fröhlichen Gespräche des Abends verstummen im Hause Samsa.
Immer, wenn die Schwester sein Zimmer betritt, versteckt sich Gregor unter seinem Kanapee, um ihr den Schreck zu ersparen. Überhaupt meidet die Familie ihn, er lebt völlig isoliert in seinem Zimmer. Als ihn einmal seine Mutter besuchen kommt, endet es damit, dass sie einen Ohnmachtsanfall erleidet und sein Vater ihn, mit Äpfeln nach ihm werfend, in sein Zimmer zurückjagt, nachdem er es verlassen hat. Von den Geschossen bleibt eine schmerzhafte Wunde in seinem Rücken, von der er sich nicht mehr erholt.
Seine Möbel werden aus seinem Zimmer geräumt, in der Absicht, ihm Platz zum Kriechen zu schaffen, jedoch wird es später als Abstellraum missbraucht und wieder vollgeräumt. Die Fam. Samsa befindet sich in einer wie es scheint misslichen Lage, auch Gregor verkümmert. (S. 46)
Schließlich nimmt die Familie um die Wohnung nicht verlassen zu müssen, drei Zimmerherren auf, die in der Wohnung einen sehr selbstbestimmten Platz einnehmen. Als sie Gregor entdecken, wollen sie die Wohnung verlassen ohne zu bezahlen.
Nach diesem Ereignis entschließen sich alle, das Tier Gregor loszuwerden. (S 57) Dieser stirbt in der Nacht darauf vereinsamt, schwach und erkrankt in seinem Zimmer.
Die Familie hingegen blickt rosigen Zeiten entgegen. (S63)
Zur Deutung: Dass sich der junge G. Samsa in einen Käfer verwandelt, soll ein Ausdruck dafür sein, wie die Familie ihn ausgenutzt und missbraucht hat, er zeigt ihnen die eigene Verwerflichkeit. Auch Gregor war mit seiner Existenz eigentlich nicht zufrieden und lebte aus Pflichtbewußtsein sein Leben. Die Familie verdrängt die unangenehme Erinnerung an ihre Untaten und läßt G. verkümmern, ja hasst ihn sogar.
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