Was ist Paralysis agitans oder Parkinson-Krankheit?
Die Parkinson-Krankheit ist auch unter dem Namen "Schüttellähmung" bekannt. Es handelt sich um eine Erkrankung des extrapyramidalen Systems mit amyostatischen Symptomen (Zittererscheinungen bei Bewegunsarmut und Muskelstarre).
Was sind die ersten Anzeichen?
Das Zittern, von dem man allgemein annimmt, dass es typisch für Parkinson sei und das auch den Namen "Schüttellähmung" geprägt hat, ist nur etwa 50 Prozent der Fälle das erste Symptom. Bei 15 Prozent bleibt es völlig aus. Deshalb ist die Bezeichnung "Schüttellähmung" irreführend. Die Anzeichen können ganz verschieden und uncharakteristisch sein, etwa eine Schulter-Nacken-Verspannung, Ungeschicklichkeit (Fallenlassen von Gegenständen), Antriebsverlangsamung, aber auch psychische Veränderungen, wie Depressionen. Wenn das Zittern allerdings eines der ersten Symptome ist, tritt es fast ausschließlich asymmetrisch auf, das heißt nur auf einer Körperseite, etwa in einer Hand oder in einem Arm.
Wie entsteht die Parkinson-Krankheit?
Die Krankheit spielt sich in Nervenzentren ab, die sich etwa in der Gehirnmitte befinden. Wir nennen sie die "schwarze Substanz". Dort wird ein Botenstoff gebildet, der Neurotransmitter Dopamin. Wie viele Überträgerstoffe hat Dopmin die Aufgabe, Nervenimpulse von einer Nervenzelle zur anderen weiterzuleiten. Bei Parkinson-Patienten kommt es zu einem Zelluntergang in der schwarzen Substanz (substantia nigra). Dopamin wird deshalb immer wieder gebildet, und das empfindliche Gleichgewicht im Zusammenspiel der verschiedenen Transmitter gerät aus den Fugen.
Trifft die Parkinson-Krankheit nur ältere Menschen?
Nein, Parkinson gilt zwar als Alterskrankheit, weil sich meist im Alter von 50 bis 60 Jahren die ersten Symptome entwickeln. In fünf bis zehn Prozent der Fälle werden Menschen aber vor dem vierzigsten Geburtstag vorn der Krankheit heimgesucht.
Wie sieht die Parkinson-Therapie aus?
Die Grundlage jeder Therapie ist der Ersatz des fehlenden Dopamins. Dazu können Medikamente gegeben werden. Weil das Dopamin aber bei der Einnahme gar nicht zu bis zum Ort seiner Wirkung im Gehirn gelangt, muss man eine Vorstufe des Botenstoffs verwenden, das L-Dopa. Dieser Stoff wird vom Gehirn aufgenommen und in den Nervenzellen zu Dopamin umgebaut. Das allein reicht jedoch meistens nicht aus. Es gibt Arzneimittel, die den Abbau von Dopamin hemmen (COMT-Hemmer), Dopamin-Rezeptoren stimulieren oder das Zusammenspiel der verschiedenen Neurotransmitter regulieren.
Die Krankheit ist weltweit verbreitet. Sie betrifft Männer häufiger als Frauen und bricht meist erst nach dem 35. Lebensjahr aus. Allerdings steigt nach Angaben der Deutschen Parkinson-Vereinigung von 2000 der Anteil der unter 40-Jährigen bei den etwa 20 000 bis 30 000 jährlichen Neudiagnosen in Deutschland. Insgesamt sind in Deutschland rund 250 000 bis 300 000 Menschen von dieser Krankheit betroffen.
Ursache der Parkinsonkrankheit
ist die Degeneration (Entartung) der Basalganglien, einer Gruppe von Nervenzellen an der Unterseite des Gehirns. Der wichtigste Überträger für Nervensignale ist in diesem Bereich das Dopamin, ein chemischer Neurotransmitter, dessen Menge bei den Parkinsonpatienten stark vermindert ist.
Die Gründe für diesen Mangel sind nicht bekannt. Wie aber 1983 entdeckt wurde, kann die Verbindung MPTP (ein Nebenprodukt einer synthetischen Form des Heroins) ähnliche Schäden hervorrufen. Das legte die Vermutung nahe, die Ursache der Parkinsonkrankheit könne in der Umwelt zu suchen sein. Im Journal of the American Medical Association berichtete eine Forscherin 1999 über Untersuchungen an 161 männlichen Zwillingspaaren, wobei mindestens einer der Brüder unter der Parkinsonkrankheit litt. Die Forscherin kommt zu dem Schluss, die Parkinsonkrankheit werde in den meisten Fällen durch die Umwelt verursacht. Wie 2000 in der Zeitschrift "Nature Neuroscience" mitgeteilt wurde, steht das Insektizid Rotenon im Verdacht, die Parkinsonkrankheit auszulösen:
Bei Ratten bewirkte es Symptome und Gehirnveränderungen, die für diese Krankheit typisch sind. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass Menschen, die mit landwirtschaftlichen Pestiziden umgehen, relativ häufig erkranken. 1997 berichteten US-amerikanische Ärzte im Wissenschaftsmagazin Science über einen Genfehler, der eine bestimmte Art der Parkinsonkrankheit auslösen kann und vererbt wird. Durch die Mutation erhält ein bestimmtes Protein (alpha-Synuclein genannt) eine falsche Form; dieses Protein kommt an den Synapsen der Gehirnnerven vor.
Zu den Symptomen der Krankheit gehören starke Speichelbildung, Störungen der Muskelkoordination, Gleichgewichtsstörungen, Zittern (Tremor) und Muskelversteifung. Durch die Verkürzung der Muskulatur an der Vorderseite des Halses biegen sich Kopf und Wirbelsäule häufig nach vorn.
Mit dem Medikament L-Dopa können seit Mitte der sechziger Jahre bei vielen Patienten die Symptome gelindert werden. L-Dopa wird in den Basalganglien zu Dopamin umgesetzt und übernimmt dort die Funktion der fehlenden Nervensignale. Nach einigen Jahren (der genaue Zeitraum schwankt) lässt die lindernde Wirkung von L-Dopa jedoch nach, so dass Ersatzmedikamente wie Amantidin oder Bromocriptin angewandt werden müssen. Auch so genannte anticholinerge Wirkstoffe haben sich zur Verminderung des Zitterns als wirksam erwiesen.
Im Jahr 1987 wurden erstmals Dopamin produzierende Zellen aus dem Nebennierenmark ins Gehirn von Patienten mit schwerer Parkinsonkrankheit verpflanzt, um die Symptome zu unterdrücken. Eine andere, neuere Methode ist die Transplantation von winzigen Mengen von Hirnzellen abgetriebener Embryonen in das Gehirn von Parkinsonkranken, um die mangelhafte Produktion des Botenstoffes Dopamin auszugleichen. In einem Zwischenstadium werden die embryonalen Nervenzellen in einer gepufferten Salzlösung aufgeschwemmt, bevor sie mit einer Kanüle in das so genannte Striatum (Streifenhügel) im Mittelhirn des Kranken injiziert werden. Seit 1995 erproben schwedische Mediziner dieses Verfahren. 1998 berichteten US-amerikanische Forscher, sie hätten Parkinsonkranken erfolgreich Nervenzellen aus dem Gehirn von Schweinen verpflanzt, die im Gehirn der Kranken anstelle der abgestorbenen Zellen Dopamin produziert hätten. Auf dieser Arbeit aufbauend, wurden erfolgreiche Tierversuche mit geklonten, Dopamin produzierenden Zellen der Feten von Hausrindern durchgeführt; die geklonten Zellen sollen später durch Genmanipulation so verändert werden, dass sie keine Angriffspunkte für das Immunsystem des Empfängers bieten. Zwei US-amerikanische Forschergruppen und der Präsident der amerikanischen Parkinson's Disease Foundation übten 2001 allerdings heftige Kritik an der Transplantation embryonalen Gewebes: Die Ergebnisse seien fragwürdig und bei einigen Patienten seien schwere Nebenwirkungen wie der zeitweilige Kontrollverlust über Bewegungen aufgetreten.
1997 wurde an der Universitätsklinik für Neurologie in Kiel über einen so genannten Hirnschrittmacher berichtet, durch den das Zittern bekämpft werden kann. Dabei werden Elektroden im betroffenen Gehirnbereich implantiert, ein Stimulator wird (wie ein Herzschrittmacher) im Brustbereich unter der Haut eingesetzt. Mit einem Kabel wird ebenfalls unter der Haut eine Verbindung zur Elektrode im Kopf hergestellt. Wenn ein Tremor auftritt, "feuert" die Elektrode auf die Nervenzellen, die das Zittern auslösen, und das Zittern wird beendet.
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