*Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will*
Kurzbiographie des Autors
- geboren am 20.5.1921 in Hamburg
Vater Lehrer, Mutter Schriftstellerin
- tritt 1938 nach Abschluss der 7. Klasse der Realschule eine Buchhändlerlehre an,
nimmt aber privat Schauspielunterricht
- besteht 1941 die Schauspielprüfung; Engagement an der Landesbühne Osthannover
- wird 1941 eingezogen: Einsatz an der Ostfront
- mehrmals vor dem Kriegsgericht:
* 1941 wegen einiger Briefe \"staatsgefährdenden Inhalts\": 8 Monate Haft
* 1944 wegen \"Zersetzung der Wehrkraft\"(Goebbelsparodie): 9 Monate Haft
- kommt 1945 in französische Kriegsgefangenschaft, kann aber fliehen.
- beginnt im Alter von 24 Jahren zu schreiben; bis zu seinem Tod 2 Jahre später entstehen Prosastücke, Gedichte und das Hörspiel Draußen vor der Tür
- am 20.11.1947 stirbt Wolfgang Borchert in Basel, geschwächt durch Krieg, Gefangenschaft und Hunger, an einer Leberkrankheit, an der er schon seit Jahren leidet.
Wolfgang Borcherts Aufschrei
- W. Borchert ist der Hauptvertreter der durch den 2.Weltkrieg entwurzelten Jugend. Sein gesamtes Werk dient der Warnung vor dem Krieg, dem Anschreien gegen das Grauen seiner Generation.
Draußen vor der Tür
*
- Wolfgang Borchert schreibt dieses Stück in nur 7 Tagen kurz vor seinem Tod
- erstmals gesendet am 13.2.1947 im Nordwestdeutschen Rundfunk
- Uraufführung an den Hamburger Kammerspielen am 21.11.1947
- Meistgespieltes deutsches Nachkriegsdrama
Die Personen des Stücks
BECKMANN, einer von denen
der ANDERE, den jeder kennt - Beckmanns lebensbejahendes, optimistisches Alter Ego
der BEERDIGUNGSUNTERNEHMER mit dem Schluckauf - der Tod
der alte MANN, an den keiner mehr glaubt - Gott
Beckmanns FRAU, die ihn vergaß
deren FREUND, der sie liebt
ein MÄDCHEN, dessen Mann auf einem Bein nach Hause kam
ihr MANN, der tausend Nächte von ihr träumte - der einbeinige Krüppel
ein OBERST, der sehr lustig ist
ein KABARETTDIREKTOR, der mutig sein möchte, aber dann doch lieber feige ist
FRAU KRAMER, die nichts als Frau Kramer ist, und gerade das ist so furchtbar
ein STRAßENFEGER, der gar keiner ist - der Tod
die ELBE
Inhalt des Stücks
Der 25-jährige Soldat Beckmann kehrt nach 3 Jahren Gefangenschaft in Russland nach Deutschland zurück, doch er findet nicht die Heimat, die er verlassen hat. Ein anderer hat den Platz neben seiner Frau eingenommen, er selbst hungert, friert und humpelt. So beschließt er, sich in die Elbe zu stürzen. Doch den Selbstmordversuch missglückt und Beckmann sieht sich mit dem lebensbejahenden Teil seiner Identität, dem Anderen, konfrontiert. Dieser bringt ihn soweit, nochmals neu anzufangen. Als alle Versuche, im Leben Fuß zu fassen fehlschlagen, erkennt Beckmann, dass es sein Schicksal, so wie das vieler anderer Heimkehrer, ist, alleine, in der Nacht und draußen vor der Tür weiterzuleben.
Form des Stücks
- Szenendrama, der rote Faden ist die alleinige Hauptperson der Kriegsheimkehrer Beckmann
- Vor dem Beginn der eigentlichen Handlung um den scheiternden Beckmann sind drei Textpassagen geschaltet:
*die Vorrede, die den Rezipienten ins Nachkriegsdeutschland der Heimkehrer versetzt
*das Vorspiel; Beckmann als Statist, Dialog zwischen Gott und dem Teufel
*der Traum; Unterhaltung Beckmanns mit der Elbe
- kein symmetrischer Aufbau, einziger formaler Rahmen sind die beiden Träume kurz nach Anfang und kurz vor dem Ende des Stücks
Die Sprache Wolfgang Borcherts
- Borchert arbeitet mit
*immer wiederkehrenden Motiven: die zugeschlagene Tür, das Schreien Beckmanns,...
*sinnlichen Ausdrücken:\"ihr blutiges Gestöhn stinkt bis zum weißen Mond\",...
*Umgangssprache
*einfachen Metaphern, um Großes zu sagen: \"Als Eintrittsgeld musste er mit seiner Kniescheibe zahlen\"
Draußen vor der Tür - Tragödie oder Tragikomödie?
- Das Thema des Stückes, das Schicksal Beckmanns, ist tragisch
- Die beißende Ironie Borcherts vermittelt jedoch von Zeit zu Zeit den Anschein des Komischen
- Auch die Hauptfigur Beckmann wirkt durch seine Widersprüchlichkeit komisch
- Die letzte Szene - geprägt nicht von Ironie, sondern von bösem Sarkasmus - lastet mit der Endfrage \"Gibt denn keiner Antwort?\" durch den Kontrast zu den anderen Szenen noch schwerer im Raum
\"Ein Mann kommt nach Hause. Er ist einer von denen, die nach Hause kommen und dann doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist. Und ihr Zuhause ist dann draußen vor der Tür. Ihr Deutschland ist draußen, nachts im Regen, auf der Straße.
Das ist ihr Deutschland.\"
Wolfgang Borchert, Draußen vor der Tür
Das Photo, das eigentlich hier hin soll, müsst ihr euch
selbst besorgen - Ich habe leider keinen Scanner!
\"Die Wahrheit, Borcherts Wahrheit, ist, dass jede Schlacht, die gewonnene und die verlorene, ein Gemetzel ist, dass für die Toten die Blumen nicht mehr blühen, kein Brot mehr für sie gebacken wird, der Wind nicht mehr für sie weht; dass ihre Kinder Waisen, ihre Frauen Witwen sind und Eltern um ihre Söhne trauern.\"
Heinrich Böll
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