4.1 Umweltschutz dem heutigen Menschen zuliebe?
Ja, aber wer den Umweltschutz so begründet, sieht das Problem als ein Pro-
blem der Güterabwägung. Die Frage lautet dann: Wie weit darf ich als Mensch
die Natur verändern, um mein eigenes Leben nicht zu zerstören? Wir wissen alle
aus Erfahrung, daß der Anteil der Natur dabei immer kleiner wird.
Auch das Argument der Schönheit der Natur erweist sich letztlich als anthropo-
zentrisch. Denn es ist wiederum der Mensch, der sich mit seinen Bedürfnissen
zum Maßstab der Natur macht. Und wir kennen alle die Aporien, in die man sich
verstrickt, wenn z.B. der Nutzen einer Autobahn mit dem Nutzen der Natur
verglichen wird. Der Gegensatz ist nur scheinbar, denn es sind beidesmal die
menschlichen Wünsche und Bedürfnisse, denen eine moralische Qualität zu-
kommt. Deshalb ist es so schwer, einen Politiker mit dieser Argumentation
davon zu überzeugen, daß der Bau der Autobahn falsch sein könnte.
4.2 Umweltschutz künftiger Generationen zuliebe?
Ja, aber auch dieses Argument sieht den Umweltschutz rein funktionalistisch.
Sicher ist es nicht zumutbar für kommende Generationen, eine Welt überneh-
men zu müssen mit irreversiblen Veränderungen. Auch ist klar, daß wir nicht
Gefahrenquellen schaffen dürfen, die sich vielleicht erst in Jahrzehnten oder
Jahrhunderten auswirken werden. Eine Gruppe von Menschen erkauft sich
dadurch Möglichkeiten auf Kosten der Freiheit künftiger Generationen.
4.3 Umweltschutz der Natur zuliebe?
Ja, allerdings, denn nur wenn die Natur als Wert an sich akzeptiert wird, ist
eine schlüssige Antwort auf die Frage ¯Warum überhaupt Naturschutz?® mög-
lich. Das bedeutet keine Rückkehr zu einer wie auch immer gearteten Sakralisie-
rung und Mystifizierung der Natur. Es geht im Gegenteil um eine Fortschreibung
der Freiheitsgeschichte in unserer Welt. Den neuen technischen Möglichkeiten
müssen neue ethische Einsichten folgen.
Es hat lange gedauert, bis man Sklaven, Frauen, Kindern und Ausländern
Rechte zugebilligt hat. Auch hier war ein Bewußtseins- und also Wertewandel
nötig. Etwas hnliches können wir heute im Verhältnis zur Natur feststellen.
Wenn das Gleichheitsprinzip auch auf die Natur ausgedehnt werden soll, dann
werden damit ja nicht die Unterschiede verdeckt, sondern es soll ein Stück
mehr an Gerechtigkeit verwirklicht werden. Und der elementarste Grundsatz der
Gerechtigkeit ist das ¯Suum cuique®: Jeder soll das bekommen, was ihm
zusteht.
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