4.1. Klonen von Tieren
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4.1.1. Anwendung in der Medizin
Am Beispiel von Schaf Polly wurde gezeigt, dass die Manipulation der Gene von Säugetieren ein aussichtsreiches Forschungsgebiet ist. Das Schaf konnte, mit dem eingefügten Gen für die Produktion von Faktor X, beträchtliche Mengen des, für die Heilung der Krankheit Haemophilia benötigten, Proteins in seiner Milch herstellen. Die präzise Einschleusung oder Entfernung von Genen war zu der Zeit je-doch nur bei Mäusen möglich. Das eingeschleuste Gen befand sich nach der Prozedur oftmals nicht am richtigen Ort im Chromosom, an dem es funktionsfähig ge-wesen wäre. Experimente an Mäusen gelten jedoch nicht als besonders wirkungsvoll, da sich die Tiere in ihrer Physiologie sehr von den Menschen unterscheiden. Als im Juni 2000 die Wissenschaftler aus Schottland eine Methode für die präzise Genveränderung entwickelt hatten, eröffneten sich neue Möglichkeiten.35
4.1.1.1. Herstellung von Proteinen
Bei der Herstellung von Proteinen mit dieser Methode folgt man prinzipiell einem einfachen Gedanken. Man schleust die gewünschten Gene so in das Chromosom des Tieres ein, dass dieses das, vom entsprechenden Gen kodierte, Protein nach seiner Geburt in der Milch produzieren kann.36 Die Vorteile des Klonens von Säugetieren mit eingeschleusten Genen liegen auf der Hand. Die Produkte werden einfacher und in größeren Mengen als mit bisherigen Methoden, beispielsweise der Klonung von genetisch veränderten Bakterien oder Hefen, hergestellt. Hinzu kommt auch noch, die Tatsache, dass komplexere Proteine nur von höheren Organismen produziert werden können, was die Methode mit der Klonierung von Bakterien komplett ausschließt. Gegenüber der teuren Technik der Gewinnung von Proteinen aus dem Plasma menschlicher Zellen, hat das Klonen transgener Säugetiere auch noch den Vorteil keine gefährlichen Infektionen zu verursachen, wie zum Beispiel AIDS. Transgene Säugetiere könnten dazu verwendet werden medizinisch nutzvolle Substanzen herzustellen wie beispielsweise:
- HSA: das menschliche Serum Albumin wird von Notärzten zur Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs verwendet, wenn jemand viel Blut verloren hat
- AAT: Alpha-1-Antitrypsin, ein Proteinase Inhibitor gegen angeborene Lungenverschleimung
- Faktor X: Blutgerinnungsfaktor gegen die Bluterkrankheit Haemophilia
- Myelin Grundeiweiß: zur Behandlung von Multipler Sklerose 37
4.1.1.2. Xenotransplantation
Ein weiteres Anwendungsgebiet, welches sich die Medizin von der Klonung von Säugetieren erhofft, ist die Xenotransplantation. Dabei sollen tierische Organe in Notfällen in Menschen hinein verpflanzt werden. Wegen ihrer Physiologie und der Ähnlichkeit ihrer Organe zu den des Menschen, beispielsweise die Größe betreffend, eignen sich Schweine zu diesem Zweck am meisten. Der Nutzen der sich bei der Xenotransplantation ergeben würde, wäre der fortwährende Bestand von Or-
ganen in Krankenhäusern. Das Problem, was die Wissenschaftler noch bewältigen müssen, ist jedoch die Abstoßungsreaktion, welche sich unterteilen lässt in die hyperakute, die verzögerte, und in die chronische Abstoßung. Wie genau man da-
bei versucht vorzugehen wird in den nächsten 3 Unterpunkten erläutert. Zusam-
menfassend kann man aber sagen, dass dabei Gene eingeschleust, sowie - und das macht den schwierigeren Teil aus - Gene herausgeschnitten werden.38
4.1.1.2.1. Hyperakute Abstoßung
Nach der Transplantation eines Schweineorgans kommt es zuallererst zu einer hy-perakuten, einer schnellen und heftigen, Abwehrreaktion. Diese ist auf ein, überall im Schweineblut vorkommendes, Zuckermolekül zurückzuführen, die Alpha 1-3 Galaktose. Zunächst verbinden sich menschliche Antikörperchen mit der Galaktose, wodurch ihre Tertiärstruktur verändert wird. Die veränderte Form der Antikörperchen lockt wiederum eine Substanz an, welche als das ,,Komplement\" bezeichnet wird. Die neue Verbindung ist dann im Stande ein starkes Gift zu erzeugen, welches die Blutgefäße nach und nach auflöst. Die Gefäße werden undicht, und locken Thrombozyten und verschiedene Gerinnungsfaktoren an, welche die Adern nach und nach verstopfen, die Sauerstoffzufuhr dabei drosseln, und das Organ er-sticken lassen. Wissenschaftler haben es geschafft das Gen für die Produktion der Alpha 1-3 Galaktose zu entfernen, haben jedoch erkannt, dass aufgrund des dadurch entstandenen Mangels, ein anderes Zuckermolekül produziert wird. Also haben sie ein Gen eingefügt, das H Transferase kodiert, welches die Produktion der Zuckermoleküle verhindern kann, und die Zellen zu 95% den menschlicher aussehen lassen. Da aber die meisten Wissenschaftler davon überzeugt sind, dass noch andere Immunmechanismen überwunden werden müssen, setzen sie auf die Möglichkeit der Einschleusung des Gens DAF. Dieses stattet Zellen mit der Fähigkeit aus, ,,Komplemente\" zu blockieren, und kann somit die, auf die Immunantwort zurückzuführende, Abstoßung des Organs verhindern. Das große Problem bei diesem Lösungsansatz ist jedoch, die Eigenschaft von DAF, die Infektionsanfälligkeit zu erhöhen.39
4.1.1.2.2. Verzögerte Abstoßung
Die zweite Art der Abstoßung verhindern die Wissenschaftler mit Hilfe der Einschleusung von 2 weiteren Genen. Das erste Gen ist für die Blutverdünnung verantwortlich, und das zweite ist für die Behinderung bestimmter hormoneller Sig- nale verantwortlich, wodurch die Thrombozyten und die weißen Blutkörperchen von gewöhnlichen Verletzungen mehr angezogen werden, als von dem Organ. Mit diesen Genen würden, die als Organspender gedachten Schweine, jedoch nicht lange genug überleben. Folglich kamen die Wissenschaftler auf die Idee, molekulare ,,Schalter\" einzubauen, welche die beiden Gene erst nach der Verpflanzung aktivieren würden. Ein Ansatz hierfür ist die Körpertemperaturdifferenz zwischen Schwein und Mensch.40
4.1.1.2.3. Chronische Abstoßung
Schließlich ist da noch das Problem der chronischen Abstoßung. Hierfür verantwortlich sind die T-Lymphozyten. Um die durch diese Zellen hervorgerufenen un-gewollten Immunantworten zu verhindern, muss der Patient sein ganzes Leben lang, Immunsystem-schwächende Mittel nehmen, welche jedoch den Nebeneffekt haben, wichtige andere Immunantworten zu hemmen. Das Problem glauben Wissenschaftler umgehen zu können, indem sie während der Transplantation Schweinezellen ins Knochenmark spritzen. Die große Schwierigkeit, die aber hierbei entsteht, ist die Tatsache, dass solche Zellen als Virenüberträger fungieren können.41
4.1.1.3. Forschung
Was die medizinische Forschung betrifft, so stellt das Klonen genetisch veränderter Säugetiere, ein erstklassiges Werkzeug zur Untersuchung genetischer Krankheiten. Beispielsweise konnte mit der neuen Methode einem Schaf ein Gen einge-fügt werden, welches, wenn defekt vorliegend, das genetische Leiden Osteogene-sis Imperfekta hervorruft. Anhand diesem und mit Hilfe anderer ähnlicher Experi-mente ist es möglich derartige Krankheiten an großen Säugetieren zu untersuchen, wodurch die Forschung auf diesem Gebiet deutlich beschleunigt werden kann.42
4.1.2. Nutzen in der Landwirtschaft
In der Nahrungsmittelindustrie eröffnen sich durch das Klonen von Säugetieren ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten. Die Klonung landwirtschaftlich zuverlässiger Tiere war ein wichtiger Schritt auf diesem Gebiet.
Im September 2000 wurde ein bekannter Bulle, welcher sich hauptsächlich durch seine Gesundheit auszeichnete, kurz bevor er verstarb geklont. Das Sperma seines Vorgängers, Starbuck, wurde an 70 Länder verkauft. Nun erhofft sich die Nahrungsmittelindustrie ähnliche Produktivität von Starbuck 2.43 Ein weiterer Bulle wurde im Dezember selben Jahres geklont. Das Genmaterial hierfür war 15 Jahre lang eingefroren und stammte von einem Bullen Namens ,,Bull 86\", welcher natürliche Resistenzen gegen Brucellose, Tuberkulose und Salmonellenbefall zeigte. Sein jetziger Klon ,,Bull 86 Squared\" weist die gleichen Resistenzen auf, und ist somit von großer Bedeutung für die Landwirtschaft, da Produkte die von Tieren seines Typs kommen, keine der erwähnten Krankheiten auf Menschen übertragen.44
Ein weiterer Nutzen ist mit Sicherheit die Bekämpfung von Krankheiten wie BSE in Rind, indem das sogenannte, dafür verantwortliche, prp-Gen entfernt wer-en würde.45
Schließlich kommt noch der Profit hinzu, der sich ergibt, wenn tierische Pro-dukte, den Geschmack und die Allergieanfälligkeit betreffend, modifiziert werden. Kühe produzieren Milch die gut für Kälber ist, dagegen nicht für menschliche Babies. Wenn man aber durch gezielte genetische Veränderung der Kuh DNA, einen Kuhklon erzeugt, der Anstelle eines oder mehrerer bestimmter Kuhproteine, menschliche Proteine herstellt, dann würden sich auch Babies oder Allergiker pro-blemlos davon ernähren können.46
4.1.3. Nutzen in der Industrie
Die einzige zur Zeit denkbare Anwendung, die sich für die Industrie ergibt, ist die Produktion von industriell nutzbaren Substanzen in der Milch von Tieren. Auf die Art und Weise eröffnet sich die Möglichkeit bestimmte Materialien günstig und zugleich in großen Mengen herzustellen. Die Firma Nexia Biotechnologies hat sich diese Idee zu Nutzen gezogen.
Das Spinnen-Gen, welches für die Produk-tion von Spinnen-Seide verantwortlich ist, wurde Ziegen so eingeschleust, dass sie die Substanz in ihrer Milch produzieren können. Der Vorteil der sich hierbei bezüglich der Massenproduktion er-gibt, ist offensichtlich, da Spinnen sich nicht so leicht züchten lassen wie Ziegen, und auch indivi-duell weniger produzieren. Frühere Versuche Spinnen-Seide herzustellen sind gescheitert, da es
Abb.5: \"BioSteel-Ziegen\" sich als sehr schwer herausstellte sehr lange Pro-
teine, wie sie in dem Fall vorliegen, zu produzieren. Das Material, das dann aus der Seide fabriziert wird, wird ,,BioSteel\" genannt. BioSteel hat eine größere Zugfestigkeit als Stahl, und ist 25% leichter als synthetische, auf Petroleum basierende Polymere.Das heißt, es findet seine Anwendung auf Gebieten wo Stärke und Leichtigkeit gefragt sind. Hauptsächlich können BioSteel Fasern in 2 Bereichen verwendet werden. Zum einen in fortgeschrittenen industriellen Anwendungen, wie der Raumfahrt oder der Herstellung kugelsicherer Westen, und in der Fabrikation medizinischer Bauelemente, wie der Konstruktion von Wunden-Verschließungs-Mechanismen oder der Gewebe Manipulation.47
4.1.4. Klonen von Haustieren
Eine weitere Anwendung des Klonens wird wohl in nächster Zukunft die Klonung von Haustieren sein. Katzen oder Hunde hat man zwar bisher noch nicht geklont, Wissenschaftler sind jedoch zuversichtlich, dass dies schon in Kürze möglich sein wird. Im Februar 2000 wurde das ,,Missyplicity Project\" gestartet. Der anonyme Besitzer eines Hundes Namens Missy hatte das Projekt, mit einem finanziellen Aufwand von 2,3 Millionen U.S.Dollar, aus Liebe zu seinem Haustier, ins Leben gerufen. Direkt nachdem dies geschehen war, bekamen die Wissenschaftler, die an dem Projekt beteiligt sind viele weitere Anfragen, und beschlossen deswegen kommerziell zu werden. Preislich könnte es aber, bezogen auf ein Haustier, wenn der Vorgang erst mal zur Routine wird, mit dem Kauf eines Neuwagens vergleichbar sein. Im Augenblick bieten die Firmen, die auf diesem Gebiet tätig sind, lediglich die Möglichkeit, bis man technisch weit genug entwickelt ist, das Gewebe des Tieres für 1000$ - 2500$ eingefroren zu lagern.48
4.2. Klonen von Menschen
Der nächste Schritt auf dem Gebiet des Klonens ist die Klonung von Menschen. Obwohl in den meisten industrialisierten Ländern ein Verbot herrscht Menschen zu klonen, gibt es durchaus auch Vorteile, die sich aus dem Klonen von Menschen oder menschlicher Embryos ergeben.
4.2.1. Homosexuelle Väter
Rein theoretisch betrachtet ist das Prinzip, wie 2 männliche Säugetiere mit Hilfe des Klonens ein gemeinsames Kind bekommen können, einfach. Man entkernt zu-nächst eine weibliche Eizelle, und fügt stattdessen den Kern einer männlichen Zelle ein. Danach befruchtet man die Eizelle mit männlichem Sperma und erhält eine Zygote mit 2 männlichen Chromosomensätzen. Für den Fall dass die Zygote auf diese Weise keine 2 Y-Chromosomen enthält, ist nun die Entwicklung zu einem Lebewesen, in einer Leihmutter, theoretisch möglich.
Es besteht jedoch ein grundlegendes Problem. Man hat schon vor einiger Zeit erkannt, dass während der Embryonalentwicklung im weiblichen Chromosomensatz zu anderen Zeitpunkten andere Gene aktiv sind, als beim männlichen. In langen Studien hat man herausgefunden, wie der komplizierte Mechanismus funktioniert, hat aber auch festgestellt wie wichtig die zeitlich und räumlich präzise Aktivierung, sowie die Deaktivierung der Gene, für eine korrekte Entwicklung ist. Das haargenaue An- und Ausschalten der Gene ist jedoch technisch noch sehr schwierig, weswegen die Erfolgreiche Durchführung eines solchen Vorhabens noch vermutlich ein paar Jahre in der Zukunft liegt.49
4.2.2. Unfruchtbarkeit
Noch wichtiger heutzutage ist das Problem der Unfruchtbarkeit. Bisherige Methoden, Zeugungsunfähigkeit zu heilen, hatten eine Erfolgsquote von weniger als 10 Prozent. Paare die trotzdem ein Kind wollen, müssen viel physischen und psychischen Schmerz ertragen, und viel Geld zahlen, nur um eine geringe Chance auf Nachwuchs zu haben.50 Mit Hilfe des Klonens könnte man dagegen auf bequemere Art und Weise Kinder erzeugen, indem man aus dem Zellkern eines der Elternteile einen Klon erschafft.
4.2.3. Therapeutisches Klonen
Therapeutisches Klonen ist der Vorgang bei dem sogenannte embryonale Stammzellen (kurz: ES-Zellen), Zellen aus Embryos, die sich in der frühen Entstehungsphase befinden, geklonten Embryos entnommen werden, um zur Heilung von Krankheiten wie Leukämie, Herzleiden, Alzheimer oder Parkinson eingesetzt zu werden.
ES-Zellen sind vollkommen undifferenzierte Zellen, und haben somit die Fähigkeit sich in jede beliebige Art von Gewebe zu entwickeln, beispielsweise Nerven- oder Blutzellen. 1998 haben Wissenschaftler gelernt, wie man ES-Zellen isoliert und vermehrt. Seitdem erhofft man sich, bald die Entwicklung von ES-Zel-len steuern zu können, und diese dann in Patienten mit degenerativen Krankheiten, wie Herzleiden, einzupflanzen. Ferner glaubt man, soll es in einigen Jahren möglich sein, aus ES-Zellen ganze Organe produzieren zu können zu können.
Klonen von Embryos aus erwachsenen Zellen der Patienten, ist hierbei insofern notwendig, als dass durch die genetische Identität das produzierte Gewebe vom Empfänger auf keinen Fall abgestoßen wird. Beispielsweise würden Leukä-
mie Patienten nicht auf einen passenden Knochenmarkspender angewiesen sein, sondern würden passendes Knochenmark aus den Stammzellen ihres eigenen Klones bekommen. Wissenschaftler behaupten, es bestünde die Möglichkeit aus sogenannten erwachsenen Stammzellen Gewebe zu produzieren, jedoch ist es nach heutigem Wissenstand unklar, ob diese Art von Stammzellen die gleiche Flexibilität besitzt wie ES-Zellen.
Ethische Gruppen behaupten jedoch, dass Embryos, unabhängig davon wie früh sie sich in ihrer Entwicklung befinden, Leben darstellen und somit weder zu wissenschaftlichen noch zu medizinischen Zwecken ,,missbraucht\" werden dürfen. Aus diesem Grund ist in einigen Ländern immer noch das Verbot, an Embryos zu forschen, auferlegt, und therapeutisches Klonen kann dort nicht weiter entwickelt werden. Tatsache ist aber, dass selbst bei Vermeidung der Nutzung von ES-Zellen zum therapeutischen Klonen, Embryos als Forschungsobjekte benötigt werden, da man noch wenig über erwachsene Stammzellen, oder die Rückprogrammierung sonstiger erwachsener Zellen weiß, und deswegen mit Hilfe von Embryos mehr über die Kontrolle von jungen Zellen lernen muss.
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