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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Balthasar


1. Drama
2. Liebe

Balthasar, der Held des Buches, wird vom Erzähler grösstenteils unkritisch positiv dargestellt. Er ist der stärkste Gegenpol zu den im vorigen Kapitel dargestellten Personen. Balthasar kritisiert jene z.T. schon sehr genau und lebt dabei auch eine Alternative. Wegen seiner respektvollen Haltung zu Natur und Mitmenschen ist Balthasar eine zentrale Vorbildsfigur für Romantiker. Weiter unten wird aber gezeigt werden, dass für E.T.A. Hoffmann auch die Romantik mit ihren Idealen kritisiert werden muss, wenn sie sich von ihren eigenen Utopien eine heile Welt erwartet.
Balthasar hat ein sehr empfindliches Gemüt. Terpins sogenannte Experimente kommen Balthasar vor "wie eine abscheuliche Verhöhnung des göttlichen Wesens, dessen Atem uns in der Natur anweht und in unserm innersten Gemüt die tiefsten heiligsten Ahnungen aufregt" (S.26). Hier äussert sich diese Empfindlichkeit als Feinfühligkeit für solche "Ahnungen", für Stimmungen in der Natur. Noch vor Pulcher hört er auch die "himmlische Musik" (S.52) von Alpanus, und auch die Sanftheit, die er dem Zinnober gegenüber zeigt (vgl. S.28), beweist sein Einfühlungsvermögen, seine Feinfühligkeit im Gegensatz (z.B.) zu Fabian. Balthasars Empfindlichkeit ist die für jene Ansprüche des Subjekts, die nicht vollends unter die Logik der instrumentellen Vernunft subsumierbar sind (z.B. Gefühle, vgl. Kapitel "Romantik").
Diese Feinfühligkeit lässt Balthasar die Natur in ihrer Allmacht fühlen. Daraus entsteht eine Haltung der Bescheidenheit, d.h. der richtigen Einschätzung der eigenen (Ohn-)Macht gegenüber der Natur. Deren Verkennung wirft er Terpin vor: Er spricht vom "Wahnsinnigen, der in geckenhafter Narrheit König und Herrscher ein selbst gedrehtes Strohpüppchen liebkost, wähnend, die königliche Braut zu umhalsen!" (S.26) Durch ihre Schönheit in der Ganzheit wie im Detail zeigt sich die Natur dem Balthasar von der positiven Seite. Daher begegnet er ihr mit Achtung, und da die Natur alles umfasst, gilt Balthasars Achtung auch dem einzelnen Menschen, den Tieren und Pflanzen.
Aus all dem ergibt sich für Balthasar eine grosse Sensibilität für die Folgen seines eigenen Tuns und Lassens, wie er sie mit seiner Kritik an Terpin beweist (dass dies nicht eine notwendige Folge aus der oben beschriebenen Feinfühligkeit, oder der Nichtverdrängung der eigenen Gefühle schlechthin, ist, zeigt die Person Vincenzo Sbiocca, vgl. weiter oben). Es ist jedoch schwierig, hier von Verantwortungsbewusstsein Balthasars zu sprechen. Sein wichtigstes, wenn nicht gar ausschliessliches Handlungsmotiv ist, Candida ,zurückzuerobern'. In Analogie zu den Bürgern Dtschinnistans, die "ohne es selbst zu wissen"(S.14) gute Staatsbürger(Innen?) blieben, ist Balthasar wenn auch nicht ein verantwortungsbewusster, so doch ein verantwortungsvoll handelnder Bürger. Der ,Prototyp' eines verantwortungsbewussten Menschen ist in Alpanus zu suchen (vgl. entsprechendes Kapitel).
In einem anderen Wortsinn äussert sich "Empfindlichkeit" auch in Balthasars Verletzlichkeit. Besonders empfindlich reagiert Balthasar auf Fabians leichtsinnige Bemerkungen zu seiner Liebe zu Candida. Hier zeigt sich Balthasars Menschlichkeit in seiner Unvollkommenheit: Er empört sich darüber, dass Fabian ihn für einen Gecken hält und hört doch sehr vernehmlich seine innere Stimme, die ihm zuflüstert, dass Fabians Verspottungen, die Balthasar eigentlich ja nur in ihn hineininterpretiert, der Wahrheit entsprechen (vgl. S.30/31). Ein menschlich-widersprüchlicher Charakter, so wie wir Leser ihn lieben. Hier zeigt sich (wieder) Balthasars Feinhörigkeit zu seiner inneren Stimme, die gleiche, die ihm auch die romantischen Geheimnisse zuflüstert.
Balthasar bekommt zwar vom Erzähler kein explizites Wort an Kritik, doch dessen Entschuldigung für den Mangel an Vernunft eingangs des letzten Kapitels deutet klar darauf hin, dass Balthasar nicht durchwegs positiv zu sehen ist. Harte, aber versteckte Kritik hagelt es in folgender Passage S.46. Balthasar: Als ich endlich (.) der holden, süssen Candida meine Liebe gestand, las ich denn nicht in ihren Blicken, fühlte ich nicht an dem Druck ihrer Hand meine (Hervorhebung B.T) Seligkeit?". Es ist die selbe Kritik wie in E.T.A. Hoffmanns "Sandmann" an Nathanael, dem eine Maschine wie Olimpia genügt, um dorthinein die eigene Glücklickkeit zu projizieren. Schwächer zwar als Nathanael, lebt auch Balthasar in einer Welt, die die Tendenz hat, sich von der Realität zu lösen und in den eigenen Phantasien aufzugehen. Balthasar spricht mit keinem Wort die Seligkeit von Candida an, die ihn fast ebensowenig interessiert wie Nathanael die von Olimpia. Die Frage ist berechtigt, ob er nicht trotz seiner scharfsinnigen Kritik am ,gefühllosen Materialisten Terpin' (aus seiner Sicht, vgl. aber auch weiter unten) eine ebenso eingeschränkte Sicht der Welt hat wie dieser, wenn er die Welt nur noch durch die stark verfälschende Brille der eigen Phantasien und Wünsche sieht.
Die daraus folgende Unmöglichkeit, sich an den Tatsachen der Welt zu orientieren, beschehren Balthasar die Gefahr, durch die eigenen himmelhohen Glücksgefühle und abgrundtiefen Depressionen von innen her zerrissen zu werden. Er verzweifelt ziemlich schnell (vgl. Balthasars Reaktion auf Pulchers Brief S. 82: dem Pulcher gibt die Geschichte", die Verspottung Zinnobers als Mycetes Belzebub, realistischerweise "einen Schimmer von Hoffnung", während Balthasar "ganz in Verzweiflung darüber" ist, was ihm der Freund geschrieben hat (S.82) ), obwohl dies in der momentanen Lage noch gar nicht (oder nicht mehr) nötig wäre. Er beschimpft Alpanus ungerechtfertigterweise der Täuschung und Untätigkeit, obwohl dieser bereits begonnen hat, gegen Zinnober vorzugehen.

 
 

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