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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Brutus rede


1. Drama
2. Liebe

Da es sicherlich den Rahmen sprengen würde, jede verwendete Anrede zu untersuchen, beschränke ich mich im folgenden, wie oben bereits erwähnt, auf die Untersuchung meiner Meinung nach wichtiger Anreden, an denen man gut die Funktionen derselbigen nachweisen kann. Viele dieser sogenannten wichtigen Anreden lassen sich in Akt III, Szene 2 finden, auf welche ich mich nun beziehen werde, da dort die beiden äußerst gegensätzlichen Charaktere Brutus und Antonius nach der Ermordung Caesars zum Volk sprechen, um dieses hinter sich zu bringen. So versucht Brutus, der als erster spricht, die Ermordung Caesars durch kühle Logik zu rechtfertigen, indem er sagt, daß die Ermordung zum Wohle Roms begangen wurde und nicht aus fehlender Liebe zu oder sogar Haß gegen Caesar: ,,Not that I loved Caesar less, but that I loved Rome more.\"(III,2 Z.21f.).

     Wenig später wird er noch etwas genauer, als er sagt, daß Rom vor Caesars Ehrgeiz gerettet werden mußte: ,,As Caesar loved me, I weep for him; as he was fortunate, I rejoice at it; as he was valiant, I honour him; but, as he was ambitious, I slew him.\"(III,2 Z.24ff.). Antonius hingegen, der mit seiner Rede versucht, das Volk gegen die Mörder Caesars aufzuhetzen, argumentiert nicht sachlich, sondern er benutzt welt- und wortgewandt rethorische Figuren wie die ständige Wiederholung von Phrasen wie honourable men: ,,For Brutus is an honourable man, So are they all, all honourable men\"(III,2 Z.84f.

    ), die jedoch in krassem Gegensatz zur Intention seiner Rede stehen und letztendlich nur dazu dienen, das Volk von der seiner Meinung nach verachtenswerten Haltung der Mörder Caesars zu überzeugen. Und genau diese beiden Arten der Argumentation finden sich auch in den von beiden verwendeten Anreden an das Volk wieder. So beginnen zwar beide mit ähnlichen Floskeln (Brutus: friends und Romans, countrymen and lovers; Antonius: You gentle Romans und Friends, Romans, countrymen) aber nur um danach völlig unterschiedliche Anreden zu gebrauchen, die beim Volk höchst unterschiedliche Gefühle hervorrufen. Brutus, dessen Verstand von Logik geprägt ist, bleibt in seiner Rede größtenteils bei der von ihm schon am Anfang verwendeten Anrede. Die einzigen Unterschiede bestehen in der einmaligen Hinzufügung des Possessivpronomens my vor countrymen, sowie der einmaligen Hinzufügung des Adjektivs Good, und zwar wiederum vor countrymen (III,2 Z.54ff.

    ). Durch diese relativ neutralen Anreden des Brutus an das Volk liegt zwar mehr Betonung auf der Argumentation seiner Rede und den Gründen für die Ermordung Caesars, es ist aber letztendlich, trotz der zuerst herrschenden Begeisterung in den Reihen der Zuhörer, nicht das, was das Volk hören will, wie wenig später bei der Rede des Antonius deutlich wird. Dieser benutzt emotionale Anreden, die auch besser zu seinem rethorischen Stil passen, als die von Brutus verwendeten Anreden. Wie oben bereits erwähnt, beginnen beide mit ähnlichen Floskeln, die trotz ihrer anscheinenden Übereinstimmung vom Volk völlig unterschiedlich aufgenommen werden müssen. So ist friends bei weitem neutraler als You gentle Romans. Romans, countrymen and lovers und Friends, Romans, countrymen hingegen sind offensichtlich emotional relativ gleich, der Unterschied besteht jedoch in dem, was direkt im Anschluß daran gesagt wird.

     So sagt Brutus in seinem nüchternen Redestil hear me for my cause, wohingegen Antonius den Zuhörern mit der Floskel lend me your ears schmeichelt. Diese Schmeicheleien ziehen sich durch seine gesamte Rede und spiegeln sich in seinen Anreden wieder. So ist die nächste direkte Anrede an das Volk das nicht standesgemäße masters(III,2 Z.123), da er derjenige ist, der von seinem Rang her höher anzusiedeln ist als das größtenteils einfache Volk, das ihm zuhört. Eigentlich könnte er erwarten, vom Volk masters genannt zu werden. Der Grund für die Wahl dieser Anrede ist sicherlich in dem von ihm verfolgten Zweck, sich mit dem Volk zu solidarisieren, zu suchen.

     Dieser Effekt wird noch durch den emotional Verzweiflung ausdrückenden Ausruf O verstärkt, der direkt vor der Anrede masters steht und Antonius und das Volk noch näher zusammenbringt, da es so wirkt, als wolle er Hilfe von ihnen erbitten, da er es so scheinen läßt, als ob er selbst nicht mehr weiter weiß. Die nächste Anrede dient wiederum dem gleichen Zweck. Es ist die Anrede gentle friends in Zeile 142, bei der man wiederum denken könnte, daß sie sich nicht sonderlich von der ersten Anrede des Brutus unterscheidet. Aber Brutus benutzte die Anrede friends ohne das schmeichelnde gentle des Antonius, der aufgrund seiner Anreden und natürlich der Form seiner Rede an sich, wenig später das Volk davon überzeugt hat, daß die Mörder Caesars umzubringen sind. Aber obwohl er sein Ziel bereits erreicht hat, folgen noch weitere schmeichelnde Anreden wie Good friends, sweet friends(III,2 Z. 211) im weiteren Verlauf seiner Rede, die ihm schließlich von Seiten des Volkes höchste Anerkennung verschaffen, was sich in Zeile 216 äußert, als er vom Volk mit der Anrede most noble Antony bedacht wird.

     Rede des Brutus: Monologisch, belehrend. Eigene Glaubwürdigkeit alsHauptargument. Gerichtsrede (überlässt das Urteil den Zuhörern). TransparenteArgumentation: Logische Alternativen; Trennung von Gefühl und Moral; rhetorischeFragen, die er selbst beantwortet. Er \"bewegt\" nicht: Verlässt sich auf Ethos(Glaubwürdigkeit) und Logos (Argumente). Idealistisches Menschenbild: Erkenntnis bewegt den Menschen.

     Die Rhetorik geht von einem anderenMenschenbild aus: Verstand, Gefühle und Triebe müssen bewegt werden.

 
 

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