Vorwort (Was ist Spongiforme Enzephalopathie?) Bei BSE (= Bovine Spongiforme Enzephalopathie) handelt es sich um eine neuartige Krankheit des Nervensystems, die erstmals bei einer Kuh 1985 (Kuh 133) in England festgestellt wurde. Die meisten Fälle von BSE-infizierten Rindern wurden bisher in Großbritannien registriert, gefolgt von Irland, Portugal, Schweiz und Frankreich. Die an BSE (\"Rinderwahnsinn\") erkrankten Tiere fallen zunächst durch unerklärlichen Gewichtsverlust und verkrümmte Haltung auf und entwickeln dann Koordinationsstörungen und Kopfzuckungen. Die Struktur des Gehirns ist krankhaft verändert und weist eine schwammartige Zersetzung auf. Spongiforme Encephalopathien (schwammartige Zersetzung des Gehirns) sind bei verschiedenen Säugetierarten bekannt, die ebenfalls am Hirnschwamm erkranken können. So wurde eine Spongiforme Encephalopathien auch bei Schafen nachgewiesen.
Die meisten Infektionen bleiben auf eine Art beschränkt. Zum Beispiel gilt die Schafseuche Scrapie für den Menschen als ungefährlich. Die BSE-Erkrankung hingegen, bei der es sich wahrscheinlich um eine neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) handelt, ist wahrscheinlich auch auf den Menschen übertragbar. Betroffen sind bisher vor allem relative junge Menschen mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren. In Europa sind bis heute mehr als 100 Menschen an vCJK gestorben. Die vCJK wurde beim Menschen erstmals 1921 von Alfons Maria Jakob und Hans Gerhard Creutzfeld entdeckt.
Der BSE - Erreger (Prionen) Beim Erreger von BSE handelt es sich nicht wie zuvor von den meisten Fachleuten vermutet um Viren, sondern um sogenannte Prion-Proteinen (abgeleitet vom engl. "Proteinaceous infectious agent" , was zu deutsch soviel wie "proteinartiges infektiöses Agens" heißt). Prion-Proteine (PrP) unterscheiden sich von den \"normalen\" Krankheitserregern, den Viren, Bakterien, Pilzen und anderen Parasiten: ·Sie besitzen keine Erbsubstanz (zumindest konnte bis jetzt weder DNA noch RNA nachgewiesen werden) ·Sie sind äußerst stabil gegenüber gängigen Desinfektionsmitteln (formaldehyd- oder alkoholhaltig, UV und ionisierende Strahlung, Hitze) und gegenüber Verdauungsenzymen ·Sie verursachen eine Infektion, d.h. sie können in den Körper eindringen und sich vermehren; das Immunsystem reagiert dabei nicht! Prione sind Eiweiße und besitzen keine eigene DNA, worauf sich dann die Frage stellte, wie sich die Prionen ohne herkömmliche Erbinformation (Bauanleitung) vermehren können. Darauf entdeckte man 1985, dass jedes Säugetier ein Gen für Prione besitzt.
Doch wie können Prionen Krankheitserreger sein, wenn ihr Gen bei allen Säugetieren vorkommt? Die Lösung ist ganz einfach, es gibt zwei Varianten des Prion-Eiweisses, die normale Variante (PrPC) und die krankmachende (PrPSc). Beide Formen unterscheiden sich in physikalischen Eigenschaften. Die PrPSc -Variante ist stabiler, unempfindlich gegen organische Lösungsmittel und widersteht Temperaturen von über 133°C. Das PrPSc kann das PrPC umwandeln. Das normale PrPC-Eiweiß kommt auf den Zelloberflächen von Nervenzellen vor, ist Bestandteil der weißen Blutkörperchen und auch in anderen Geweben zu finden. Die genaue Funktion der normalen Prionen ist noch nicht bekannt, doch es spricht einiges dafür, dass sie an der Feinregulierung der Nerven beteiligt sind.
Nach der Theorie von Prusiner ist das Schlüsselereignis für die Vermehrung die Umwandlung von normalen Prionen zu den krankmachenden. Stößt ein PrPSc auf ein PrPC, wandelt sich dieses in ein PrPSc um. Dadurch wird eine Kettenreaktion ausgelöst, denn jedes neue PrPSc kann ein PrPC umwandeln. Dies erklärt auch die Übertragbarkeit des PrPSc. Prusiner erklärte in seiner Theorie auch, dass der Unterschied zwischen PrPc und PrPSc in der unterschiedlichen Raumgestalt des Proteins liegt. (die Proteine sind anders "gefaltet") Prusiner stellte bei einem Versuch mit genmanipulierten Mäusen fest, dass es möglicherweise noch einen Zusatzfaktor geben muss, um die PrPc in PrPSc umzugestalten.
Als möglichen Kandidat für dieses "Protein X" kommt das Protein Chaperone in Frage, welches anderen Proteinen bei ihrem "Faltvorgang" behilflich ist. Das "Protein X" würde die Energiebarriere um Falten so weit senken, das durch das Einwirken von PrPSc das PrPc in PrPSc gefaltet wird. Das krankmachende Prion neigt stark dazu sich in zu Fibrillen zusammenzulagern. Diese fadenförmige "Amyloid-Fibrillen" können in Gehirnen von Säugetieren regelrechte Klümpchen bilden, welche auch für den Zersetzungsvorgang im Gehirn und dem damit verbundenen Krankheitsausbruch verantwortlich gemacht wird. Die Übertragung über Artgrenzen 1987 stellte man bei einigen Versuchen fest, dass sich Prionenkrankheiten auch über Artgrenzen hinweg übertragen lassen. Bei dem Versuch wurden Prionen von Mäusehirnen in syrische Goldhamster injiziert.
Der Hamster erkrankter erst nach einer Inkubationszeit von ca. 380 Tagen, was dreimal so lange ist, als wenn man die Prionen wieder Mäusen gespritzt hätte. Eine Injektion von Prionen von Hamster zu Hamster ergeben dann nur noch eine Inkubationszeit von 60 Tagen während die Mäuse nicht mehr damit angesteckt werden können. Nach einer genaueren Untersuchung gesunden Prionen von Mensch, Rind, Maus und Hamster stellte man erstaunliche Ähnlichkeiten in ihrer Raumgestalt fest. Daraus lässt sich schließen, dass eine moderate (schwache) Artenschranke existiert. Dies würde auch die längere Inkubationszeit von Mäusen zu Hamster erklären.
Zwischen den Prionen von Mensch und Rind waren kaum unterschiede, sie waren nahezu identisch. Ein Indiz für eine Artenschranke zwischen Mensch und Rind könnte möglicherweise die Unterschiedliche Ladung der Prionoberflächen sein, was allerdings bis heute noch nicht geklärt ist. Die Gefahr für den Menschen Ob eine Gefahr durch BSE für den Menschen besteht ist aufgrund der ungeklärten Frage der Artenschranke nicht zu beantworten; ob ein näherer Zusammenhang zwischen anderen Prionenkrankheiten beim Menschen wie zum Beispiel die Creutzfeld-Jakob-Krankheit besteht ist noch unklar. Fest steht, dass nicht jeder Mensch anfällig auf diese Krankheiten zu sein scheint, da die vCJK nur bei Menschen mit einer genetischen Konstellation auftrat, wie sie nur bei ungefähr 35 % aller Europäer zu finden ist.
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