Die meisten körperlichen Eigenschaften der Menschen werden sowohl von mehreren genetischen Faktoren als auch von der Umwelt beeinflusst. Bei manchen Merkmalen, z. B. bei der Körpergröße, ist der genetische Anteil relativ hoch. Andere, so das Körpergewicht, werden zu einem großen Teil von der Umwelt bestimmt. Wieder andere Merkmale, beispielsweise Blutgruppen sowie Antigene, die für die Abstoßung verpflanzter Organe verantwortlich sind, beruhen offenbar ausschließlich auf genetischen Faktoren: Man kennt keinen Umwelteinfluss, durch den sich diese Eigenschaften ändern könnten. Die Transplantationsantigene hat man in jüngerer Zeit besonders eingehend untersucht, weil sie medizinisch von großem Interesse sind. Die wichtigsten derartigen Proteine werden von einer Gruppe gekoppelter Gene produziert, die unter dem Namen HLA-Komplex bekannt ist. Diese Gene bestimmen nicht nur darüber, ob der Organismus ein transplantiertes Organ annimmt oder abstößt, sondern sie spielen auch für die Abwehrkräfte des Körpers gegenüber verschiedenen Krankheiten eine Rolle (z. B. gegen Allergien, Diabetes und Arthritis).
Auch die Anfälligkeit für andere Krankheiten hat einen wichtigen genetischen Anteil. Zu diesen Krankheiten gehören Schizophrenie, Tuberkulose, Malaria, mehrere Arten von Krebs, Migräne und Bluthochdruck. Viele seltene Krankheiten entstehen durch rezessive Gene, und einige werden auch von dominanten Genen verursacht.
Die Identifizierung und Untersuchung von Genen ist einerseits von großem Interesse für Biologen, andererseits ist sie aber auch medizinisch bedeutsam, wenn ein bestimmtes Gen mit einer Krankheit zu tun hat. Das menschliche Genom umfasst etwa 50 000 bis 100 000 Gene, und ungefähr 4 000 davon könnten zu Krankheiten beitragen. Mit einem weltweiten Forschungsprogramm, dem Human-Genom-Projekt, versucht man seit 1990, das gesamte Erbmaterial des Menschen zu analysieren. Mit diesem Vorhaben verfolgt man vor allem das Ziel, verschiedene Karten des Genoms zu erstellen und seine gesamte Nucleotidsequenz zu ermitteln. Äußerst nützlich sind dabei die neuen Methoden zur Klonierung großer DNA-Abschnitte für die weitere Analyse sowie die Automatisierung von Verfahren wie der DNA-Sequenzanalyse.
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