Vor zweieinhalb Jahrtausenden tritt die Fabel als ein ästhetisch wie intelektuell ausgereiftes Sprachgebilde in die abendländische Geschichte. Sie ist ein politisches Kampfmittel, da sie eine dialektische Struktur hat. Dies gilt nicht nur für die griechisch- römische Fabel, sondern auch für die alttestamentlichen Texte. Der historische Hintergrund der Aesopschen (Aesop lebte um 550 v. Chr. auf Samos und ist ein Sklave, der als Erfinder der Fabel gilt) Fabel ist geprägt vom Gegensatz zwischen Adel und Demos. Es kam zu einer Klassenjustiz, vor allem die breite Masse und die kleinen Bauern litten darunter. Das Leben des Adels bestand aus Kampfspielen, Wagenrennen und Jagd. Die politischen Rechte der einzelnen Bürger waren nicht gleich, sondern abgestuft entsprechend dem Mehr oder Weniger an Besitz (z.B. Solonische Klassenordnung). In diesem Widerstand der Klassen ergreift die Fabel eindeutig die Partei der Armen. Sie ist ein literarischer Aufstand gegen den Reichtum.
Die durch 5 Jahrhunderte gehende sozialkritische Dichtung bereitete nicht nur dem Adel Sorgen- Aesop wurde vom Felsen gestürzt- sondern z.B. auch der frühchristlichen Kirchenführung um den Apostel Paulus, wie aus dem 1. Timotheusbrief, einem Dienstschreiben zur Ordnung der kirchlichen Disziplin hervorgeht. Dieses Schreiben verbot die Heranziehung der Fabel in der Predigt, da sie Streitfragen hervorbringe statt Dienstleistungen im Sinne Gottes.
Im 19. Jahrhundert wurde die Fabel aus dem Tempel der "reinen" Dichtung verwiesen. Dies hat wahrscheinlich ideologische Hintergründe. Die Gattung blieb weiterhin eine niedrige Klasse. Der Hauptgrund dafür war, das die Leute die Fabel lasen, sich aber ncihts dazu gedacht haben. Deshalb fanden sie keinen Sinn darin. Die Fabel verlangt ein hohes Maß an Kunst: Wenn man nichts hinzudenkt, wird man ihre Einfalt unerträglich finden.
Hinzugedacht werden muss:
- Eine bloß formale Betrachtung verfehlt die historischen Hintergründe der Gattung und damit auch die sozialkritischen Inhalte
- Eine auf Charakterprobleme reduzierte Fabelbehandlung, wie sie in Seminaren noch oft praktiziert wird , verkennt die soziologische Absicht der Fabel.
- Wenn die Fabel nicht in ihrem historisch- politischen Kontext gesehen wird, bleibt sie weitgehend unverständlich
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