Definition
Die Erörterung als Aufsatzform ist eine schriftliche Diskussion, in der verschiedene Standpunkte zu einem Sachverhalt oder ein er Problemstellung diskutiert und durch Argumente erhärtet oder widerlegt werden. Dabei können sowohl Sachfragen als auch Werturteile untersucht werden. Die Argumentation ist der wesentlichste Bestandteil der Erörterung. Argumente für und wider einen Standpunkt (These) werden sorgfältig gegeneinander abgewogen und zu einer abschließenden Beurteilung oder einer Entscheidung gebracht.
Im Unterschied zum Bericht oder zur Beschreibung, in denen Tatsachen und Beobachtungen lediglich wiedergegeben werden, begründet die Erörterung durch Argumente eine aufgestellte These und geht so über die reine Darstellung eines Sachverhalts hinaus. Sie führt zu Entscheidungen oder Urteilen.
Die Weiterführung der Erörterung ist der Problemaufsatz, wobei die Unterscheidung zwischen beiden nicht immer eindeutig ist. Dem Problemaufsatz liegt eine Problemstellung zugrunde und nicht, wie es bei der Erörterung sein kann, ein Sachverhalt, der diskutiert werden soll. Er stellt damit die mitunter schwierigere Form dar, seine Methode ist die des Erörterns.
Zweck und Ziel
In einer Erörterung werden verschiedene Gedanken und Argumente zu einem Sachverhalt oder einer Fragestellung einander gegenübergestellt und nach sorgfältiger Gewichtung eine Entscheidung oder eine Wertung vorgetragen.
Ziel dieser Aufsatzform ist die Vermittlung von Einsichten nach einem für den Leser nachvollziehbaren Gedankengang mit dem Zweck,
eine Entscheidung zu begründen,
eine noch zu treffende Entscheidung zu beeinflussen,
eine Forderung zu begründen,
einen Sachverhalt überzeugend darzustellen,
Pro und Contra eines Problems darzustellen,
zwei unterschiedliche Standpunkte zu einem Kompromiss zu führen.
Anwendungsmöglichkeiten
Erörterungen gibt es im Alltag oft in der mündlichen Form von Diskussionen. Je besser dabei die Standpunkte argumentativ abgesichert sind umso überzeugender verläuft die Diskussion und umso stichhaltiger ist das Ergebnis. Im politischen und juristischen Bereich finden solche argumentativen Auseinandersetzungen ständig statt.
In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung sind Erörterungen sehr weit verbreitet, etwa bei der Begründung einer eigenen These oder der Widerlegung einer anderen. Sie sollten sachlich geführt werden und sich ausschließlich auf der Verstandesebene abspielen.
In der Schule wird die Erörterung ab Klasse 8 durchgängig bis zum Abitur als Aufsatzform bearbeitet. Der Schwierigkeitsgrad der Themen steigert sich. Gelernt werden soll der Aufbau einer logische Argumentationskette und ihre adäquate sprachliche Umzusetzung
Inhalt/Themen
Themen einer Erörterung sind zumeist aktuelle Probleme, die eine Diskussion hervorrufen können oder die umstritten sind. Es können aber auch allgemeine Sachverhalte problematisiert werden, wie zum Beispiel Sport oder Freizeit. Die Palette ist sehr breit und vielfältig.
Das Thema, das zu erörtern ist, muss verständlich sein und zur gedanklichen Auseinandersetzung anregenen. Dafür ist Sachwissen nötig; das bedeutet für die Schule, dass das Thema im Unterricht besprochen worden ist oder ein hinreichendes Interesse bei den Schülern vorausgesetzt werden kann. Die Problemstellung, die das Thema intendiert, muss erkennbar sein.
Wie man eine Erörterung schreibt
Klärung von Begriffen
Je nachdem, wie das Thema der Erörterung formuliert ist, ist es zunächst wichtig, Sachverhalt oder Problemstellung zu verstehen und deutlich zu erkennen, was überhaupt erörtert werden soll. Dazu werden in der Themenformulierung die zentralen Begriffe markiert oder herausgeschrieben und im Einzelnen geklärt. Um sich die Begriffe zu verdeutlichen und verstehen zu können, was mit ihnen gemeint ist, erscheint es sinnvoll, sie eingehender zu erarbeiten. Man kann damit beginnen, die zugehörigen Oberbegriffe zu suchen, dann besondere Merkmale des Begriffs herauszustellen, ggf. die sprachliche Herkunft zu bestimmen, begriffliche Gegensätze zu finden und Verwendungsbeispiele zu untersuchen.
Diese verschiedenen Arbeitsschritte zur Analyse von Begriffen helfen beim Erfassen des Themas. Dabei können bereits verschiedene Aspekte des Themas angeschnitten werden.
Themafrage
Das oft als Aussage formulierte Thema sollte im nächsten Schritt in eine Frage umgewandelt werden, die dann auf die eigentliche Erörterung hinweist und zu einer begründeten Stellungnahme geführt wird. Die Themafrage soll das Finden und Abwägen der Argumente erleichtern.
Stoffsammlung
Nun folgt mit der Stoffsammlung die eigentliche Arbeit am Thema. Man sammelt zunächst einmal alles, was einem spontan zur Aufgabe einfällt (brainstorming). Diese Zusammenstellung erfolgt noch völlig unsystematisch. Auch die Stichhaltigkeit der Argumente wird beim brainstorming noch nicht überprüft.
Die Aspekte und Argumente werden stichwortartig niedergeschrieben und im nächsten Schritt geordnet. Man kann sie nun unter Oberbegriffen zusammenfassen und die Oberbegriffe nach Sinngruppen einteilen, damit man eine übersichtlichere Systematik erhält. Dabei kontrolliert man gleichzeitig, ob es in den Argumentationen Überschneidungen oder Doppelungen gibt, die gestrichen werden können. Hat man die Aspekte geordnet, untersucht man sie auf ihre Stichhaltigkeit und Sachlichkeit und sortiert sie wiederum in aufsteigender Reihenfolge, also der am wenigsten überzeugende am Anfang bis hin zum stärksten. Auch mögliche Gegenargumente müssen hier aufgenommen und verarbeitet werden.
Die endgültige, systematische Anordnung erfolgt in der Gliederung.
Gliederung
Mit der Gliederung erarbeitet man sich den endgültigen Weg durch die Erörterung. Sie zeigt den Aufbau der Arbeit und nennt alle Aspekte des Themas. Ähnlich wie ein Inhaltsverzeichnis dient sie als Wegweiser durch den Text. In ihr wird die Ordnung der Argumente deutlich.
Die Gliederung hat wesentlichen Einfluss auf die Qualität der Arbeit, da sie schon zeigt, ob der Schreiber das Thema erfasst und die Arbeit logisch strukturiert hat.
Der Aufbau der Gliederung richtet sich nach der Art der Erörterung, aber ganz allgemein kann man sie wie folgt aufbauen:
1. Einleitung
2. Hauptteil:
2.1. Themafrage
2.2. These
2.3. Argument
2.3.1. Beispiel
2.3.2. Beispiel
2.4. These
2.5. Argument
2.5.1. Beispiel
2.5.2. Beispiel
3. Schluss
Daraus wird deutlich, dass die Erörterung aus Einleitung, Hauptteil und Schluss besteht.
Zusammenfassend kann man die Vorarbeiten in folgende Arbeitsschritte einteilen:
Thema auswählen
Themafrage formulieren
Stoffsammlung
Stoff ordnen und prüfen, ob es keine Überschneidungen und Wiederholungen gibt
Gliederung erstellen
Einleitung, Hauptteil und Schluss als Vorabversion schreiben
Erst nach diesen Vorarbeiten soll eine Reinschrift angefertigt werden, da man in der Vorabversion noch Verbesserungen anbringen kann.
Aufbau
Die Einleitung soll in das Thema einführen. Sie ist kurz gehalten, bleibt allgemein und nimmt keine Argumente aus dem Hauptteil vorweg.
Der Hauptteil beginnt mit der Themafrage. Dann wird die Argumentation zum Thema entwickelt: die ggf. im Thema formulierten Thesen, die für sich in Anspruch nehmen, plausibel zu sein, müssen durch Argumente belegt oder widerlegt werden. Ein Argument belegt die \"Richtigkeit\" einer Aussage oder weist nach, dass sie falsch ist. Um eine These plausibel erscheinen zu lassen, bedarf es oft mehrerer Argumente, die in ihrer Beweiskraft gleichwertig oder unterschiedlich sein können.
Innerhalb der Erörterung kann der Schreiber mit dem stichhaltigsten Argument beginnen, um den Leser gleich zu Beginn zu überzeugen und für seinen Standpunkt zu gewinnen, oder aber er beginnt mit dem schwächsten und steigert sich bis zum schlagkräftigsten. Das hat den Vorteil, dass die Arbeit \"spannend\" bleibt. Alle Argumente werden dann auf das Ergebnis hin angeordnet. Oftmals wird der Leser zum Schluss erst vollständig überzeugt.
Ein Argument besteht aus drei Teilen:
einer Aussage,
deren Begründung,
Beispiele für die Aussage.
Zur Begründung können Ergebnisse aus der Wissenschaft, Aussagen von Fachleuten oder vergleichbare Sachverhalte herangezogen werden. Auch die eigene Beobachtung kann als Nachweis genutzt werden. Insgesamt ist der Hauptteil eine differenzierte Darstellung eines Sachverhalts und der eigenen Meinung.
Der Schluss muss nicht viel ausführlicher sein als die Einleitung. Er fasst kurz die Hauptaspekte der Arbeit zusammen und gibt ggf. daraus abgeleitet die eigene Meinung zum Thema wieder, die auch eine Bewertung enthalten darf.
Sprachstil
Der Sprachstil der Erörterung soll klar und eindeutig sein. Die Sprache ist sachlich, es sollte aber kein Nominalstil verwandt werden. Nicht zu lange Sätze mit Nebensätzen (Hypotaxe) machen die Aussagen und Gedankengänge verständlicher. Es kann Fachsprache benutzt werden, aber allzu viele Fremdwörter sollte man vermeiden. Übertreibungen dienen nicht der Glaubwürdigkeit des Ausgesagten. Der Einsatz von Beziehungwörtern ist sinnvoll, da sie den sachlichen Zusammenhang der einzelnen Argumente verdeutlichen.
Schon durch die sprachliche Darstellung muss dem Leser klar werden, in welcher Etappe der Erörterung er sich gerade befindet, ob etwa ein Argument pro oder contra vorgestellt wird. Dies kann man zum Beispiel in Satzanfängen wie: ich bin der Meinung, dass . . ., oder: der Meinung des Autors kann ich mich nicht anschließen, wenn er sagt . . . , weil . . .
Fehlerquellen
Die häufigsten Fehler bei einer Erörterung sind Lücken in der Argumentation. Es muss immer wieder überprüft werden, ob die Argumentationskette, die man sich überlegt hat, auch stichhaltig und lückenlos folgerichtig aufgebaut ist. Außerdem muss man kontrollieren, ob die sprachliche Wiedergabe verständlich genug ist, so dass ein Leser die Argumente nachvollziehen kann, oder ob eine sprachliche Lücke entstanden ist.
Eine weitere Gefahr besteht darin, die eigentliche Argumentation durch Erzählungen zu ersetzen, die die These belegen sollen. Es darf zwar eigene Beobachtung mit als Beleg für eine These benutzt werden, aber nicht in der Form einer Erzählung. Erzählstil gehört nicht in eine Erörterung.
|