Der Begriff \"Klassik\" leitet sich vom lateinischen Begriff \"classicus\" her, was
ursprünglich eine soziale Kategorie anzeigte: Die \"classici\" waren nach der
römischen Centuriatsverfassung (nach dem altrömischen König Servius Tullius auch
\"servianische Verfassung\" genannt) die Angehörigen der höchsten römischen
Steuerklasse. Doch schon Cicero und vor allem der römische Schriftsteller
Aurelius Gellius nahmen eine Begriffserweiterung vor: \"scriptores classici\" waren
nun herausragende Autoren und \"klassisch\" wurde mit \"vorbildlich\" und
\"mustergültig\" gleichgesetzt. In bezug auf die Literatur war es dabei
gleichgültig, um welche Epoche es sich handelte: Die gesamte griechisch-römische
Antike (mit ihren Höhepunkten unter Perikles und Augustus) war damit ebenso
gemeint wie die Renaissance in Italien (Dante, Tasso), das 16. und 17.
Jahrhundert in Spanien (Cervantes, Calderon) und das Elisabethanische Zeitalter
in England (Shakespeare). In der französischen Literatur wurde Thomas Sebillet
mit seiner \"Art poetique\" (1548) als erster mit dem Attribut \"classique\"
versehen. Daher kann die Blütezeit jeder europäischen Literatur mit dem Begriff
der \"klassischen\" Epoche gleichgesetzt werden.
Im deutschen Sprachraum gibt es zwei solche \"klassischen Epochen\". Die eine ist
um 1200 anzusetzen, man spricht in Anlehnung an das herrschende (und damit die
Kultur bestimmende) Königsgeschlecht von der \"Staufischen Klassik\". Eine zweite
Blütezeit gab es um 1800. Sie ist vor allem mit den Namen Goethes und Schillers
verbunden. Hierbei spielt noch eine weitere Begriffsveränderung eine Rolle: Als
\"klassisch\" wird nun auch die Literatur bezeichnet, die sich in Form und Inhalt
auf die Antike Griechenlands und Roms bezieht.
Die politische Situation
Die Zeit um 1800 ist geprägt von politischer Unruhe, Unsicherheit und großen
Umwälzungen. Die Krise des \"Ancien Regime\" in Frankreich hatte auch auf das
deutsche Reich Einfluß: Man hatte rechts des Rheins nicht nur von der
Französischen Revolution gehört, sondern auch ihre Auswirkungen gespürt. Die
Herrschaft der Jakobiner in Mainz ist ein Beispiel dafür.
In der Welt der deutschen Denker gingen vor allem nach der Ermordung Ludwig XIV.
die Urteile über die Vorgänge in Frankreich auseinander; Schiller, Goethe und
Kant wandten sich nach den Septembermorden enttäuscht und entsetzt von der
Revolution ab, während Herder weiterhin an deren Idealen festhielt. Dadurch litt
seine Freundschaft zu Goethe.
Dagegen zog es Georg Foster, Joseph Görres, Johann Heinrich Campe und Wilhelm von
Humboldt nach Paris, da sie die revolutionären Vorgänge zu faszinieren und zu
bedeutend fanden, um ihnen von fernem zuzusehen. Forster hielt sich 1793 als
Abgeordneter der Mainzer Republikaner bei den Abschlußverhandlungen in Paris auf.
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