Charakterisierung der Hauptfiguren
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In der Erzählung "Der Ausflug der toten Mädchen" sind unter anderem sie und ihre besten Freundinnen Leni und Marianne die Hauptfiguren.
Sie selber berichtet gar nichts über sich selbst, im Gegensatz zu den Aufzählungen ihrer Freundinnen.
Leni ist am Anfang der Erzählung 16 Jahre alt. Sie kommt aus ärmlichen Verhältnissen, was man auf die Textstelle auf Seite 10 erkennen kann.
"Leni stemmte sich kräftig mit ihren großen Füßen ab, die in eckigen Knopfschuhen steckten. Mir fiel ein, dass sie immer die Schuhe eines älteren Bruders erbte."1)
Aus diesem Textauszug erkennt man, dass sie aus ärmlichen Verhältnissen kommt, weil sie immer die Schuhe von ihren Brüdern geerbt hat und selber keine eigenen bekommen hat.
Sie hat dichte Augenbrauen und ein rundes Gesicht, welches wie ein Apfelgesicht aussieht.
" Ihr Gesicht war so glatt und blank wie ein frischer Apfel [.]" 2)
" Sie hatte dichte zusammengezogene Brauen in ihrem runden Gesicht der entschlossenen, etwas energischen Ausdruck, den sie bei allen schweren Unternehmungen annahmen." 3)
Hier kann man lesen, was für eine Gesichtsform sie hatte und woran man ihre Gefühle erkennen konnte, nämlich an den Blicken.
In ihrer Jugend vermittelt sie zwischen ihrer Freundin Marianne und dem Freund Otto.
" [.] wie eine echte Schwester, in Freud und Not der Liebe eine gute Betreuerin, die gewissenhaft Briefe und heimliche Zusammentreffen vermittelte." 4)
Durch das heimliche vermitteln beweist Leni, was für eine Bindung zwischen ihr und Marianne stattgefunden hat, sie war wie eine große Schwester für sie und sie hatten eine enge Beziehung zueinander.
Diese Beziehung jedoch ging in der Zukunft verloren, weil Leni mit ihrer Urlaubsliebe, Fritz heiratete, der ein Gegner der Nationalsozialisten war.
" [.] dass er von den Nazis verbotenen Druckerei verhaftet worden war" 5)
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1) Seghers 1943: 10
2) Seghers 1943: 11
3) Seghers 1943: 11
4) Seghers 1943: 20
5) Seghers 1943: 11
Er wird verhaftet, woraufhin Leni eine Aussage über ihren Mann machen soll und durch Verweigerung selber abgeschleppt wird. Sie wird verprügelt und hat schlimme Narben am Gesicht, obwohl Anna Seghers diese bei ihrer Illusion von ihrer Freundin nicht sieht.
"[.] nicht die geringste Narbe von den Schlägen, die ihr die Gestapo bei der Verhaftung versetzt hatte, als sie sich weigerte über ihren Mann auszusagen." 6)
Lenis Ehemann kommt nicht mehr zurück, aber aus der Ehe ist eine Tochter entstanden, über die sich jetzt die Nachbarn sorgen machen, nachdem auch die Mutter verhaftet worden ist. Mit der Hoffnung Reisegeld von Marianne zu bekommen gehen sie zu ihr. Jedoch werden sie kaltblütig abserviert und Marianne droht ihnen auch sie verhaften zu lassen.
" [.] das schutzlos zurückgebliebene Kind der Leni gehörte sofort in ein nationalsozialistisches Erziehungsheim. [.] damit es nach Berlin zu Verwandten des Vaters fahren könnte. Sie liefen um Reisegeld zu leihen, zu Marianne [.] . Marianne weigerte sich und fügte hinzu, ihr eigener Mann sei ein hoher Nazibeamter." 7)
Leni stirbt in einem Konzentrationslager für Frauen, wegen Krankheit und Hunger.
Aus diesen ganzen Textbeispielen kann man entnehmen, dass Leni eine freundliche, tolerante und sehr vertrauenswürdige Person war. Denn sie half ihrer Freundin sich mit ihrem Freund zu treffen, sie schwieg für ihren Ehemann, obwohl sie wusste dass er etwas gegen das Gesetz tut und sie selber mit ihm zusammenarbeitet. Aber trotz den ganzen Freundschaftsdiensten, die Leni für Marianne gemacht hat, entscheidet sich Marianne gegen diese alte Freundschaft und hilft ihr nicht, als Leni diese Hilfe für ihre Tochter in Anspruch nehmen möchte.
Marianne wird als die hübscheste der Klasse beschrieben, die aschblonde Zöpfe in Kringeln über die Ohren gesteckt hatte. Ihr Gesicht wird mit Marmorfiguren verglichen, die so glatt und ebenmäßig sind. Das Außergewöhnliche an ihr ist, dass man die Herzlosigkeit oder Gewissenskälte nicht in ihren jungen Gesichtszügen erkennen kann. Erst in ihrem späteren Leben kommt dies zum Vorschein.
" [.] das hübscheste Mädchen aus der Klasse, die hohen dünnen Beine vor sich auf dem Brett verschränkt. Sie hatte aschblonde Zöpfe in Kringeln über die Ohren gesteckt. In ihrem Gesicht, so edel und regelmäßig geschnitten wie die Gesichter der steinernen Marmorfiguren aus dem Mittelalter im Dom von Marburg, war nichts zu sehen als Heiterkeit und Anmut. Man sah ihr ebenso wenig wie einer Blume Zeichen von Herzlosigkeit an, von Verschulden oder Gewissenskälte" 8)
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6) Seghers 1943: 11
7) Seghers 1943: 11
8) Seghers 1943: 11-12
Sie verlobte sich mit der Vermittlungshilfe von Leni mit Otto, der beim ersten Weltkrieg gefallen ist. Sie heiratete dann mit Gustav Liebich einem Sturmbandführer der SS. Sie wurde so von ihm und seiner
nationalsozialistischen Einstellung geprägt, dass sie begann auch nationalsozialistisch zu denken. Deswegen verweigert sie auch ihre Hilfe, der kleinen Tochter von Leni zu helfen, als Leni im Konzentrationslager sitzt.
" Marianne weigerte sich und fügte hinzu, ihr eigener Mann sei ein hoher Nazibeamter, und Leni samt ihrem Mann seien zu Recht arretiert, weil sie sich gegen Hitler vergangen hätten." 9)
Marianne kommt bei einem Bombardement während ihres Besuchs im Elternhaus um.
Eigentlich sollte man denken, dass Marianne durch die tiefgesetzte Freundschaft mit Leni ihr auch in ihrer Not helfen sollte, was sie aber nicht tut. Es hätte keiner der Charaktere gedacht, dass sie ihre Freundschaften durch das Hitler- Regime verlieren und somit hintergangen würden. Aus der Sicht von Marianne war Leni die Schuldige, weil sie sich gegen Hitler gewendet hat und andersherum gesehen war Marianne die Schuldige, weil sie die Theorien des grausamen Führers befolgte.
In der zweiten Erzählung sind die wichtigen Personen Nathan Levi und Jakob Levi, sein Sohn.
Nathan ist ein allein erziehender Vater, der kleinwüchsig und einen Bart hat. Von Beruf ist er Kürchner. Seine Schwiegereltern sind die Grünbaums. Nathan Levi ist eine Person die versucht in allen Situationen seine Familie zusammenzuhalten, diese Eigenschaft hat auch sein Bruder aus Frankreich, der extra nach Wien kommt um sie mit zu sich zu nehmen. Seine Zuneigung zu seinem Sohn wird sehr deutlich, dass er es schwer hat sogar seinen Schwiegereltern den kleinen Jungen zu geben.
"Der Schwiegersohn, der klein gewachsen war, nahm es meistens auf seine Knie. Er gab es nur Ungern den Großeltern." 10)
Er liebt seinen Sohn über alles, weil er das einzige ist was ihm von seiner Ehe geblieben ist und er dies so lang wie möglich für sich haben möchte. Er ist sehr stolz auf seinen Sohn, weil dieser den Beruf des Mediziners erlernen will und nicht in seine Fußstapfen als Pelzmacher treten möchte. Seine Liebe ist so tiefgründig, dass er bei jeder Gelegenheit versucht ihn zu berühren und ihm so seine Liebe zu zeigen.
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9) Seghers 1943: 11
10) Seghers 1943: 42
" Sein Vater versuchte manchmal heimlich sein Haar oder wenigstens seine Hand zu berühren." 11)
Diese Vater- Sohn- Beziehung war so intensiv, dass sie während der ganzen Palästina Reise des Vaters erhalten blieb. Sogar als der Sohn stirbt, veranlasst er, dass dies seinem Vater nicht berichtet werden soll, weil er vielleicht dadurch auch krank wird. Auch als der Vater selber blind und alt wurde, wollte er, dass dies nicht dem Sohn berichtet wird. Somit wurde der Briefverkehr nicht unterbrochen.
"[...] nach seinem Tod einen Brief nach dem anderen abzuschicken." 12)
Jakob Levi ist der einzige Sohn von Nathan Levi und das einzige was Nathan von der Ehe mit seiner Frau geblieben ist. Er hat seine Mutter noch nie kennen lernen können, weil sie schon starb als er klein war. Die Liebe die sein Vater für ihn empfindet ist viel stärker als seine zu seinem Vater. Jakob wächst zu einem sehr zielstrebigen Mann heran und möchte seinen eigenen Wünschen und Wegen nachgehen, weshalb er auch entscheidet Arzt zu werden.
"Der kleine Levi trat überraschend früh zum Examen an. Der Vater erfuhr erst hinterher, dass nur die Schüler zugelassen waren, die sich bei der Armee freiwillig angestellt hatten." 13)
" Der Vater ein Kürchner oder einen Kaufmann oder einen schlauen Juristen erwartet hatte, war zuerst über die Berufswahl verwundert." 14)
Er heiratet die Nachbarstochter und aus dieser Ehe kommt ein Sohn. Sie führen ein glückliches Leben, bis Jakob durch eine Krankheit stirbt. Vor seinem Tod aber möchte er, dass seine Frau den Briefkontakt zu seinem Vater, der in Palästina ist, weiter beibehält und ihm nicht sagt, dass er gestorben ist.
" Der alte Levi, dem das schöne Mädchen überaus für den Sohn behagte, riet dem Nachbarn, endlich die Erlaubnis zu geben, dass die Tochter aller häuslichen Pflicht ledig werde [.] und diese für seinen Sohn weiterführe." 15)
Der Jakob ist sehr nach seinem Vater geprägt, aber dennoch selbstständig genug um seinem eigenen Willen zu verfolgen. Er ist immer respektvoll zu seinem Vater und seiner Umgebung gewesen. Es liebt seinen Beruf und seine Familie und war der glücklichste Mensch, aber um seinen Vater nicht unglücklich zu machen, möchte er auf keinen Fall, dass dieser von seinem Tod erfährt.
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11) Seghers 1943: 49
12) Seghers 1943: 59
13) Seghers 1943: 49
14) Seghers 1943: 50
15) Seghers 1943: 49
"Das Ende" hat nur einen Hauptcharakter, Zillich. Er war ein grausamer KZ- Wächter, der außerdem auch in seinem Privatleben zu Gewalttätigkeiten neigte.
"Er gab dem Jungen, der mürrisch davon trabte, noch einen Tritt in den Hintern." 16)
Er neigte dazu auch Gewalt an seine Frau anzuwenden, mit der er sowieso nicht freiwillig geheiratet hatte. Er beschimpfte sie und gab ihr minderwertigkeitskomplexe.
"Sie sei ein wider wertiges Weibsbild, gar schlampig und hässlich und blöd." 17)
Nach seiner Arbeit als KZ- Wächter begibt er sich auf die Flucht vor seinen Verfolgern und stellt sich unter verschiedenen Namen vor.
"Zillich log schnell: < Schulze>." 18)
Längere Zeit schafft es Zillich seine Mordgelüste oder gewalttätigen Handlungen zu beherrschen. Jedoch als er in einer Kneipe sitzt und ihn ein alter Bekannter Verraten will, dass Schulze eigentlich ein gesuchter KZ- Wächter ist, kommen in ihm wieder die Mordgedanken hoch. Aber er macht das Gegenteil, er bringt nicht jemand anderen, sondern sich selbst um.
"Niemand, der sich als Freitag ausgibt, weiß seine eigentliche Identität und möchte ihn verraten gehen. In diesem Moment gehen Zillich verschiedene Mordgedanken durch den Kopf." 19)
"Er konnte nicht mit dem Gedanken leben, dass er den Rest seines Lebens in Gefangenschaft sitzen soll [.] und erhängt er sich in einem verlassenen Raum in der Kneipe." 20)
Auf die Todesnachricht seines Vaters ist der Sohn sehr erfreut, denn er war es Leid immer von ihm geschlagen und missachtet zu werden.
"Der Junge erstrahlte. Seine Augen glänzten auf. Sein ganzes Gesicht strahlte vor Freude." 21)
Zillich war ein sehr brutaler Mensch in seinem Leben. Aber als er sich auf die Flucht begeben hat, hat er sich unter anderen Namen vorgestellt, was zeigt, dass er eigentlich ein Mensch ohne Gesicht ist und durch Feigheit nicht seine wahre Identität vorzeigen kann.
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