Dorfrichter Adam: Er wird als genusssüchtiger, grobschlächtiger, polternder Schürzenjäger dargestellt. Verschlagen, aber nicht im intelligentesten Sinne. Dümmlich, feige, ausweichend muss man sein Verhalten bezeichnen. Seine Dümmlichkeit ist dabei mit einer gewissen Skrupellosigkeit gepaart. (vgl. C: S.51)
Schreiber Licht, wir bereits der Name saht, ist er derjenige, der immer wieder Licht in die Verhandlungen bringt. Er und Gerichtsrat Walter dienen der Förderung der Entlarvung. "Zweideutige Sprache" und zweierlei Rechtsmaß lassen sie nicht zu. (vgl. C: S. 51)
Ruprecht - naiv und vorwitzig - und Eve - schüchtern und jungfräulich - führen ein unglückliches Liebesleben aufgrund Ruprechts Vertrauensmangel.
Frau Marthe: Sie ist die strenge, aber ehrliche Mutter Eves, die an der Schuld Ruprechts keine Zweifel hat und fest darauf besteht, dass er verurteilt wird.
Stil und Sprache:
Kleist vermeidet trotz des sachlichen Stils sich festzulegen: Konflikte und Gefühle werden nur indirekt beschrieben und erscheinen in ihrer Zwiespältigkeit. Die Figuren reden bildlich, ihre Sprache ist voller Gleichnisse und kunstvoller Metaphern, die knapp, zupackend und stark stabilisiert wiedergegeben wird. (vgl. E: S. 156) (LP: Fouqué an Varnhagen (2. Mai 1811))
Form:
Der Doppelsinn des Werks - nichts ist so wie es scheint - ist ein durchgehendes Formprinzip des Stücks. Juristische Argumentationstechniken und die Beweisführung während der Gerichtsverhandlung stellen sich letztendlich als unzuverlässig heraus. "Der zerbrochene Krug" ist ein Musterbeispiel für ein analytisches Drama (Enthüllungsdrama); das Handlungsschema ist so aufgebaut, dass für den dramatischen Konflikt wichtige Ereignisse vor der eigentlichen Bühnenhandlung geschehen, sie werden nur noch analysiert. Die Vorgeschichte ist den Bühnenfiguren grundsätzlich nicht bekannt, nur einzelne Personen kennen Teilaspekte. Aus dem Missverhältnis zwischen dem, was der Zuschauer weiß, und dem Nichtwissen einer Bühnenfigur entwickelt sich die dramatische Ironie. (vgl. E: S.153)
Wirkung und Wirkungsgeschichte:
Von sieben vollendeten Stücken Kleists wurden zu seiner Zeit nur drei uraufgeführt und auch die nur mit wenig Erfolg. (LP: Zeitung für die elegante Welt (4. April 1808))
Der wichtigste Grund für die fehlende öffentliche Anerkennung ist sicherlich die für die damalige Zeit ungewöhnliche Thematik der Kleistschen Werke (Gewalt, Sexualität, Entfremdung, Gefühlsverwirrungen und Identitätskonflikte) und deren Darstellung.
Die Wirkung seiner Werke entfaltet sich erst im 20. Jahrhundert. (Vgl. E: S.150)
Epochencharakteristik:
Sein Werk lässt sich weder in die Romanik noch in die Klassik einordnen. Kleists Leidenschaft für das Absolute rückt ihn in die Nähe moderner Dichtungen; in die Nähe eines Kafka, Camus, Sartre und anderer "Existentalisten" unserer Zeit. (vgl. E: S.149 -150)
Die zeitgenössischen Rezensenten hatten, den Autor bei allen Einwänden und Einschränkungen, aber auch aller Hochachtung vor dem Ungewöhnlichen, Inkommensurablen (=nicht vergleichbar) dieser Dramen durchweg als hoffnungsvolles junges Talent behandelt, das erst noch zur Reife kommen müsse. (vgl. F: S.5)
Querverbindungen und Begründungen:
Kleists Selbstmord ist aufgrund der Ähnlichkeit mit Lessings Bühnenfigur "Tellheim" von seinem Werk "Minna von Barnhelm" vergleichbar. Lessings Werk und "Der zerbrochene Krug" Kleist pflegt man gemeinhin als die beiden besten Lustspiele der deutschen Klassik zu bezeichnen. Aber nur "Minna von Barnhelm" dürfen wir als ein echtes Lustspiel ansehen, denn im Gegensatz zu Kleists Werk spielt kein abgründiger Bösewicht mit. (vgl. A: S.119)
Mit dem Hinweis Kleists auf den "Ödipus" ergab sich die Möglichkeit, den "Krug" als eine Umkehrung der Sophokles-Tragödie ins Komische zu verstehen. Zugleich bot der "Ödipus" dem Dichter die Möglichkeit, Gewicht und Bedeutung des komischen Hauptcharakters zu heben. Ganz besonders aber war es die analytische Technik, womit der "Ödipus" auf den Dichter des "Zerbrochenen Krugs" wirkte. (vgl. D: S. 343/347)
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