"Ihr Ungeheuer mit euren Frauen!>
Hast du nicht gesagt: Es ist die Hölle, und warum ich bei ihr bleibe, das wird keiner verstehen. Hast du nicht gesagt: Meine Frau, ja, sie ist ein wunderbarer Mensch, ja, sie braucht mich, wüßte nicht, wie ohne mich leben -? Hast du`s nicht gesagt! Und hast du nicht gelacht und im Übermut gesagt: Niemals schwer nehmen, nie dergleichen schwer nehmen. Hast du nicht gesagt: So soll es immer sein, und das andere soll nicht sein, ist ohne Gültigkeit! Ihr Ungeheuer mit euren Redensarten, die ihr die Redensarten der Frauen sucht, damit euch nichts fehlt, damit die Welt rund ist. Die ihr die Frauen zu euren Geliebten und Frauen macht, Eintagsfrauen, Wochenendfrauen, Lebenslangfrauen und euch zu ihren Männern machen laßt. ( Das ist vielleicht ein Erwachen wert! ) Ihr mit eurer Eifersucht auf eure Frauen, mit eurer hochmütigen Nachsicht und eurer Tyrannei, eurem Schutzsuchen bei euren Frauen, ihr mit eurem Wirtschaftsgeld und euren gemeinsamen Gutenachtgesprächen, diesen Stärkungen, dem Rechtbehalten gegen draußen, ihr mit euren hilflos gekonnten, hilflos zerstreuten Umarmungen. Das hat mich zum Staunen gebracht, daß ihr euren Frauen Geld gebt zum Einkaufen und für die Kleider und für die Sommerreise, da ladet ihr sie ein ( ladet sie ein, zahlt, es versteht sich ). Ihr kauft und laßt euch Kaufen."
(Bachmann, "Undine geht", S. 178/179)
Diese Passage wird von einer Außenstehenden, weiblichen Beobachterin dargestellt. Sie beschreibt zwar aus der femininen Sicht, stellt sich aber dennoch außerhalb des Frauseins. Sie klagt somit nicht nur die Männer, mit all ihren Verhaltensweisen, sondern auch die Frau, die all diese mitmacht und hinnimmt, an.
Diese Erzählung, Anfang der sechziger Jahre verfasst, beschreibt somit den damaligen, gesellschaftlichen Zeitgeist. Der Text ruft Mitgefühl hervor und spricht für alle Frauen die in dieser Zeit ausgebeutet wurden. Die Passage lässt eine Art Aufruf an alle Frauen vermuten, die den Mut fassen sollen, sich all dies nicht mehr gefallen zu lassen.
Mit den ersten sechs Zeilen dieser ausgewählten Passage wiederholt die Anklägerin die direkten Vorwürfe, die sie an den Mann und sein Verhalten hat. Sie gibt die Vorwürfe zurück, die sie einst bekommen hat. Durch die Wiederholung des Satzes:"Hast du nicht gesagt!" spricht sie die Person direkt an und rekapituliert die von dem Mann gemachten Vorwürfe. In den nächsten Zeilen, springt sie dann in den Plural, jetzt geht es nicht mehr um das >dueuch |