1894 bestieg Nikolaus II.[1] den russischen Thron. Er führte die autokratische Herrschaftsweise seiner Vorgänger fort und lehnte Zugeständnisse an Demokraten und Liberalen zunächst strikt ab. Nikolaus hatte kaum Führungsqualitäten, vertraute in hohem Maße dem Rat seiner Gattin und ließ sich von deren Wunderglauben[2] beeinflussen. Nach außen verfolgte Nikolaus die
traditionelle zaristische Expansionspolitik, die 1904 zu dem für Russland katastrophalen Russisch-Japanischen Krieg[3] führte. Der Krieg wiederum war auslösendes Moment für die Russische Revolution von 1905. Der Zar sah sich nun doch zu Zugeständnissen gezwungen. Mit seinem Oktobermanifest von 1905 gewährte er das allgemeine Wahlrecht und die Einrichtung einer gesetzgebenden Nationalversammlung, der Duma[4]. Zwei Jahre später allerdings löste er die Duma wieder auf und sorgte mit einem neuen Wahlrecht für eine konservative Mehrheit in der Nationalversammlung. Als Befürworter internationaler Zusammenarbeit setzte sich Nikolaus für die Einberufung der Haager Friedenskonferenz[5] ein. Trotz seiner guten persönlichen Beziehungen zu seinem Cousin Kaiser Wilhelm II.[6] standen sich Russland und das Deutsche Reich bei Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 als Feinde gegenüber.
Für Russlands Niederlagen und das durch den Krieg verursachte Leid machte die Bevölkerung Nikolaus verantwortlich, besonders nachdem er 1915 gegen den Rat seiner Minister persönlich den Oberbefehl über Armee übernommen hatte. Nikolaus ignorierte die zunehmenden Spannungen und die wachsende Revolutionsbereitschaft im Inneren und hielt weiter an unfähigen und unverantwortlichen Ministern fest. Im März 1917 war die Opposition gegen das zaristische Regime und den Krieg in eine Revolution umgeschlagen, und Nikolaus sah sich zur Abdankung gezwungen. Er wurde von den Bolschewiki[7] verhaftet,
nach Sibirien verbannt und zusammen mit seiner Familie[8] in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 in Jekaterinburg ermordet.
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