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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

E.t.a. hoffmanns der goldne topf - ein märchen der romantik?


1. Drama
2. Liebe

1. Einleitung 1.1. Ziel der Arbeit /> Die romantische Literatur ist in drei große Bereiche aufzuteilen: Volkslieder, Romane und Märchen. Alle diese Formen beschäftigen sich mit der Abwen-dung von den nüchternen Realitäten der Alltagswelt und dem Betonen von Gefühl und Phantasie. Schwärmerisch und phantasievoll soll die Welt poeti-siert werden.
In dieser Facharbeit soll herausgearbeitet werden, ob E.T.A. Hoffmanns "Der Goldne Topf" ein Märchen der Romantik ist.

1.2. Kurzbiographie des Autors und Entstehungssituation des "Goldnen Topfes"
Am 24. Januar 1776 wird Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann (1809 ändert Hoffmann seinen dritten Vornamen in Amadeus, zu Ehren Mozarts) als dritter Sohn des Anwalts am preußischen Hofgericht, Christoph Ludwig Hoffmann, und seiner Frau Luise Albertine, geb. Doerffer, in Königsberg geboren.
1778 nach Scheidung der Eltern wird Hoffmann der Mutter zugesprochen. Diese zieht mit Hoffmann zu ihrer eigenen Mutter, Sophie Luise Doerffer. Hoffmann wird von seinem Onkel, Otto Wilhelm Doerffer, sehr streng erzo-gen. Einzig seine Tante, Johanna Sophie Doerffer, ist freundlich zu ihm.
Bis 1792 besucht der Dichter die reformierte Burgschule in Königsberg. Die Freundschaft mit seinem Mitschüler Theodor Gottlieb von Hippel währt bis zum Tode Hoffmanns. Im gleichen Jahr beginnt Hoffmann ein Studium der Rechte an der Universität Königsberg und wird 1794 Protokollführer bei Schlichtungen juristischer Angelegenheiten in den Adelsschlössern.
1795 beginnt Hoffmann mit dem Nachdenken und Niederschreiben. Es ent-steht das Gedicht "Masquerade" und die Arbeit an den verschollenen Roma-nen "Cornaro", "Memoiren des Grafen Julius S". sowie "Das Geheimnisvolle". Hoffmann schließt das erste Staatsexamen ab und tritt ein Amt in Königsberg an.
Nach dem Tod der Mutter im März 1796 siedelt Hoffmann nach Glogau über.
1798 Verlobung mit seiner Cousine, Sophie Wilhelmine Constantine Doerffer und zweites juristisches Staatsexamen, danach Versetzung nach Berlin an das Kammergericht.
Hoffmann beginnt mit der klassischen Malerei.
1800, nach dem dritten Staatsexamen, wird er zum Assessor beim Oberge-richt in Posen ernannt, dann jedoch wegen staatsfeindlicher Karikaturen nach Polen strafversetzt. Dort heiratet er die Polin Michaelina Rohrer. Als Warschau von den Franzosen besetzt wird, kehrt er nach Berlin zurück. Dort bestreitet er seinen Lebensunterhalt als Musiker, Zeichner und Literat sowie Musikkritiker.
1803 wird die Welt zum ersten Mal auf den Schreiber Hoffmann aufmerksam. Sein Essay "Schreiben eines Klosterschülers an seinem Freund in der Hauptstadt" wird in der Berlinischen Zeitung veröffentlicht.
Erst 1813 gelingt ihm der endgültige Durchbruch als Schriftsteller, trotz sei-ner unglücklichen Liebe zu einem sechzehnjährigen Mädchen. Hoffmann konzentriert sich stärker auf das Schreiben.
1814 beginnt Hoffmann mit der Arbeit an dem Roman "Die Elixiere des Teu-fels" und die ersten beiden Bände der "Fantasiestücke in Callots Manier "er-scheinen. Darin enthalten sind u. a. "Der goldene Topf", die Dialogerzählung "Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza" und "Ritter Gluck. Don Juan. Eine fabelhafte Begebenheit, die sich mit einem reisenden Enthusiasten zugetragen." wird in der \"Allgemeinen Musikalischen Zeitung\" gedruckt.
Nach dem Krieg kehrt er nach Berlin zurück und wird dort Richter bei den Demagogenprozessen. Hier entsteht sein dritter und vierter Band der "Fantasiestücke in Callots Manier". Unter dem Titel "Nachtstücke" erscheint eine zweibändige Sammlung von Prosatexten, darin enthalten die Novelle "Das Majorat" und die Erzählung "Der Sandmann".
In Berlin ist Hoffmann führende Persönlichkeit in der Tafelrunde der Serapi-onsbrüder in der Gastwirtschaft \'Luther und Wegener\'. An dieser Tafelrunde nehmen bekannte Literaten wie Brentano, Hitzig und Chamisso teil. Seine Erfahrungswerte und Gedanken aus dieser Tafelrunde schreibt Hoffmann in seinem Werk "Serapionsbrüder" nieder, dessen Bände 1819 bis 1921 er-scheinen.
Während seiner schweren Krankheit schreibt Hoffmann die Erzählung "Meister Floh" und diktiert nach vollkörperlicher Lähmung "Des Vetters Eck-fenster".
Am 25. Juni 1822 stirbt Hoffmann. Er wird auf dem Jerusalemer Kirchhof in Berlin bestattet.
Das Märchen aus der neuen Zeit "Der goldne Topf" wurde zum ersten Mal 1814 als dritter Band der Sammlung "Fantasiestücke in Callots Manier. Blät-ter aus dem Tagebuch eines reichen Enthusiasten. Mit einer Vorrede von Jean Paul" von E.T.A. Hoffmanns Verleger C.F. Kunz veröffentlicht.
Der Text fällt in eine für die Familie Hoffmann sehr schwere Zeit. Da Hoff-mann 1812 seine Stelle als Direktionsgehilfe unter Franz von Holbein am Bamberger Theater verliert, nimmt er 1813 ein Angebot des Dresdner Thea-terdirektors Seconda an und wird somit Kapellmeister in Dresden. Auf der Reise nach Dresden kommt es zu einem Unfall, bei dem Hoffmanns Frau Maria Thekla Michaelina schwer verletzt wird. Als er in Dresden ankommt, findet er eine von den Franzosen nach der Völkerschlacht in Leipzig besetzte Stadt vor. Den folgenden Winter verbringen Hoffmann und seine schwer-kranke Frau in großer finanzieller Not und unter ärmlichsten Bedingungen.
So thematisiert das 1813-1814 entstandene \"Märchen aus der neuen Zeit\", \"Der goldne Topf\", den inneren Zwiespalt Hoffmanns bezüglich des Gegen-satzes zwischen der banalen (und brutalen) Wirklichkeit und einer märchen-haften Welt der Schönheit und der Poesie.




2. Hauptteil
2.1. Inhalt
Der Held der Geschichte, der Student Anselmus, ist ein Pechvogel, wie er im Buche steht. Zu Beginn der Handlung befindet er sich gerade an einer wich-tigen Stelle seines Lebens. Er muss sich nun, am Ende seines Studiums ste-hend, für einen Beruf entscheiden, und es ist auch an der Zeit, eine Frau zu finden. Am Himmelfahrtstag am Schwarzen Tor in Dresden stößt er den Korb eines alten Apfelweibes um, so dass er den Schaden zu bezahlen hat. Dazu verwendet er das Geld, das eigentlich für ein Mahl im Linkischen Bade ge-dacht war. Statt sich der bürgerlichen Lustbarkeit widmen zu können, ver-bringt er den Nachmittag unter einem Holunderbusch am Elbufer, wo ihm drei singende goldgrüne Schlangen begegnen, die in Wirklichkeit die Töchter des Archivarius Lindhorst sind, der ein verstoßener Salamanderfürst aus dem sagenumwobenen Atlantis ist. Durch Vermittlung des Registrators Heerbrand erhält Anselmus eine Anstellung bei Lindhorst, wo er für einen hohen Lohn Schriften aus dessen Bibliothek zu kopieren hat. Dort malt er mit Hilfe von Lindhorsts Tochter Serpentina fremdartige Schriften ab, die ihm zunehmend einfacher erscheinen. Im Verlauf der Arbeit beginnt er diese zu verstehen. Die Texte zeigen Anselmus eine ihm unbekannte mythische Welt, die ihn in ihren Bann schlägt und zu einem Wandel bewegt. Er orientiert sich weg von der spießigen Mentalität des Kleinbürgertums hin in die phantasti-sche Welt der Schriften des Archivarius. Als Gegenstück zu dem leitenden Archivarius taucht die Hexe vom Schwarzen Tor in der Gestalt des Apfel-weibs Liese Rauerin immer wieder auf und behindert die poetische Erzie-hung des Studenten. Durch den Blick in einen von der Hexe angefertigten zauberhaften Metallspiegel wird Anselmus in die Kleinbürgermentalität zu-rückgeworfen. Durch die magischen Kräfte des Spiegels verliebt sich Ansel-mus in die Konrektorstochter Veronika Paulmann, die zusammen mit der He-xe den Spiegel in einer Nacht erstellt hat. Als nun der durch diese Verzaube-rung verstörte Anselmus bei Lindhorst eine wertvolle Schrift mit Tinte ver-schmiert, da ihm die nötigen mythischen Voraussetzungen fehlen, wird der von der Hexe am Schwarzen Tor ausgesprochene Fluch wahr, und der Ko-pist stürzt in einen Kristall. Anselmus findet sich in einer Flasche auf einem Regal in der Bibliothek des Archivarius wieder. In einem Gespräch mit Kreuzschülern, die sich ebenfalls in Flaschen befinden, wird er sich der ihm unerträglich schmerzhaften Enge des bürgerlichen Lebens bewusst. Wäh-rend eines Kampfes zwischen Hexe und Lindhorst um den goldenen Topf zerbricht die Flasche, Anselmus ist befreit und wird mit seiner Liebe Serpen-tina auf ein Rittergut nach Atlantis geschickt. Dort lebt er, von der Feuerlilie des goldnen Topfs beschützt, als Dichter.
Veronika ehelicht den zum Hofrat ernannten Registrator Heerbrand, wodurch sich all ihre Wünsche erfüllen.
In einem abschließenden Gespräch tröstet der Salamanderfürst den Autor, der über sein "Dachstübchen" klagt und die "Armseligkeiten des bedürftigen Le-bens" beweint und erklärt ihm, dass des Studenten Seligkeit nur "das Leben in der Poesie" sei.
2.2. Figuren

2.2.1. Anselmus
Anselmus ist der Protagonist. Allerdings wird er als völlig lebensuntüchtig beschrieben. Er hat die Begabung, von einem Unglück ins nächste zu gera-ten. Zu Beginn ist er in Bezug auf seine Wünsche nicht von den anderen Bürgern in Dresden zu unterscheiden. Seine erste Begegnung mit Serpenti-na ändert dies. Sie begegnet ihm als Schlange und er verliebt sich sofort in sie. Durch seinen Freund, Konrektor Paulmann, bekommt er eine Stelle als Kopierer bei Lindhorst. Dort erfährt er die wahre Herkunft des Archivarius und dass Serpentina seine Tochter ist. Die Tochter des Konrektors Paul-mann, Veronika, ist in Anselmus verliebt. Da er sich aber nur für Serpentina interessiert, sucht sie Hilfe bei Liese.
Liese und Veronika auf der einen Seite und Lindhorst und Serpentin auf der anderen Seite machen es Anselmus schwer, sich zurechtzufinden. Am Ende zieht Anselmus mit Serpentina nach Atlantis und sie heiraten.
Anselmus macht eine Entwicklung durch. Er erkennt, dass es mehr gibt, als den bürgerlichen Horizont. Er entwickelt sich weiter, von einem Schriftkopie-rer zu einem Dichter, er verlässt das Gefängnis des Bürgertums und geht nach Atlantis, um sich dort frei zu entfalten.


2.2.2. Archivarius Lindhorst
Der Archivarius ist ein Eigenbrödler. In der bürgerlichen Welt heißt es, er be-schäftige sich mit geheimen Wissenschaften und er sei ein experimentieren-der Chemiker. In der mythischen Welt ist er ein Elementargeist, ein Sala-mander im Dienst des Geisterfürsten Phosphorus von Atlantis. Durch seine Liebe zu einer grünen Schlange ist er zu einem Leben unter Menschen ge-zwungen, bis seine drei Töchter einen Mann gefunden haben. Seine Feindin, die alte Liese, ist ebenfalls dort. Eine seiner Töchter heißt Serpentina, die anderen werden nicht weiter erwähnt.
In der Figur des Lindhorst verschmilzt der Mythos vom Reich Atlantis mit der Dresdner Realität. Trotz Lindhorsts bürgerlicher Tarnkappe ist er ein Sonder-ling. Schon in seiner Einführung durch Heerbrand wird sein außergewöhnli-ches Wesen betont.
Lindhorst wird hier deutlich von den anderen Personen abgegrenzt, zum ei-nen durch die räumliche Entfernung seines Wohnortes, zum anderen durch seine außergewöhnlichen Hobbys. Seine ungewöhnliche Kleidung unter-streicht das Märchenhafte und hebt ihn von der Alltagswelt ab.

2.2.3. Serpentina
Serpentina hat keinen ausgesprochen bürgerlichen Wesensteil, ist für Lind-horst allerdings heiratsfähige Tochter, die es unter die Haube zu bringen gilt. Sie wird auch standesgemäß als höhere Tochter erzogen.
Zunächst erscheint sie Anselmus als geheimnisvolles Schlänglein. Sie ver-liebt sich in ihn und hilft ihm bei seiner Arbeit. Später heiraten sie und ziehen auf ein Rittergut in Atlantis.

2.2.4. Veronika
Veronika ist die Tochter des Konrektors Paulmann. Sie verliebt sich in An-selmus und versucht mit Hilfe der alten Liese, Anselmus für sich zu gewin-nen. Sie trifft aber nur eine indirekte Schuld an den Geschehnissen, denn eigentlich benutzt die alte Liese Veronika nur, um an Lindhorst heranzukom-men. Veronika heiratet später den Hofrat Heerbrand.


2.2.5. Die alte Liese
Phosphorus, der Geisterfürst von Atlantis, hatte einen Drachen eingesperrt, durch Lindhorst wurde dieser zufällig befreit. Er konnte zwar wieder einge-fangen werden, aber einige seiner Federn sind in die Menschenwelt gelangt. Eine dieser Federn verliebte sich in eine Runkelrübe. Aus dieser Liebe ist Liese entstanden. Sie ist der Feind Lindhorsts und hat es auf seinen golde-nen Topf abgesehen. Um ihn zu erreichen, bedient sie sich Veronika und auch Anselmus.

2.3. Die Ebenen von Mythos und Realität

2.3.1. Die reale Welt
Als Handlungsort in der realen Welt wählte Hoffmann Dresden. Bezüge zur Wirklichkeit lassen sich unter anderem anhand von detailgetreuen Ortsanga-ben herstellen, wie z.B. Kreuzkirche, Elbbrücke, Koselscher Garten oder Pir-naer Tor - Orten, die tatsächlich existieren. Die reale Welt zeichnet sich durch eine Endlichkeit von Raum und Zeit aus. So treten präzise Angaben der Zeit und des Ortes nur innerhalb der bürgerlichen Welt auf. Jedoch las-sen sich die Orte der realen Welt nicht exakt von der Welt des Wunderbaren abgrenzen, weil es immer wieder zu Überschneidungen kommt, indem das Mythische Einfluss auf die Realität nimmt. Die Wohnung Paulmanns wird beispielsweise zur Einflusssphäre des Mythischen während der Punschge-sellschaft, bei der durch die bewusstseinsverändernde Wirkung des Alkohols die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verwischt werden. Die reale Zeit im \"Goldnen Topf\" richtet sich nach Uhr und Kalender, an der sich auch die magisch-bürgerlichen Grenzfiguren, der Archivarius Lindhorst und die alte Liese, orientieren. Täglich um Punkt zwölf Uhr beginnt der Schreiber-dienst des Anselmus bei Lindhorst und endet, wenn die Glocke sechs Uhr schlägt. Auch das böse Prinzip in Gestalt der alten Liese ist \"durchaus nur dienstags, mittwochs und freitags von sieben Uhr abends, dann aber die ganze Nacht zu treffen\" . Das Märchen beginnt am \"Himmelfahrtstage, nachmittags um drei Uhr\" , das Äquinoktium zählt den \"dreiundzwanzigsten September\" , und Veronika verlobt sich am vierten Februar, ihrem Namenstage, mit dem Re-gistrator Heerbrand.


2.3.2. Die Welt des Mythos
Wie sich die Handlungsorte innerhalb der realen Welt durch den ständigen Einfluss des Mythischen nicht klar von einander abgrenzen lassen, so ist die Welt des Wunderbaren ebenfalls nicht als in sich geschlossene Einheit ab-gegrenzt von der Wirklichkeit, sondern es kommt auch hier zu Überschnei-dungen beider Sphären. So dienen Ortsbenennungen wie das \"Schwarze Tor\" als Schnittpunkte wechselnder Perspektiven, indem an ihnen die Schwelle zum Wunderbaren überschritten wird. Zum Schauplatz des Wun-derbaren innerhalb der realen Welt wird der Palast des Archivarius Lindhorst. Durch seine Abgeschiedenheit und seine zauberhafte Atmosphäre hebt er sich vom Alltag ab.
Im Bereich des Phantastischen werden die sonst präzisen Zeitangaben durch magische Zeitangaben wie Sonnenaufgang, Dämmerung, Mitternacht oder Tag- und Nachtgleiche ersetzt.


2.4. Symbolsprache


2.4.1. Spiegelmotiv
Als erstes taucht das Spiegelmotiv im Smaragdring des Archivarius Lindhorst auf. Vor den Augen des erstaunten Anselmus wirft "der Stein [.] wie aus ei-nem brennenden Fokus Strahlen ringsherum, und die Strahlen versp[i]nnen sich zum hellen leuchtenden Kristallspiegel" , in dem Anselmus bald darauf Serpen-tina sieht.
Ebenfalls sehr deutlich tritt das Spiegelmotiv in der Siebenten Vigilie auf, wenn die Hexe Liese zusammen mit Veronika in der Äquinoktialnacht einen Zauberspiegel erstellt. Auch er hat die Eigenschaft, dem Betrachter, in die-sem Fall Veronika, den Geliebten zu zeigen, indem "es war, als schössen feu-rige Strahlen aus dem Spiegel [...] - An den Anselmus musste sie denken, und als sie immer fester und fester den Gedanken auf ihn richtete, da lächelte er ihr freund-lich aus dem Spiegel entgegen wie ein lebhaftes Miniatur-Porträt. Aber bald war es ihr, als sähe sie nicht mehr das Bild - nein! - sondern den Studenten Anselmus selbst leibhaftig."
2.4.2. Der goldne Topf
Auch der goldne Topf, der als Mitgift für Anselmus und Serpentina gedacht ist, beinhaltet einen Spiegel, der vom Erdgeist "mit Strahlen, die [er] dem Dia-manten entnommen" , poliert ist. In diesem Metall spiegelt sich das wunder-volle Reich Atlantis. Damit wird der goldene Topf zum Symbol der romanti-schen Poesie, die die banale Wirklichkeit zurückführt auf ihre golden glän-zende Urwirklichkeit. Der Spiegel des goldenen Topfs strahlt eine poetisierte Wirklichkeit wider, die Farbigkeit, Bewegung und Klänge enthält, die kein all-täglicher Spiegel zeigen könnte, der in realistischer Art und Weise nur eine nachahmende Funktion erfüllt.
Gemeinsam ist allen diesen Spiegeln, dass sie einen Blick in andere Ebenen zulassen. Der Spiegel bildet somit ein Tor, das beide Welten miteinander verbindet.

2.4.3. Kristallmotiv
Eng zusammenhängend mit dem Spiegelmotiv ist das ebenfalls häufig wie-derkehrende Bild des Kristalls. Vor allem Stimmen, wie die der Schlangen und die Veronikas, werden mit dem Attribut des Kristallenen versehen. Auch die Lichtstrahlen in Lindhorsts Garten sind als kristallen beschrieben. Die Verwendung des glasklaren Kristalls vereinigt die Eigenschaften des Hellen, Klaren, Klingenden und Glitzernden, aber auch die Kälte, das Schneidende und Scharfe.



2.5. "Der Goldne Topf" - ein Märchen der Romantik?


2.5.1. Kennzeichen der Romantik
Die Epoche der Romantik ist eine vielschichtige geistige und künstlerische, insbesondere literarische Strömung in Europa zwischen 1790 und 1830. Sie symbolisierte den geistigen Umbruch in Europa um 1800 und fungierte als Gegenbewegung zum Rationalismus der Aufklärung. Die Romantik versuch-te, die Kräfte des Gefühls, der Phantasie und des Unbewussten zu wecken. Der Begriff \"romantisch\" stammt aus dem altfranzösischen und ist seit 1650 als englisch \"romantic\" nachgewiesen. Es bedeutete ursprünglich \"übertrie-ben zügellos, phantastisch\", im Sprachgebrauch der Romantik selbst jedoch \"nicht klassisch, romanhaft, modern, interessant\". Die Romantik versuchte, alle geistig-literarischen Strömungen aufzunehmen, die im 18. Jahrhundert in Widerspruch zum absolutistischen Staat und zum Rationalismus der Aufklä-rung gestanden haben.

Die Romantik versuchte, Einheit zwischen Bewusstem und Unterbewusstem, von Geist und Natur, Religion und Kunst zu erreichen. Der zentrale Begriff, mit dem sich das romantische Denken beschäftigte, war das Unendliche, die Auflösung der Grenzen des Irdisch-Bedingten in Raum und Zeit. Favorisierte Themen waren z.B. die Nachtseite des Lebens, das Unergründliche und Ge-heimnisvolle der Natur, der Ausbruch aus der bürgerlichen Gesellschaft und die Sehnsucht in die Ferne.
Die Romantik spiegelt den Zerfall der alten Verhältnisse und die Herausbil-dung neuer Verhältnisse wieder. Vor allem die deutsche Romantik ist stark durch Komplexität und Widersprüchlichkeit gekennzeichnet.

Die kulturhistorische Bedeutung der Romantik besteht vor allem darin, dass sie den Verlust der Ideale und Illusionen der bürgerlichen Aufstiegsepoche und die mit der Entwicklung bürgerlich-kapitalistischer Verhältnisse sich zu-spitzenden Widersprüche reflektiert und bewusst machte.



2.5.2. "Der Goldne Topf" - ein Märchen der Romantik!
Wenn man den "Goldne[n] Topf - Ein Märchen aus der neuen Zeit" anhand der oben genannten Kennzeichen der Romantik als ein romantisches Mär-chen beschreiben möchte, fällt dies nicht weiter schwer. Schon im Titel "Ein Märchen aus der neuen Zeit" weist es auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "romantisch" hin: nicht klassisch, sondern modern. Ebenfalls ein deutliches Kennzeichen ist der Unergründlichkeitscharakter, die Ebenen des Mythos und der Realität, die nebeneinander existieren und in einander über-gehen, sowie das Märchen im Märchen, Atlantis. Die am häufigsten behan-delten Themen, wie das Geheimnisvolle der Natur und der Ausbruch aus der Gesellschaft, werden deutlich dargestellt. Anselmus, der anfangs ein norma-ler Dresdener Bürger ist und durch die Schlangen im Holunderbusch in die phantastische Welt eingeführt wird, wird sich im Laufe seiner Arbeit immer deutlicher bewusst, wie beengt das Leben als Spießbürger ist. Diese wissen nämlich nicht, "was Freiheit und Leben in Glaube und Liebe ist, deshalb spüren sie nicht den Druck des Gefängnisses" . Anselmus erkennt, dass es wegen "ihrer Torheit, ihres gemeinen Sinnes" ist. Anselmus' Sehnsucht nach Serpentina ist mit der Sehnsucht nach Atlantis verknüpft. Er wünscht sich aus dem banalen Alltag heraus, ein weiteres Kennzeichen der romantischen Literatur.
Mit dem abrupten Wechseln zwischen den Vigilien verdeutlicht Hoffmann die Widersprüchlichkeit der Romantik. Besonders deutlich wird dies bei dem Wechsel von der Ersten zur Zweiten Vigilie. Während Anselmus am Ende der Ersten Vigilie noch im Reich des Phantastischen ist, in dem die drei Schlagen sind und "ein grünes Feuer " brennt, wird er in der Zweiten Vigilie mit den Worten "Der Herr ist wohl nicht recht bei Troste!" abrupt in die Wirk-lichkeit zurück gerissen. Diese abrupten Wechsel sind in dem Märchen häu-figer zu finden. Darin wird er Zwiespalt, in dem die Romantiker oft steckten, sehr deutlich. Die Alltagswelt war hart, und die Sehnsucht nach freier Entfal-tung schlug sich in den Werken nieder, Harmonie in der beschriebenen Welt als Gegenbild zur realen Welt.
Die Entwicklung, die Anselmus durchmacht, kennzeichnet ihn als einen ro-mantischen Helden. Die romantischen Helden waren ohne feste gesellschaft-liche Bindungen, und immer auf Reisen oder Wanderschaft. Anselmus hat in der realen Welt keine Bindungen, er ist für dieses Leben untauglich. Er be-findet sich auf Wanderschaft, auch wenn es erst hinterher klar wird, dass er sich auf dem Weg nach Atlantis befunden hat.
In der Romantik sollte man sein Bewusstsein durch Lernen und gemeinsames Schöpfen erweitern, Anselmus hat dieses getan.

 
 

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