In New Orleans wurde eine neue Runde im Streit um die Nikotinsucht eingeläutet. Eine ganze Gruppe von Rechtsanwälten hat sich zusammengetan, um die größte Sammelklage der amerikanischen Rechtsgeschichte vorzubringen. Sie haben sich in einem teuren Bürohaus eingemietet, vertreten Klienten aus ganz Amerika und wollen die Tabakindustrie in die Kniee zwingen. Alle 45 Millionen Raucher der USA könnten sich der Klage anschließen, hofft der Leiter der Gruppe.
\"Es geht uns um die Sucht. In den bisherigen Prozessen wurde die Zigarettenindustrie verklagt, weil Zigaretten Krebs, Emphyseme oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen. Daß Zigaretten das tatsächlich tun, wissen die Hersteller aufgrund ihrer eigenen Versuche am besten, schon seit den 40er Jahren. Aber obwohl sie dies wußten, haben sie ein Produkt auf den Markt gebracht, das süchtig macht. Anders gesagt: sie wußten, daß ihr Produkt süchtig macht, daß ein normaler Gebrauch zum Mißbrauch führt und daß es all diese Krankheiten verursacht. Die Industrie leugnet aber bis auf den heutigen Tag, daß Rauchen süchtig macht.
Jetzt bekommt sie es zum ersten Mal mit einer geschlossenen Front zu tun. Bisher hat es die Industrie immer geschafft, die Kläger zu isolieren und durch systematische Verzögerung jeden einzelnen in den Ruin zu treiben, bis er aufgab. Mit uns können sie das nicht tun, wir haben einen langen Atem. Wir sind 62 Anwälte und solide finanziert.\" [Wendell H. Gautier, Rechtsanwalt]
Muß sich die Zigarettenindustrie nun also warm anziehen? Wenn die Gruppe um Gautier gewinnt, könnte das die mächtigen Tabakkonzerne dort treffen, wo sie am empfindlichsten sind: am Umsatz. Ihre Justitiare sind daher bereits zum Gegenangriff übergegangen:
\"Wir akzeptieren schon die Prämisse nicht, daß Zigarettenrauchen eine Sucht sei. Aber der Richter hat entschieden, daß eine solche Klage zulässig ist, auch als Sammelklage. Wir haben dagegen Einspruch eingelegt und erwarten, daß die nächste Instanz die Sammelklage verhindern wird. Wenn jemand uns in dieser Sache verklagen will, muß er dies als Individuum tun, jeder der 40 bis 50 Millionen Raucher für sich allein.\" [Charles A. Blixt, Chefjustitiar, R.J. Reynolds Tobacco Company]
|