Die erste Begegnung Max Frischs mit Ingeborg Bachmann fand im Jahre 1957 statt, als der für seine Identitätsproblematik bekannte Autor in München in einer Weinstube die junge Österreicherin traf, ohne dass es zu einem Gespräch kam.
Unter dem sehr starken Eindruck des Hörspiels "Der Gute Gott von Manhattan" , schreibt Max Frisch einen Brief an die ihm persönlich unbekannte Verfasserin, deren Gedichtbände er wohl kannte. Trotz seines Wissens, wieviel Anerkennung die Dichterin für ihr Hörspiel gefunden hatte, drängte es Frisch zu dem Brief, in dem er sagen wollte, "wie gut es sei, wie wichtig, dass die andere Seite, die Frau, sich ausdrückt... . Wir brauchen die Darstellung des Mannes durch die Frau, die Selbstdarstellung der Frau." Natürlich musste das, nach den Kränkungen, die Ingeborg Bachmann nicht selten von Seiten männlicher Kollegen erfahren hatte, als Ermunterung und Anerkennung wirken. Sie reagierte darauf mit einer spontanen Deutlichkeit und überraschte Frisch im "Hotel du Louvre" in Paris, wo er sich wegen einer Gastspielaufführung aufhielt. Die beiden treffen sich.
Max Frisch rekapituliert den Hergang der beginnenden Liebesbeziehung: "Die ersten Küsse auf einer öffentlichen Bank, dann in den Hallen, wo es den ersten Kaffee gibt. Ihre Reise nach Zürich. Die Verstörte am Bahnhof, ihr Gepäck ihr Schirm, ihre Taschen. Eine Woche in Zürich als Liebespaar und aus klarer Erkenntnis der erste Abschied." Es soll aber nicht bei der Trennung und Ingeborg Bachmanns Rückreise nach Neapel bleiben, denn sehr bald reist Frisch ebenfalls nach Neapel. Ein für ihn typisches Schwanken und Unentschlossensein in dieser Beziehung setzt ein. Doch Max Frisch gesteht: "In ihrer Nähe gibt es nur sie, in ihrer Nähe beginnt der Wahn."
1959 macht Max Frisch Ingeborg Bachmann einen Heiratsantrag. Auf diese Beziehung lässt sie sich nicht ein. Und sie zieht auch andere Grenzen. Sie weigert sich, ihr Leben völlig auf diesen Mann auszurichten. Zwar nimmt sie Frisch als ersten Mann mit nach Klagenfurt und stellt ihn ihrer Familie vor, aber was Frisch als Geheimnistuerei vorkommt, löst seine entschiedene Eifersucht aus, eine Eifersucht, die ihn dazu treibt, ihre Briefe zu lesen.
Grundverschieden sind die Vorstellungen beider Partner in ihrer Beziehung.
Als sich Ingeborg Bachmann und Max Frisch 1963 zum letztenmal treffen, kommt es vor der endgültigen Entzweiung zu einer letzten Enthüllung: Sie hat sein Tagebuch gefunden, es gelesen und verbrannt.
Die mehrjährige Beziehung zu Frisch war - zumindest empfand sie es so - zu einem mörderischen Existenzkampf ausgeartet, der sie als Verlierer auf allen Linien zurückgelassen hatte. Versuchte Nähe und Distanz, Gemeinsamkeit und uneinholbare Ferne scheinen sich in dieser Beziehung besonders konfliktreich ausgewirkt zu haben. (Quelle:"Ingeborg Bachmann", Peter Beicken, Verlag C.H. Beck München, 1988)
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