Zur Zeit der Entdeckung der Radioaktivität herrschte in der Physik die verbreitete Meinung, das Atom sei der kleinste, unzerteilbare Grundbaustein aller Materie.
Dann erkannte man Alpha- und Betateilchen als diskrete Materie-Einheiten. Und man erkannte die Radioaktivität als einen Vorgang, bei dem Atome durch Aussendung diverser Bestandteile umgewandelt werden, wobei neue Atome mit gänzlich anderen chemischen Eigenschaften entstehen.
Dies brachte die Erkenntnis mit sich, daß Atome ihrerseits eine Substruktur haben müssen und nicht die kleinsten Fundamentalbausteine der Natur sind.
1911 zeigte Rutherford mit seinem Streuversuch, daß Atome einerseits aus einem kleinen Kern bestehen, der die gesamte positive Ladung und fast die gesamte Masse enthält.
Der größte Teil des Raumes, den ein Atom einnimmt, ist dagegen fast leer: Hier verteilen sich die negativ geladenen Elektronen (Hülle). Dies folgt aus dem Rutherfordschen Streuversuch, bei dem Alphateilchen an einer dünnen Metallfolie gestreut wurden und die Streuintensität in Abhängigkeit vom Winkel gemessen wurde.
Der Kern ist aus Protonen und Neutronen aufgebaut. Im elektrisch neutralen Atom ist die Anzahl der Protonen gleich der Anzahl der Elektronen in der Hülle; Neutronen sind elektrisch neutral und haben beinahe dieselbe Masse wie Protonen.
Ein Alphateilchen, ein doppelt positiv geladenes Heliumion, besteht aus zwei Neutronen und zwei Protonen und kann demzufolge nur aus dem Kern eines Atoms ausgesandt werden. Nachdem ein Kern ein Alphateilchen freigesetzt hat, hat er sich in einen neuen Kern umgewandelt, der nun um vier atomare Masseneinheiten leichter geworden ist als der Ausgangskern (die Massen des Neutrons und des Protons betragen je etwa eine atomare Masseneinheit).
Ein Atom des Uranisotops mit Massenzahl 238 geht durch Ausstoß eines Alphateilchens in ein Atom eines anderen Elements mit Massenzahl 234 über (die Massenzahl eines Kernes ist die Summe der enthaltenen Neutronen und Protonen; sie ist in guter Näherung, aber nicht ganz genau, gleich der in atomaren Masseneinheiten ausgedrückten Kernmasse).
Jedes der zwei Protonen, die im Alphateilchen enthalten sind, trägt eine positive Ladungseinheit.
Die Anzahl der positiven Ladungen im Kern ist gleich der Anzahl der Elektronen des elektrisch neutralen Atoms und gibt an, um welches chemische Element es sich handelt, bestimmt also die chemischen Eigenschaften des Atoms. Weil die Ladung des Uran-238-Kernes infolge des Alpha-Ausstoßes um zwei Einheiten abnehmen muß, geht die Elementnummer des Ursprungsatoms (im Falle des Urans hat sie den Wert 92) um zwei zurück.
Das neue Atom trägt die Nummer 90 im Periodensystem und ist demnach ein Isotop des Elements Thorium. Siehe chemische Elemente; Kernphysik.
Thorium 234 strahlt Betateilchen, also Elektronen, aus. Bei der Betastrahlung wandelt sich ein Neutron im Kern in ein Proton um, folglich nimmt die Kernladung um eine Einheit zu, d. h., auch die Elementnummer im Periodensystem steigt um den Wert eins. Die Masse des Betateilchens ist zu vernachlässigen, das neue Element, das beim Betazerfall von Thorium 234 entsteht, behält also die Massenzahl 234, die Kernladung beträgt jetzt allerdings 91 Einheiten, es handelt sich also um ein Isotop des Elements Protactinium.
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