Die erneute Wertschätzung der antiken Denkmäler hatte der in Rom lebende Altertumsforscher Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) eingeleitet. Er verkündete, daß die intensive Beschäftigung mit dem antiken Formengut den Zeitgenossen zu höherer Bildung und zu ethischer Bereicherung führe. Diese neue Architekturverständnis war die Grundlage der klassizistischen Architektur, und seine "Gedanken über die Nachahmung" von 1755 war die richtungsweisende Schrift des deutschen Klassizismus. Archäologisches Studium verband sich dabei mit klassisch empfundenen Stilregeln, wie sie der italienische Architekt Andrea Palladio (1508-1580) realisiert hatte. Englische Architekten, die den sogenannten Palladianismus bereits seit dem 17. Jahrhundert gepflegt hatten, wurden Vorbilder der frühen klassiz. Baukunst.
Um 1770 ging eine große Unruhe durch die europäische Studentenschaft, die sich auch in der Literatur bemerkbar machte und sich gegen die kühle, strikte und verstandesgemäße Aufklärung richtet. Außerdem richteten sich literarische wie politische Strömungen gegen jede Art der Bevormundung oder Unterdrückung. Jeder Mensch sollte sich frei entfalten können und nicht durch irdische oder geistige Fesseln eingeengt sein. Die Intellektuellen jener Zeit wollten die bürgerliche Sphäre durchbrechen und eine Verbindung zum arbeitenden Volk und zu den Bauern schaffen. Freiheit brach wie ein Zauberwort in die Reihen der jungen Menschen, die sie auch in schriftlicher Form auslebten. Jede Formvorschrift und Regel konnte auf einmal gebrochen werden, es gab keine Versform und keinen Dramenaufbau mehr; die Form wurde vom Werk erschaffen und sollte nicht mehr von außen aufgezwungen werden.
Zwei der wohl bekanntesten Personen des Sturm und Drangs waren Friedrich Schiller und Johann Wolfgang Goethe, wobei besonders Goethe sich später auch der Architektur widmete. In ihren Werken kritisierten sie die Zustände in ihrem Land, und forderten eben jenen die Phase prägenden Ruf nach einem freien Leben in ihren Dramen, wie z.B. im "Götz von Berlichingen" (1773) von J.W. Goethe und in "Die Räuber" (1782 Uraufführung) von F. Schiller.
Als ein Beispiel par excellence kann man den das Ende des Buches "Faust" von Goethe sehen:
"Das ist der Weisheit letzter Schluß:
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muß.
Und so verbringt, umrungen von Gefahren,
Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
Solch ein Gewimmel möchte ich sehn,
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn."
Die deutschen Intellektuellen entdeckten in den Idealen der Aufklärung ihre eigene geistige Identität und entwickelten eine eigene Kultur. Damit bereiteten sie auch den Boden für eine avantgardistische, klassizistische Architektur, in einer Zeit, in der Deutschland noch immer stark von importierten franz. Architekten abhängig war.
Daß so eine Veränderung erst möglich wurde, lag nicht nur an einer Minderheit von freien Denkern, sondern auch an einem Fördern von kulturellen Zentren an den Höfen, wie etwa die von Weimar, Mannheim und Darmstadt, welche Kunst und Wissenschaft unterstützten. So gab am Hofe des Großherzogs Karl August von Sachsen-Weimar Goethe den Ton an, während Kurfürst Karl Theodor im Jahre 1763 in Mannheim eine Akademie der Wissenschaft gründete. Sein Hof wurde berühmt durch die Errichtung eines Nationaltheaters, in dem Schillers Drama "Die Räuber" seine Uraufführung erlebte. In Darmstadt unterhielt die Landgräfin Karoline enge Kontakte zu z. B. Goethe, Herder und Friedrich dem Großen.
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