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biologie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Wie sich ein deutscher humanist mit den "hunden des herrn" anlegte



Entsprechend dem gesellschaftlichen Entwicklungsgefälle von Italien nach Deutschland, vermochte sich der deutsche Humanismus nicht im gleichen Maß von der Religion zu lösen wie der italienische. Dennoch: die gefährliche Borniert der Dominikaner etwa beleidigte den Intellekt der Humanisten.
Daß die Ketzerbekämpfung das Hauptanliegen des Dominikanerordens darstellte Der Dominikanerorden war zu Beginn des 13. Jahrhunderts, in den Tagen des Kampfes gegen die ketzerischen Albigenser in Südfrankreich, vom heiligen Dominikus gegründet worden. Ihrer Tradition der Ketzerbekämpfung blieben die Dominikaner treu. Sie liebten es, sich als "domini canes", als die "Hunde des Herrn" zu bezeichnen. Sie nahmen die Witterung der Ketzer auf, stellten sie und überantworteten sie der heiligen Inquisition, die hauptsächlich von Angehörigen ihres Ordens (und Franziskanern) ausgeübt wurde.
Was man unter "Inquisition" versteht Der Begriff Inquisition bezeichnet ganz allgemein ein strafrechtliches Verfahren, in dem die selbe Instanz Anklage erhebt, untersucht und das Urteil fällt.
Diese Vorgangsweise war im Rechtswesen des Mittelalters allgemein üblich. Die "heilige" Inquisition als Schöpfung des Heiligen Stuhles war seit dem 13. Jahrhundert mit dem weltlichen Strafvollzug verknüpft, als die Bekämpfung der ketzerischen Sekten zu einem Anliegen aller feudalen Gewalten wurde. Bezeichnenderweise wurde im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die Hinrichtung von Ketzern auf dem Scheiterhaufen ausgerechnet durch den gebildeten und weltmännischen Staufer Friedrich II. verfügt, der in ewigem Streit mit dem Papst lag, der sich mit Beratern aus dem islamischen Kulturkreis umgab, der in so kritischer Distanz zum Christentum stand, sodaß ihm manche nachsagten, er sei Atheist.
Einmal mehr wird deutlich: Wo die Herrschaft religiöse Weihe erhält, ist Widerstand "Ketzerei", an deren Ausmerzung dem Herrscher auch dann gelegen sein muß, wenn er nicht religiös ist.
Dominikaner (Heinrich Institoris und Jakob Sprenger) waren es übrigens auch, die (1487) den berüchtigten "Hexenhammer" verfaßt hatten, ein Strafgesetzbuch bzw. eine Strafprozeßordnung für Inquisitionsprozesse. Darin spielte der von Papst Innocenz VIII. in einer Bulle (Summis desiderantis affectibus, 1484) geäußerte Gedanke eine große Rolle, daß die Ketzerei nicht natürlichen Ursprungs, sondern nur das Werk von Dämonen sein könne.
Wie sich die Dominikaner auch mit der Frage beschäftigten, ob man den Talmud verbrennen müsse Die Dominikaner, widmeten ihre Aufmerksamkeit auch der Frage, ob und welche Schriften der Juden Schmähungen des Neuen Testaments, Jesu oder Mari¬ens enthielten, um sie gegebenenfalls den Flammen zu übergeben.
Sie bedienten sich dabei eines getauften Juden, der in ihrem Auftrag eine Reihe wenig fundierter Schriften verfaßte, in denen er beispielsweise behauptete, die Juden beichteten den Hühnern und Fischen.
Wie der Sachverständige Reuchlin nicht zu dem gewünschten Schluß kam und darüber in einen Streit mit den Dominikanern geriet Der Erzbischof von Mainz trat dem Übereifer der Dominikaner entgegen und regte die Bildung einer Kommission an, der auch der große deutsche Humanist Johannes Reuchlin (1455-1522) als Sachver¬ständiger angehörte. Reuchlin legte in einer Schrift mit dem Titel "Augenspiegel" seine Auffassungen dar, aus denen keineswegs die Notwendigkeit einer Talmudverbrennung gefolgert werden konnte.
Eine besondere Sympathie für die Juden war dabei nicht im Spiel. Johannes Reuchlin kleidete seine Abneigung ihnen gegenüber beispielsweise in folgende Worte:
"Jeden Tag beleidigen, beschmutzen und lästern sie Gott in der Person seines Sohnes, des wahren Messias Jesus Christus. Sie nennen ihn einen Sünder, einen Zauberer, einen Gehenkten. Sie behandeln die heilige Jungfrau Maria als Haria, als böses Weib. Sie gehen mit den Aposteln und Jüngern um als mit Häretikern. Und uns Christen halten sie für dumme Heiden."
Auf einem anderen Blatt stand Reuchlins Interesse an der hebräischen Sprache, in der er sich von Jacob Loans, dem jüdischen Leibarzt Kaiser Friedrichs III. (!), hatte unterweisen lassen. Er galt als der einzige Christ in Deutschland, der Hebräisch konnte.
Wie andere Humananisten die "Dunkelmännerbriefe" schrieben, um Reuchlin zu Hilfe zu kommen Durch sein Gutachten geriet Reuchlin in einen viele Jahre währenden Streit mit den Dominikanern, in dessen Verlauf die berühmten "Dunkelmännerbriefe" entstanden, Satiren, in denen Ulrich von Hutten, Crotus Rubeanus und andere Humanisten die Borniertheit der Dominikanermönche verspotteten, die partout den Talmud und Reuchlins "Augenspiegel" verbrannt sehen wollten.
Die Dunkelmännerbriefe waren in schlechtem Latein verfaßt, wie man es von den Mönchen kannte. Bei denjenigen, die Latein verstanden, fanden die Briefe reißenden Absatz, besonders, als sie verbo¬ten wurden.
Wie der Reuchlinsche Streit mit einer Niederlage der Dominikaner endete Den Ausschlag im Reuchlinschen Streit gab die Tatsache, daß sich Franz von Sickingen - er wird uns noch als Anführer im Ritteraufstand von 1522 begegnen - für Reuchlin einsetzte und den Dominikanern mit einer Fehde drohte, falls das Urteil nicht respektiert würde, zu dem der Bischof von Speyer gekommen war, der die Angelegenheit im Auftrag Papst Leos X. untersucht und im wesentlichen die Argumente Reuchlins bestätigt hatte. Dominikanerprior und Inquisitor Hoogstraeten wurde suspendiert, und es kam - diesmal - zu keiner Bücherverbrennung.

 
 

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