Neben Instinkt und Reflexverhalten nützt der Reiter besonders das Gedächtnis zur Ausbildung des Pferdes. Die Lernfähigkeit, die bei fast allen Lebewesen zu finden ist, darf nicht mit Intelligenz verwechselt werden. Unter Gedächtnis ist die Fähigkeit zu verstehen, eine Wahrnehmung und die damit verbundene Gefühlsregung latent zu bewahren und später wieder wirken zu lassen. Auf dieser Fähigkeit beruht der Lernvorgang. Das Lernen beim Pferd geschieht durch Versuch und Irrtum. Niemals z.
B.: kann ein Pferd den Mechanismus eines Riegels, welcher die Box versperrt , niemals verstehen. Trotzdem gelingt es ihm durch Versuch und Irrtum zu lernen, wie die Tür zu öffnen ist. Psychologen sprechen hierbei von einer sekundären Aufgabenlösung. Bei einer Dressurleistung ist das Gedächtnis Voraussetzung. Die Dressur des Reitpferdes unterscheidet sich in diesem Punkt wesentlich von der Dressur eines Hundes oder Zirkuspferdes.
Während beim Hund oder beim Zirkuspferd das Beherrschen einer Lektion den Lehrer befriedigt, genügt dies dem Dressurreiter nicht. Er verlangt neben dem perfekten Ausführen der Lektion das An-den-Hilfen-Stehen des Pferdes, welches erst die Harmonie zwischen Pferd und Reiter gewährleistet. Im hippologischen Sinne heißt Dressur das zwangslose Entwickeln aller natürlichen Möglichkeiten des Pferdes durch systematische Gymnastizierung mit dem Ziel, das Pferd ins Gleichgewicht zu bringen und auf dieser Basis den absoluten Gehorsam zu erreichen. Zum Reiten werden also neben dem Gedächtnis des Pferdes auch die Instinkte und Reflexe benötigt, um eine Harmonie zwischen Mensch und Tier zu ermöglichen.
|