Goethes Personenkonstellation wird durch einen Dreieckskonflikt bestimmt, wie man den Konflikt zwischen zwei Männern und einer Frau oder umgekehrt bezeichnet. Werther tritt als Dritter in die bestehende Beziehung von Lotte und Albert. Er ist der geschätzte Freund, wird aber zum zerstörerisch wirkenden Liebhaber Lottes. Dabei sind Werther und Albert sich ergänzende Wesen. Alberts Zweckmäßigkeitsdenken und sein Verstand stehen Werthers Fantasie und seinem Gefühl gegenüber. Lotte wäre glücklich mit einer Kombination beider.
Werther:
Werther erscheint in seinen Briefen als ein sensibler, gebildeter junger Mann, der an der gesellschaftlichen Ord-nung, am Leben mit seinen erstarrten Konventionen und Normen, leidet.
Man darf in ihm einen jungen Juristen vermuten: Er kümmert sich um Erbschaften und tritt in diplomatisch juristische Dienste für seine Mutter, zu der er ein eher distanziertes Verhältnis hat.
Seine Beschäftigungen deuten auf eine gewisse Ziellosigkeit hin. Er malt, genießt die Natur, beschäftigt sich mit intensiver Lektüre und schreibt Briefe. Er will das Leben genießen und die Kräfte, die ihn ihm stecken, entfalten.
Werther hat ein gutes Verhältnis zu Kindern, v.a. aber zu Lottes Geschwistern.
Sein Verhalten anderen Menschen gegenüber ist einerseits leutselig, er ist in Gesellschaft offenbar durchaus charmant und scheut sich nicht, seinen Gefühlen im Gespräch freien Lauf zu lassen. Er kann aber andererseits auch sehr schroff reagieren und es ablehnen, sich immer und überall rollenkonform zu verhalten. Dies hängt von seinen stark schwankenden Stimmungen ab.
Er ist auch glücklich über seine soziale Ungebundenheit, aber sehnt sich trotzdem nach einer intensiven Gefühls-
beziehung, die er hofft, mit Lotte aufbauen zu können, obwohl er von deren Verlobung weiß. Es scheint so, als würde Lotte gerade wegen dieser Unerreichbarkeit so attraktiv auf ihn wirken.
Charlotte (Lotte):
Sie ist ein liebenswürdiges, charmantes und hübsches Mädchen, das tüchtig und fleißig den verwitweten Vater und die Geschwister, an denen sie Mutterstelle vertritt, versorgt. Ohne große Bildung, aber durchaus mit In-teressen (Lektüre) ist sie frühzeitig in familiäre Verantwortung geraten. Dieser Frauentyp begeisterte Goethe besonders. Sie neigt aber auch zunehmend zu einer gewissen Geschwätzigkeit und ist auch nicht ganz frei von einer gewissen Koketterie, da sie Werther oft in allergrößte Verlegenheit stürzt. Lotte ist nicht unschuldig an Werthers Tod: Sie hat ihm unmissverständliche Zeichen ihrer Liebe gegeben.
Albert:
Ist Lottes Freund; sie gelten als verlobt. Er ist arbeitsam, genau und zuverlässig, folgt verstandesmäßig dem Leben und sieht deshalb in Werther auch keine Gefahr für seine Liebe zu Lotte, weil derartige Gefühle für ihn vernünftig zu regeln sind (Aufklärung). Im Gegensatz zu Lotte ahnt er nicht, weshalb Werther sich die Pistolen leiht. Selbstmord gehört nicht zu den Alternativen.
Wilhelm:
Ist der Adressat der meisten Briefe Werthers und dessen Vertrauter. Er stimmt ihm nicht immer zu, sondern spürt frühzeitig die Gefahren. Um diesen zu begegnen versucht er Werther zu tätiger Arbeit und zu ausgeweiteter künstlerischer Beschäftigung anzuregen. Er kann seine Gefühle im Gegensatz zu Werther sehr viel besser kon-trollieren. Gleichzeitig ist Wilhelm auch ein Vertrauter und Berater von Werthers Mutter.
|