Im Stoffwechsel wird Wärme freigesetzt. Säuger halten über ihren Stoffwechsel eine konstante Körpertemperatur aufrecht.
Die meisten Fische geben Wärme ab. Ihre Körpertemperatur gleicht sich der Umgebung an oder liegt nur wenig darüber. Die verschiedenen Beziehungen zwischen Wärmeproduktion, -übertragung und -abgabe bilden das Umfeld, in dem die Thermorezeptoren der Tiere funktionieren. Diese Prozesse ermöglichen es den Sinnesorganen, bei der Richtungsbestimmung mitzuwirken.
Temperaturpräferenzen
Nur wenige Tiere können aus abgestrahlter Wärme genau deren Herkunftsrichtung ablesen. Doch viele nutzen ihre Wahrnehmungsfähigkeit anderweitig zur Richtungsbestimmung.
Tiere können Temperatur wahrnehmen, und zwar über den Kontakt mit dem umgebenden Medium (Wasser). Tiere, die ihre Umgebungstemperatur frei wählen können, suchen normalerweise einen Bereich mit bestimmter Vorzugstemperatur auf und meiden andere. Diese Temperatur unterscheidet sich von Art zu Art und ändert sich auch innerhalb einer Spezies je nach den Lebensbedingungen: Wasser nahe am Gefrierpunkt eignet sich für arktische Fische, wäre jedoch für tropische tödlich. Die weltweite Verbreitung der Organismen weist eine starke Übereinstimmung mit dem globalen Temperaturmuster auf und dessen täglichen, jahreszeitlichen und langfristigen Änderungen. So kann man beispielsweise die Entwicklung und die saisonalen Wanderungen des Gewöhnlichen Thunfisches, (zumindest in groben Zügen) in Verbindung sehen mit der sich ändernden Verteilung der Wassertemperatur über das Jahr hinweg. So eine Beziehung zeigt sich bei der Wanderung der Alse besonders deutlich.
Temperaturgradienten oder warme bzw. kalte Wasserströmungen enthalten für jedes Tier, das sie wahrnehmen kann, eine Information über die Richtung. Jahreszeitliche Temperaturänderungen sind in vielen Fällen ohne Zweifel ein Hauptparameter, der den Aufbruch zu Wanderungen einleitet, aber stellen sie auch eine Hilfe bei der Richtungsbestimmung dar? Biologen haben Vermutungen darüber angestellt, in welchem Maße Tiere Temperaturunterschiede im Raum zu ihrer Orientierung einsetzen könnten. So treten etwa bei relativ schnell fließenden Meeresströmungen oder bei einzelnen warmen oder kalten Wasserwirbeln an ihren Rändern oftmals ziemlich steile Temperaturgradienten auf. Können Fische und Wale auf ihren Wanderungen solche Gradienten als Seemarken oder Unterwasserpfade nutzen, und können sie ihnen mit Hilfe der Thermorezeption folgen? Im Meer ziehende Tiere erstellen sich aufgrund solcher Hinweise möglicherweise eine Art Kompass oder eine Art thermische Karte. Ein Wissenschaftler, der die Route von Europäischen Aalen und Atlantischen Lachsen verfolgt hatte, zog daraus den Schluss, dass diese Fische auf spezifische Temperaturmuster reagieren und danach ihren Weg finden. Alle Tiere besitzen sicherlich die für ein solches Verhalten nötigen Sensoren.
Die Wanderungen der Alse
Die Wanderungen der westatlantischen Population der Amerikanischen Alse (Alosa sapidissima) stehen mit thermischen Reizen in engem Zusammenhang. Wie der Lachs ist die Alse ein anadromer Fisch: Im Meer gelangt sie im Laufe von 3-6 Jahren zur Geschlechtsreife und kehrt dann exakt in ihre jeweiligen Geburtsflüsse in Nordamerika zurück, um dort abzulaichen. Die Laichgebiete dieser Art erstrecken sich vom nördlichen Florida bis zu den atlantischen Provinzen von Kanada.
Im Frühjahr schwimmen die Jungtiere flussabwärts und weiter ins Meer in den Schelfbereich. Im Winter sammeln sie sich aus Norden und Süden in einer Bucht im Mittelatlantik zwischen 39 und 41 Grad nördlicher Breite. Dort hält sich die Alse bevorzugt in einem schmalen Korridor auf, in dem die Temperatur am Boden zwischen 3 und 15°C liegt.
Im Frühjahr erwärmt sich das Wasser im Schelfbereich bis auf eine Temperatur, die den Heimatflüssen entspricht. Dann kehren die verschiedenen Populationen in ihre jeweiligen Laichgebiete zurück, und zwar zuerst jene Tiere aus dem Südwesten, als letzte jene aus dem Nordwesten - so wie sich das Wasser entlang der Küste erwärmt. Die Alse erreicht bereits im Jänner die am weitesten südlich gelegenen Laichgebiete im Saint Johns River in Florida. In den nördlichsten Gründen im Sankt-Lorenz-Strom, die von jenen 2200 km entfernt liegen, trifft sie erst im Juli ein.
Die Verbreitung und die Wanderung dieser Art sind zu einem bemerkenswerten Grad an die Meer- und Flusstemperatur gebunden. Man weiß jedoch noch nicht, ob die Temperaturgradienten und ihre jahreszeitlichen Änderungen die hierfür nötige Richtungsinformation enthalten. Es gilt als beinahe sicher, dass außer thermischen Reizen auch chemische Besonderheiten des Heimatflusses, Reaktionen auf Strömungen des Süßwasserflusses und die Verfügbarkeit von Nahrung beim Heimfinden eine Rolle spielen.
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