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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Autorintention und eigene wirkung


1. Drama
2. Liebe

D ass Max Frischs Homo faber nach nur einem Monat bereits eine Auflagenhöhe von rund 8800 Exemplaren hatte, konnte der Schriftsteller selbst nicht ahnen. Einen Monat vorher hatte der Schweizer am 30. 09. 1957 seinen Roman (und Bericht) veröffentlicht, der dann vier Jahrzehnte später mit Absprache Frischs von Regisseur Volker Schlöndorff verfilmt wurde (1991).
Die Hauptfigur des Homo faber, der Ingenieur Walter Faber, hat teilweise "antiautobiografische" Züge, das heißt, dass die Meinung Fabers oft gegensätzlich zu Frischs ist. Ein Beispiel: Frisch war in seinem Leben gegen den Fortschritt, im Kontrast dazu steht die Romanfigur, dessen charakteristischste Eigenschaften wohl Sachlichkeit und Rationalität sind (siehe auch: 4. Tektonik und Figurenkonstellation). Des weiteren erzeugt der Autor eine gewisse Distanz zum Protagonisten, der durch die Ich-Erzählweise eigentlich eine engere Bindung zum Leser haben müsste. Faber jedoch versucht im Roman sachlich zu erläutern, wie es zu seiner Schuld bzw. Nichtschuld (Elisabeths Tod) kam, berichtet dabei. Homo faber - Ein Bericht: So lautet der genaue Titel des Romans. Es wird dem Leser von Anfang an Fabers Erzählweise präsentiert, so dass letzterer kritisch und mit Distanz betrachtet werden kann. Gemäß einem Bericht, werden von Frisch auch kaum Metaphern oder andere rhetorische Figuren eingebracht, meistens nur eine genaue und sachliche Handlungsabfolge, in die Reflexionen und Rückblicke eingearbeitet wurden (diese verstärken die Distanz zum Protagonisten).
Mit Homo faber schließt Frisch an seinen Vorgängerroman Stiller (1954) an, in dem es ebenfalls um die Identitätsfindung des Menschen geht. Stiller jedoch leugnet seine wirkliche Identität, während Faber bewusst die Rolle des fortschrittlichen Technikers lebt und später merkt, dass er nur nach imaginären Bildern einer Welt gelebt hat, die es so wie er sie erlebte nicht gibt. In diese Thematik reiht sich Frischs Werk Mein Name sei Gantenbein (1964) ein, der als sein letzter Roman eine ungefähre "Bilanz" aus den beiden anderen Werken zieht. Der Protagonist Gantenbein stellt sich blind, um festzustellen, wie sich andere Personen nun in der Gegenwart eines Blinden verhalten. So wurde aus den beiden Figuren Stiller und Faber, die sich ihren "Problemen" nicht richtig bewusst sind oder zu spät zu einer Einsicht kommen die Figur, die versuchte die Probleme von Anfang an zu lösen. Was heißen soll, dass der Autor diese Figuren bewusst in dieser Reihenfolge hat auftauchen lassen. Wenn Max Frisch einmal sagte, "es ist absurd, alles im Leben mathematisch-statistisch begründen zu wollen" (Quelle unbekannt), so findet dies starken Ausdruck im Homo faber.
Weitere Parallelen zu Homo faber und Frischs Leben sind einige Orte, die gleichzeitig Handlungsort in Fabers, sowie in Frischs Leben waren. 1952 und 1956 hielt sich Frisch für jeweils mehrere Monate in den Vereinigten Staaten von Amerika, Mexiko und Kuba auf. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass alle drei Lokalitäten auch Handlungsorte im Homo faber sind, zumal sie von Frisch kurz vor der Fertigstellung von Homo faber (1957) besucht worden waren. Rom als Ort der Sehnsucht im Herzen Europas musste Frisch schon immer gereizt haben, so dass er diesen Platz zunächst als romantischen Ort für die Reise Fabers mit Sabeth ausgesucht haben muss, und dann später von 1960 - 65 dort seinen Wohnsitz hatte. Auch bestimmt nicht zufällig kommt die Auflösung seines Architekturbüros 1954, relativ kurz bevor er Homo faber verfasste, wo doch kaum ein Unterschied zwischen einem Architekten und einem Ingenieur ( Faber) besteht.
Als Kritiker seiner Zeit, hat es schon tiefere Bedeutung, wenn Frisch Herbert Hencke davon sprechen lässt, dass "kein Deutscher" Wiederbewaffnung wünsche (S. 9 - Beginn 4. Absatz), wurde doch im Jahre 1956 in der Bundesrepublik Deutschland die Bundeswehr wieder eingeführt, was viele Kritiker auf den Plan rief.
Genau diese literarische Tiefe ist es, die es dem Leser erst auf dem zweiten Blick ermöglicht, die genaue Absicht Frischs zu verstehen. Wirkt das Buch zunächst eher wie ein Abenteuerroman (z. B. Flugzeugnotlandung oder Jeepfahrt durch den Dschungel Guatemalas), so stellt der Leser mit jeder weiteren Seite, die er umblättert, fest, dass es sich keineswegs um solch einen handelt, sondern vielmehr um einen zeitgenössisch-kritischen Roman über die Identitätsfindung eines Menschen, dessen Weltbild ins Wanken geraten ist. Dabei erlaubt einem die Distanz zur Hauptfigur Faber, diesen kritisch zu beobachten, da er ja so dargestellt wird, als habe er kaum zwischenmenschliche Kontakte (bzw. wünscht diese nicht, z. B. : "[...] meinerseits keinerlei Bedürfnis nach Bekanntschaft." S. 8 oben), und wenn doch, so scheint Faber diese Menschen durch eigene Fehler zu verlieren (z. B. Sabeth).
Aus damaliger Sicht betrachtet, muss der Roman ziemliche Kontroversen hervorgerufen haben, vor allem wenn man bedenkt, dass Frisch sich kritisch zu Themen wie der Abtreibung und dem technologisch-mathematisch orientierten Weltbild der fünfziger Jahre äußert. Alles in Allem gesehen muss gesagt werden, dass Homo faber nicht zu Unrecht in zahlreichen Bestsellerlisten auftaucht und als Pflichtlektüre in der Schule gilt, da er sich von vielen anderen Werken dadurch unterscheidet, dass er trotz des lockeren und relativ simplen, jedoch nicht profanen, Erzählstils einen innermenschlichen Konflikt auf anspruchsvolle Art und Weise wiedergibt.

 
 

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