Volksmärchen:
Bei ihnen agiert das Volk als kollektiver Erzähler, es sind jedoch Spuren individueller Bearbeitung zu entdecken. Das volkstümliche an diesen Märchen sind einfache, nicht komplexe Strukturen, Formelhaftigkeit, typenhafte Gestalten, leicht verständlicher, bildhaft anschaulicher Stil. Das Volksmärchen nimmt die Perspektive des Glück- und Erfolglosen ein, der nach den ihm verwehrten Dingen strebt und diese schließlich auch erreicht. Die Herkunft aus unteren sozialen Schichten ist bei diesem Märchentyp schon allein durch die Hoffnung spürbar, die ausgedrückt wird.
Kunstmärchen:
Sie stammen meist aus der Epoche der Romantik und haben individuelle Verfasser wie z.B. Brentano, Tieck, Hoffmann, Hauff, Mörike, Andersen und andere. Dadurch zeichnet sich auch der literarische Individualstil des Autors sowie dessen eigene Aussageabsicht in den Erzählungen ab. Kunstmärchen verkörpern zwar das Wunderbare, durchkreuzt von der Wirklichkeit, jedoch begegnet man dieser mit einer gewissen Skepsis. Ihre Inhalte, Motive und Symbole entspringen der Imagination der Autoren. Das Kunstmärchen drückt unerfüllbare romantische Sehnsüchte aus. Während die Verwirklichung des Glücksstrebens beim Kunstmärchen scheitert, endet das Volksmärchen meist mit erfülltem Glück. Im Gegensatz zu den Volksmärchen, die sich an den unteren Schichten orientieren, gibt das Kunstmärchen umfassende, existentielle und gesellschaftlich-geschichtliche Problemstellungen wieder, die in komplexen Strukturen dargestellt sind.
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