Bei der nachfolgenden Analyse der Szene auf den Seiten 103-108 aus Hermann Hesses "Der Steppenwolf" liegen die Schwerpunkte auf der Frage, was der Grund für den Eklat ist und was dies und die Szene im Gesamten über Haller aussagt.
Am Abend macht sich Haller auf dem Weg zum Professor, der ihn zum Abendessen mit ihm und seiner Frau eingeladen hat. Nach den Eintritt in die Wohnung und der Begrüßung durch das Hausmädchen hat Haller zunächst das Bedürfnis etwas in die Hände zu nehmen, was auf Nervosität und Unsicherheit schließen lässt. Er greift zum nächstgelegenen Gegenstand, von dem sich nach genauerer Betrachtung herausstellt, dass es sich um eine Radierung von Goethe handelt. Während Haller im Vorzimmer auf den Hausherren wartet setzt er sich mit der Radierung auseinander. Hier zeigt sich sein Kunstpessimismus: Er empfindet die Radierung als unzutreffend und er beschreibt "diese eitle und selbstgefällige Darstellung des alten Goethe" als einen "fatalen Missklang" (S. 104). Weiterhin schließt er von der Radierung auch auf seine Besitzer und die gesamte Umgebung: " und zeigte mir, dass ich nicht am richtigen Orte sei." (S.104). Als die Frau des Professors eintritt sind Hallers Hoffnungen, doch noch nach Hause gehen zu können, zunichte gemacht, denn er fühlt sich verpflichtet mit ihr in die Konversation zu treten und so schließt sich eine kurze Unterhaltung an, die Haller als unangenehm und oberflächlich empfindet, was möglicherweise daran liegt, dass er auf seine Frau angesprochen wird, von der er mittlerweile allerdings geschieden ist, und er dies als unangenehm empfindet. Kurz darauf tritt der Professor ein und dieser erzählt Haller von einem Publizisten, der kriegskritische Schriften veröffentlichte und auch Haller hieß. Der Professor äußert sich sehr kritisch diesem Publizisten gegenüber und Haller, der selbst dieser Publizist ist, spürt aufkommendes Unheil, gibt sich jedoch noch nicht als der thematisierte Publizist zu erkennen. Anschließend treten alle in die Speisekammer ein und am Esstisch findet erneut eine Konversation statt, die Haller allerdings nicht detailgetreu wiedergibt sondern er beschreibt sie als zwanghaft und oberflächlich. Er fühlt sich jämmerlich und sucht krampfhaft nach Antworten, die ihm in der Situation zutreffend er scheinen, auch wenn die Antworten nicht seiner eigenen Meinung entsprechend und sie nur ein Weg sind einer Diskussion zu entgehen. Nach dem Essen gehen alle wieder ins Vorzimmer um einige Getränke einzunehmen. Dann allerdings kommt es zum Eklat denn Haller äußert sich abfällig über die Goethe-Radierung, von der sich herausstellt, dass sie von der Frau des Professors stammt, die Hallers kritischen Äußerungen mitanhörte und daraufhin den Raum gekränkt verlässt. Haller gerät in Erklärungsnot und entschuldigt sich sowohl beim Professor als auch bei seiner Frau und erklärt er leide unter Schizophrenie.
Der Professor versucht die für beide Parteien unangenehme Situation zu umgehen und sagt er habe die Gespräche mit Haller genossen und als anregend empfunden, Haller jedoch erklärt ihm sei die Lust an solchen Gesprächen vergangen, dass er ihn im Verlaufe des Abend einige Male angelogen habe und er eröffnet dem Professor auch, dass er der Publizist ist, den er kritisierte. Haller verabschiedet sich noch kurz, steht auf, nimmt seine Sachen und läuft hinaus in die Nacht.
Bei der Frage nach dem Auslöser für den Eklat lässt sich der Kampf zwischen Hallers beiden alter Egos nennen. Auf der einen Seite steht das "bürgernähere" alter ego von Haller, das dem bürgerlichen nicht abgeneigt ist und sich auch nach etwas wie Heimat sehnt, auf der anderen Seite allerdings steht Hallers steppenwölfische Seite, die die Oberflächlichkeit und den Stillstand in der Gesellschaft sowie das Verkennen von, seiner Meinung nach großen Künstlern, ablehnt. Diese beiden alter Egos bekämpfen sich an diesem Abend besonders vehement, denn das steppenwölfische ihm kämpft gegen die oberflächigen Gespräche und das erzwungene Bemühen nach "richtigen" Antworten in der Konversation ab während das "bürgernähere" alter ego die Nähe und den Kontakt zu anderen Menschen genießt und die Anerkennung des Professors wie ein Schwamm aufsaugt. Während des gesamten Konversation im Speisezimmer tragen Hallers alter Egos diesen Kampf in ihm au und dadurch fühlt er sich zunehmend unwohl. Als es jedoch zum Eklat kommt zeigt sich, dass das "steppenwölfische" in Haller gesiegt hat, denn Haller selbst drängt darauf, dass der Kampf aufhört: " Ich war wie besessen von dem Gefühl, dass die Situation unerträglich sei, dass es mir jett gelingen müsse, meine Wirte entweder zu erwärmen, mitzureißen und auf meinen Ton zu stimmen oder aber vollends eine Explosion herbeizuführen." (S. 107). Es kommt daher zwar nicht zum "Erwärmen der "Wirte", wie er seine beiden alter Egos nennt, sondern es kommt zur Explosion. Auch wenn die Situation insgesamt im Nachhinein sehr unangenehm für ihn ist, was er allerdings nicht ahnt, ist diese "Explosion" ein Weg für ihn, auch wenn nicht der bequemste, den Kampf zwischen seinen alter Egos kurzfristig zu beenden und aus dieser quälendenden Kampfsituation zu entfliehen.
Weiterhin lässt sich in dieser Szene erkennen, dass Hallers ambivalente Beziehung zur bürgerlichen Gesellschaft, die sich in den beiden alter Egos äußert, weiter in eine negative Halten dem bürgerlichen Leben und der Gesellschaft verschoben wird, denn das "steppenwölfische" alter ego gewinnt den Kampf und gewinnt somit an Dominanz. Weiterhin wird hier auch deutlich, dass sich Haller seiner "Schizophrenie", wie er seine innere Zerrissenheit dem Professor gegenüber bezeichnet, durchaus bewusst ist und dass er den Kampf zwischen den beiden alter Egos aus quälend empfindet, was sich auch körperlich äußert, denn er bekommt empfindet eine "körperlich (im Unterleid) fühlbare Not" (S. 106).
Insgesamt ist diese Szene ein weiterer Schritt in der Entwicklung von Hallers Beziehung zur bürgerlichen Gesellschaft zum negativen hin und es zeigt sich an dieser Szene sehr deutlich, wie schlimm Hallers innere Zerrissenheit ist.
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