Durch die Vereinigung der Gameten kommen zwei Gensätze zusammen, die von den beiden Eltern stammen. Jedes Gen - d. h. jede abgegrenzte Stelle auf einem Chromosom, die ein bestimmtes Merkmal beeinflusst - liegt also in zwei Exemplaren vor - eines stammt von der Mutter und das andere vom Vater (Ausnahmen von dieser Regel werden im Abschnitt über Geschlecht und Geschlechtskopplung beschrieben; siehe unten). Diese beiden Gene liegen in den Chromosomenpaaren der Zygote jeweils an der gleichen Stelle. Sind die beiden Genkopien genau gleich, bezeichnet man das Lebewesen als homozygot für dieses Gen. Wenn sie sich aber unterscheiden, d. h. wenn jeder Elternteil eine andere Variante (Allel) des gleichen Gens zur Verfügung gestellt hat, nennt man den Organismus heterozygot. Im genetischen Material eines Lebewesens sind beide Allele vorhanden, aber wenn eines davon dominant ist, prägt sich das andere nicht aus. Wie jedoch bereits Mendel nachwies, kann dieses zweite, rezessive Merkmal in späteren Generationen wieder zum Vorschein kommen (nämlich bei Individuen, die für dieses Allel homozygot sind).
Ein Beispiel ist die Fähigkeit, Pigmente in Haut, Haaren und Augen zu bilden; sie ist abhängig von einem bestimmten Allel (A), und ihr Fehlen, Albinismus genannt, entsteht durch ein anderes Allel (a) des gleichen Gens. (Der Übersichtlichkeit halber bezeichnet man Allele oft mit einem einzelnen Buchstaben; dominante Allele werden dabei groß, rezessive klein geschrieben.) A ist in seiner Wirkung dominant, a ist rezessiv. Deshalb haben heterozygote Menschen (Aa) ebenso wie homozygote (AA) für das Pigmentierungsallel eine normale Haut- und Haarfarbe. Wer jedoch für das Allel, das zum Fehlen des Pigments führt, homozygot ist (aa), wird zum Albino. Bei zwei heterozygoten Eltern (Aa) besteht für jedes Kind eine Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent, homozygot AA zu sein. Die Wahrscheinlichkeit für den heterozygoten Zustand Aa beträgt 50 Prozent, und für die homozygote Kombination aa ist sie wiederum 25 Prozent. Nur Personen mit der Allelkombination aa sind Albinos. Für jedes Kind besteht also eine Chance von 25 Prozent, vom Albinismus betroffen zu sein. Das heißt aber nicht unbedingt, dass in einer solchen Familie ein Viertel der Kinder Albinos sind. Im genetischen Material der heterozygoten Nachkommen werden beide Allele weitergetragen; die Gameten dieser Personen tragen jeweils eines der beiden Allele. Man unterscheidet zwischen der äußerlichen Erscheinung eines Lebewesens und den Genen bzw. Allelen, die es in sich trägt. Die beobachtbaren Eigenschaften machen den Phänotyp eines Lebewesens aus, die genetische Ausstattung bildet den Genotyp.
Nicht immer ist ein Allel dominant und das andere rezessiv. Die Wunderblume kann z. B. rote, weiße oder rosafarbene Blüten haben. Pflanzen mit roten Blüten besitzen zwei Exemplare des Allels R für die rote Blütenfarbe, d. h., sie sind homozygot RR. Solche mit weißen Blüten haben das Allel r für die weiße Färbung und sind demnach homozygot rr. Blumen mit je einem der beiden Allele, also mit der heterozygoten Kombination Rr, sind rosa, weil sich die Farbanteile der beiden Allele mischen.
Nur selten prägen Gene sich einfach aus, indem ein einziges Gen ein einziges Merkmal bestimmt. Viele Gene steuern mehrere Merkmale, und umgekehrt ist ein einzelnes Merkmal häufig von vielen Genen abhängig. So sind z. B. mindestens zwei dominante Gene erforderlich, damit bei der Gartenwicke das Pigment für dunkelrote Blüten entsteht. Die Wirkung eines Gens hängt also unter Umständen auch davon ab, welche anderen Gene vorhanden sind.
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